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Die große Gelassenheit

Anne Herrberg17. Mai 2004

Kamele im Allgäu? Christine Sieber und ihr Freund Dieter Graf finden das ganz normal. Sie leben mit gut 20 Trampeltieren und Dromedaren auf einer Farm und verdienen mit den Tieren ihr Geld. Kameltouren sind der Renner.

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Interkulturelles Tiertreffen im Allgäu

Aufstieg per Räuberleiter. Noch hat die 26-jährige Christine Sieber keine Beschwerden mit ihren Gelenken. Obwohl sie jeden Monat mehr Kamelfans, Hochzeitspaare und Kinder in den Sattel heben muss. Neulich sogar einen 98 Jahre alten Herrn, der unbedingt noch mal auf dem Kamelrücken an König Ludwigs Märchenschlössern vorbeischwanken wollte.

Kinder reiten ein Kamel
Ganz schön hoch: Kamelreiten

Bei Regen in die Halle

"Es hat fast etwas Meditatives, wenn man auf dem Kamel reitet, weil die immer eine Wahnsinnsruhe haben und über den Dingen stehen. Das überträgt sich auf die Leute," sagt Christine Sieber.

Kamele in Deutschland im Schnee
Schnee macht den Kamelen nichts ausBild: Peter Schaeffer

Plötzlich setzt Sturzregen ein. Das Wetter im Allgäu ist eben doch anders als in der Sahara. Die Tour fällt für heute ins Wasser. Denn auch wenn die Kamele problemlos Schnee und Eis aushalten - Regen geht nicht. Da saugt sich das dicke Fell voll, die Tiere rutschen mit ihren weichen Füßen, laufen auf der nassen Erde wie auf Eiern, sagt Christine. Sie treibt die Tiere in die große Halle, damit sie sich wenigstens dort ein bisschen die Beine vertreten können.

Kamelrennen in den Emiraten

Statt Ausreiten gibt es jetzt Cappuccino im Wohnzimmer. Christine Sieber zeigt einen kleinen, gold verzierten Kamelsattel aus den Emiraten. Auf so einem sei sie sogar schon mal bei einem Rennen in Dubai mitgeritten. "Für die Einheimischen in den Emiraten war es etwas ungewöhnlich, dass Europäer auf Kamelen reiten - zudem noch Frauen," erzählt Christine Sieber. Dort sei den Frauen bei den Rennen nicht mal das Zuschauen gestattet gewesen. Sie war nicht nur eine große Ausnahme auf dem Rennen, sie hatte auch noch ein schnelles Kamel und wurde Siegerin.

Manchmal bekommt Christine Sieber ein bisschen Fernweh. Oder träumt davon, dass es auch im Allgäu große Kamelrennen gibt. Hier, wo sie geboren wurde und mal eine Ausbildung zur Steuerberaterin gemacht hat, bis sie Dieter und seine Kamele getroffen hat. Seitdem hilft sie Kamelbabys auf die Welt, flicht Kamelhaar zu Decken und hat ein kleines Kamelmuseum eingerichtet. Trotz der vielen Arbeit: Kamele sind eine Bereicherung, sagt Christine Sieber: "Weil es sehr intelligente Tiere sind und auch solche Individualisten, die einem trotzdem so folgen, obwohl sie eine wahnsinnige Kraft haben.“

Kamelritt
Kameltour im Allgäu

Christine blickt durchs Fenster, auf eine verregnete, grüne Landschaft. Es gurrt und zurrt im Wohnzimmer: zwischen rustikaler Einrichtung und orientalischem Kamelschmuck sitzen noch andere Haustiere. Ali, das Chamäleon, Echsen, Kröten, Spinnen und zwei bunte Papageien. Und auch Christine Sieber ist so etwas wie ein Paradiesvogel hier im Allgäu.