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Zu schwach für Frieden

Aarni Kuoppamäki19. Juni 2007

Die Palästinensergebiete sind gespalten in "Fatahstan" und "Hamastan". Verantwortlich dafür sind auch die Vereinigten Staaten, Europa und arabische Länder, die Konflikte stellvertretend dort austragen.

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Hinten Olmert, nachdenklich. Vorne Bush, unscharf. (Quelle: AP)
Ehud Olmert und George W. Bush wissen nicht so recht weiterBild: AP

Roter Teppich, Händeschütteln, Pressekonferenz – wenn Israels Ministerpräsident Ehud Olmert am Dienstag (19.06.07) US-Präsident George W. Bush besucht, sind die Rituale unverändert. Aber diesmal ist es nach Ansicht vieler politischer Beobachter ein Treffen zwischen zwei Gescheiterten. Dem Westen ist es nicht gelungen, den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern in Gang zu bringen. Schlimmer noch: Die radikal-islamische Hamas hat die Kontrolle im Gazastreifen übernommen, ihr Regierungsbündnis mit der Fatah ist zu Ende, kollabiert unter dem Druck von außen. Die Vereinigten Staaten unterstützen die Fatah durch Ausbildung von Sicherheitskräften und Waffenlieferungen. Israel hat palästinensische Steuer- und Zollgelder eingefroren – aus Sorge, die Hamas könnte sie für Terrorschläge einsetzen.

"Die internationale Gemeinschaft trägt Mitschuld an der Eskalation", sagt Udo Steinbach, Direktor des GIGA-Instituts für Nahost-Studien. Erst im Februar hatten sich Hamas und Fatah nach monatelangen Kämpfen auf eine gemeinsame Regierung geeinigt. Saudi-Arabien hatte sie als Vermittler am symbolträchtigen Ort Mekka zusammengeführt. "Indem sie sich gegen die Hamas wendeten, haben die Vereinigten Staaten und Israel die saudi-arabischen Vermittlungsversuche delegitimiert", sagt Steinbach. Das Ergebnis sind politisch getrennte palästinensische Autonomiegebiete, spöttisch "Hamastan" und "Fatahstan" genannt.

"Lobbying ist sehr wichtig in der amerikanischen Politik", sagt der Politologe Christian Hacke von der Universität Bonn, "und die Araber haben eine schwächere Lobby als Israel."

Stellvertreter-Konflikt in Palästina

Männer in Masken und mit Waffen - einer im bequemen Bürostuhl, einer stehend daneben, einer auf dem teuren Tisch. (Quelle: AP)
Hamas-Kämpfer besetzen Abbas' Büro in Gaza-StadtBild: AP

Auch islamische Staaten tragen außenpolitische Gefechte mit Israel oder den Vereinigten Staaten in den Palästinensergebieten aus. So sollen Syrien und der Iran die gewaltbereite Hamas mit Waffen und Geld unterstützen. Die Regierung Bush bemüht sich im Gegenzug, gemäßigte arabische Länder wie Ägypten und Jordanien gegen die werdende Atommacht Iran in Stellung zu bringen. Dafür braucht es Fortschritte im israelisch-palästinensischen Friedensprozess. Die amerikanische Ex-Außenministerin Madeleine Albright hat gefordert, die Vereinigten Staaten sollten mit denen sprechen, die sie "nicht mögen". Doch als Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, das seit 2004 mit Wirtschaftssanktionen belegte Syrien besuchte, kritisierte US-Präsident Bush dies als Schädigung der Außenpolitik. Und auch die Araber sind sich uneins, sagt Hacke: "Wir haben nicht nur einen Kampf der Kulturen", sagt Hacke, "sondern auch einen Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten innerhalb des Islam."

"Für einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern bräuchte es einen klaren Plan, wo es langgehen soll", sagt Udo Steinbach. "Aber derzeit haben wir keine wirklich handlungsfähigen Regierungen." George W. Bush sieht sich am Ende seiner Amtszeit einer Mehrheit der Demokraten im Parlament gegenüber. Ehud Olmert muss sich seit dem Untersuchungsbericht zum Libanon-Krieg gegen Rücktrittsforderungen wehren. Die Europäische Union steckt noch immer in der Verfassungskrise und leidet wegen der Regierungswechsel in Frankreich und Großbritannien an außenpolitischer Lähmung. "Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft war schwach in Bezug auf die Nahost-Politik", sagt Steinbach. "Es wurde nicht deutlich gemacht, wie die Region aus der Sackgasse kommen kann."

Weit reichende Folgen

Mahmoud Abbas' Porträt auf dem Boden des Grenzkontrollpostens. Darauf Männerfüße. (Quelle: AP)
Die Radikalen treten das Präsidentenbild mit FüßenBild: AP

Die Palästinenserregierung hat die fremden Konflikte, die über die Koalitionspartner Fatah und Hamas ausgetragen wurden, nicht überstanden. Ehud Olmert zeigt sich optimistisch, den Friedensprozess mit der Übergangsregierung ohne Hamas weiterführen zu können und stellt die Überweisung von umgerechnet mehr als 400 Millionen Euro der gesperrten Steuer- und Zolleinnahmen in Aussicht. "Olmerts Hoffnung ist unbegründet", meint Steinbach, "denn das Westjordanland ist keine politische Entität." Es gilt als sicher, dass die Hamas etwaige Verhandlungen zwischen Fatah und Israel massiv stören würde. Für einen Friedensvertrag gibt es keine Grundlagen, und selbst wenn es welche gäbe, liefe Mahmud Abbas Gefahr, durch ein Abkommen mit Israel in der eigenen Bevölkerung als Verräter zu gelten.

Für Steinbach hat der Stillstand im Palästinenserkonflikt weit reichende Folgen: "Solange sich keine arabische Opposition gegen den Iran formiert, bleiben Sanktionen wirkungslos." In diesem Fall liefe das Atomprogramm weiter, und die internationale Gemeinschaft müsste sich früher oder später überlegen, wie es einer möglichen atomaren Bewaffnung des Iran gegenüber steht. "Derzeit haben wir bei allen Parteien ein politisches Vakuum moderater, visionärer Kräfte", sagt Steinbach. Hamas und Fatah bekriegen einander, im Irak herrscht Bürgerkrieg, der Libanon ist weniger stabil als vor einem Jahr und der Iran plant womöglich die Bombe. Steinbach: "Die Abwärtsentwicklung im Nahen Osten ist noch lange nicht angehalten."