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Gespräch zwischen Obama und Netanjahu

20. Mai 2009

Nach dem Antrittsbesuch von Benjamin Netanjahu im Weißen Haus analysiert der Nahost-Experte Martin Beck im DW-Interview das Gespräch zwischen US-Präsident Obama und dem israelischen Ministerpräsidenten.

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DW-WORLD.DE: Wie sieht denn das Arrangement, das Netanjahu im Gespräch mit Obama vorgeschlagen hat genau aus?

Foto: GIGA
Martin Beck vom GIGA-Institut für Nahost-Studien in HamburgBild: GIGA Hamburg

Die Formel, die er wählt ist die, dass die Palästinenser sich selbst regieren sollen. Allerdings hat er tunlichst vermieden, den Terminus Staat in den Mund zu nehmen. Ich nehme an, dass wird er sich vielleicht in Zukunft noch abhandeln lassen. Aber vorläufig belässt er es bei seiner alten Position. Dass zunächst einmal Verhandlungen stattfinden müssen, unter der Maßgabe, dass die palästinensische Seite Israel nicht nur als Staat, sondern als jüdischen Staat anerkennt.

Die Idee der Zwei-Staaten-Lösung, wie wird die denn eigentlich von der israelischen Bevölkerung beurteilt?

Es gibt eine knappe Mehrheit für eine Zwei-Staaten-Lösung. Aber das eigentliche Problem sehe ich weniger darin, sich darauf zu einigen, dass das tatsächlich ein Staat wird. Ich glaube auch das wird Netanjahu früher oder später anerkennen. Die Frage ist eben, wie dieser Staat aussehen soll, mit welchen Rechten er ausgestattet wird und welche Territorien er genau umfassen soll. Da liegt der Knackpunkt. Und hier sind auch die strittigen Punkte innerhalb der israelischen Gesellschaft beispielsweise was die Herrschaft über Ost-Jerusalem angeht.

Wie groß ist denn der Druck auf Netanjahu eine Lösung zu finden?

Er ist sicherlich relativ hoch, zumindest sich jetzt mal auf eine Verhandlung einzulassen. Das ist ja im Grunde das, was man von ihm erwartet und was ihn unterscheidet von der Vorgängerregierung. Die hat auch keine Lösung hervorbringen können, aber war zumindest bereit zu verhandeln. Wir sind eigentlich jetzt einen Schritt zurück. Es geht gar nicht mehr darum, Lösungen zu finden, sondern darum, die Bereitschaft zu signalisieren, dass man wirklich zu Verhandlungen bereit ist.

Im Vorfeld des Treffens in Washington, war die Rede davon dass Obama Netanjahu eine Standpauke halten wollte. Israel solle sich in der Frage eines eigenständigen Palästinenserstaates bewegen und auch die Siedlungspolitik im Westjordanland stoppen. Ist denn die Botschaft von Obama bei Netanjahu angekommen?

Also im Grunde haben die beiden Herren in der Weise aneinander vorbei geredet, wie sie das schon vorher angekündigt haben. Netanjahu hatte im Vorfeld gesagt, er wolle vor allem über den Iran sprechen und die Bedrohung, die vom Iran für Israel ausgeht. Und Obama hat klar gemacht, er wolle vor allem über die Siedlungspolitik sprechen. Das hat sich auch so bewahrheitet. In der Tat hat Obama eine sehr alte Forderung der USA, nämlich einen Siedlungsstopp in den besetzten Gebieten, gefordert. Das haben auch schon andere US-Präsidenten vor ihm versucht und sind damit gescheitert. Pikanterweise hat Netanjahu, beziehungsweise die Regierung Israels, genau pünktlich zum Besuch in den USA begonnen eine neue Siedlung zu bauen.

Obama will in den kommenden sieben Monaten entscheidende Fortschritte beim iranischen Atomprogramm sehen. Wenn Ahmadineschad bleibt und die Zustände, die Sie gerade beschrieben haben, sich nicht ändern, was dann?

Ich glaube, dass es sehr schwierig sein wird. Ich glaube nicht, das Ahmadinedschad oder ein Nachfolger davon zu überzeugen sein wird, das Atomprogramm 2009 einfach aufzugeben, das im Übrigen schon unter dem Schah-Regime aufgelegt worden ist. Wenn der Maßstab ist, dass man sich sozusagen im kritischen Dialog annähert, dann sieht es allerdings schon wieder anders aus.

Fassen wir noch mal das Gespräch in Washington zusammen. Die italienische Zeitung "La Repubblica" schreibt ganz einfach "Netanjahu stoppt Obama". Stimmen Sie dem zu?

Ich glaube nicht, dass er ihn stoppen kann. Das wäre dann doch eine Überschätzung israelischer Macht. Aber man darf eben diese Macht auch nicht unterschätzen. Obama hat sicherlich noch lange nicht aufgeben wirklich einen Friedensprozess voranzutreiben. Aber die Realität zeigt, dass das auch einem US-Präsidenten, auch wenn er Obama heißt, nicht so leicht fällt, wie man sich das ursprünglich vielleicht vorgestellt hat.

Martin Beck ist Nahost-Experte beim GIGA-Institut für Nahost-Studien in Hamburg.

Das Gespräch führte Silke Wünsch

Redaktion: Stephanie Gebert/ Diana Hodali