Filmkünstler Omer Fast macht das Rennen
23. September 2009Er sei "ein großer Geschichtenerzähler unserer Zeit", heißt es in der Begründung der Jury. Und in der Tat fußt die Video-Trilogie "Nostalgia" von Omer Fast auf realen Geschichten, die er filmisch neu arrangiert hat. Dabei verstehe er Bilder als Fläche, die durch Stimme und Ton eine Bedeutung bekommen und in diesem Zusammenspiel magisch werden. "Die Idee für diese Trilogie ist aus einer Reihe von Begegnungen entstanden, die ich in London gemacht habe", erzählt der Künstler am Tag nach der Preisverleihung - die er nur knapp kommentiert: "Ich mag solche Anlässe nicht, bei denen ich wie ein Stück Schinken präsentiert werde". Aber die ganze Veranstaltung sei angenehmer gewesen als befürchtet.
Der Preis der Nationalgalerie für junge Kunst ist eine der höchst dotierten Auszeichnungen für Gegenwartskunst in Deutschland. Vier Künstler wurden im Oktober 2008 für diesen Preis nominiert: die Filmkünstler Keren Cytter und Omer Fast aus Israel, die deutsche Fotografin Annette Kelm und der in Vietnam geborene Objektkünstler Danh Vo. Die Kriterien sind, in Deutschland zu wohnen und zu arbeiten, und nicht älter als 40 zu sein. Seit dem 11. September waren sie im Hamburger Bahnhof in Berlin gegeneinander angetreten – mit jeweils neuen Werken in einer gemeinsamen Ausstellung.
Dies sollte zum großen Vergleich anregen: Welches Werk, welches Konzept, welche Ästhetik überzeugt am meisten? Alle Medien waren zugelassen: von Fotografie über Video und Film bis hin zur Installation. Entscheidend waren allein die Wirkung und die Qualität des jeweiligen Auftritts. Überzeugt hat der älteste der vier Nominierten: Omer Fast, geboren 1972 in Jerusalem.
Im Video "Nostalgia" geht es um einen Flüchtling aus Westafrika, der in London um Asyl bittet. "Nostalgia I" zeigt einen britischen Wildhüter beim Bau einer einfachen Tierfalle. Genau diese Handlung beschreibt der Flüchtling in einem Original-Interview, von dem die Tonspur erhalten geblieben ist. Im zweiten Film sieht man ein virtuoses Interview, erneut zur Geschichte des Flüchtlings, das jedoch vom Künstler filmisch neu inszeniert wurde.
In "Nostalgia III" finden sich Elemente der gleichen Flüchtlingsgeschichte, allerdings übertragen in alptraumhaft angelegten Szenen. "Nostalgia" entstand vor allem in London, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Vereinen, die dort mit Migranten arbeiten. Das Projekt habe sich komplizierter und problematischer entwickelt als gedacht und diese Dynamik habe sich zum Beispiel in das inszenierte Interview eingeschrieben, erklärt Fast.
Mitte Oktober wird der Preisträger mit seiner Freundin für ein paar Monate von Berlin nach New York gehen. Das Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro wird traditionsgemäß geteilt: in einen Barpreis von 25.000 Euro und in 25.000 Euro für den Ankauf eines Werkes des Preisträgers, das in die Sammlung der Nationalgalerie integriert wird. Omer Fast bringt das Preisgeld erst einmal wieder auf Null: Da ein Partner zwei Tage vor dem Dreh von "Nostalgia" aus der Finanzierung ausgestiegen war, musste Omer Fast für die Produktion sein Sparbuch plündern.
Autorin: Ricarda Otte
Redaktion: Elena Singer