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Die Grippe bleibt nicht beim Vogel

Christiane Wolters22. Januar 2005

Was haben Hühner und Menschen gemeinsam? Beide können Grippe bekommen. Forscher befürchten, dass sich die Vogel- und Menschen-Viren vermischen. Dann könnte eine Epidemie drohen – neue Impfstoffe seien dringend nötig.

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Geflügel-Viren attackieren Menschen - Forscher fürchten eine EpidemieBild: AP

Die Vorfreude auf das Tet-Fest, das Neujahrsfest in Vietnam, ist getrübt. Denn im Land grassiert die Vogelgrippe - und es häufen sich Fälle, in denen sich Menschen mit dem gefährlichen Geflügel-Virus angesteckt haben. Während in Vietnam kranke Hühner getötet und Geflügeltransporte streng kontrolliert werden, verfolgen Gesundheitsexperten auf der ganzen Welt den erneuten Ausbruch der Vogelgrippe mit Sorge.

Vogelgrippe hat sich festgesetzt

Vogelgrippe
In Vietnam werden kranke Hühner getötet.Bild: AP

"Wir hatten in Vietnam ja schon Vogelgrippe-Ausbrüche im Dezember 2004. Die Krankheit wurde nie wirklich ausgerottet, denn es ist sehr schwierig, sie loszuwerden", erklärt Maria Cheng von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. Der Virus habe sich in der Region festgesetzt. Und im Winter sei er sowieso aktiver. Deswegen würden immer mehr Menschen erkranken: "Wir sind auf jeden Fall sehr besorgt über die Situation."

Geflügel-Virus trifft Human-Erreger

Mehr als 30 Menschen sind in Vietnam und Thailand im Jahr 2004 an der Vogelgrippe gestorben, im Dezember waren es allein in Vietnam sechs Menschen. Seit Jahresbeginn sind in einer neuen Serie von Todesfällen neun Menschen gestorben. Dieses gehäufte Vorkommen der Vogelgrippe in Asien ist zwar an sich schon besorgniserregend, doch Wissenschaftler fürchten noch andere Schreckensszenarien.

Grippevirus H5N1 soll für Vogelgrippe verantwortlich sein
Mikroskopaufnahme des Grippevirus H5N1, das für die Vogelgrippe verantwortlich sein sollBild: DPA

"Das Problem ist, dass sich die Vogelgrippe möglicherweise irgendwie mit dem menschlichen Influenza-Virus kreuzt", sagt Maria Cheng. "Wenn sich zum Beispiel jemand mit beiden Viren infiziert, könnten sich Vogelgrippe und Influenza treffen und Gen-Segmente austauschen, so dass ein neuer Grippe-Virus entsteht." Und der könne eine Epidemie auslösen. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sich der sehr wandlungsfähige Vogelgrippen-Virus so anpasst, dass er leichter auf den Menschen übertragen werden kann.

Epidemie ist sehr wahrscheinlich

Experten befürchten also, dass es über kurz oder lang zu einer neuen größeren Grippe-Epidemie - einer so genannten Grippe-Pandemie - kommen wird. "Die Frage ist nicht, ob so etwas eintritt, sondern wann", sagt Sabine Reiter vom Berliner Robert-Koch-Institut. "Und wir wissen das ja aus dem letzten Jahrhundert, da gab es drei größere Pandemien: 1918/19, 1957 und 1968. Die Abstände sind jetzt schon sehr groß zur letzten Pandemie. Alle gehen davon aus, dass so ein Ereignis jetzt wieder eintreten könnte."

Symbolbild: Spritze Impfung
Alle Länder sollen damit beginnen, Impfstoffe gegen Vogelgrippe zu entwickeln, fordert die WHO

Seit Jahren warnen Mediziner vor den Folgen einer weltweiten Grippe-Pandemie. Von den Regierungen fordern sie, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Denn: Auch wenn man die Pandemie nicht verhindern könne, so könne man doch Vorkehrungen treffen, erklärt Maria Cheng. "Wir haben den Ländern geraten, Pandemie-Pläne auszuarbeiten mit den Maßnahmen, die man treffen muss, wenn es so weit ist."

Impfstoff schon jetzt entwickeln

Hersteller müssten schon jetzt an Impfstoffen arbeiten, sagt die WHO-Expertin: "Man kann einen großen Teil der Forschung bereits vorher erledigen und so etwas wie ein Impfstoff-Muster entwickeln. Wenn dann die Pandemie tatsächlich auftritt, kann man das Muster dem neuen Virenstamm anpassen." Im besten Fall sei es möglich, einige Monate nach dem Beginn einer Pandemie den Impfstoff parat zu haben.

Einige Länder - so auch Deutschland - haben nationale Notfallpläne für eine Grippe-Pandemie entwickelt. Die Bedrohung werde mittlerweile ernster genommen, sagt Maria Cheng. Insgesamt müsse jedoch noch mehr in Vorsorge und Forschung investiert werden.