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Politik

Die Islamisten jubeln, der Westen mahnt

25. Juni 2012

Hoffnung und Sorge – die Reaktionen auf Ägyptens neuen Präsidenten sind gemischt. Zwar will sich Mohammed Mursi an alle bestehenden Verträge halten, doch ob das reicht, um den Nachbarn Israel zu beruhigen?

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Anhänger des Präsidenten Mohammed Mursi feiern seinen Sieg, heben Plakate mit seinem Foto hoch. (rtr)
Ägypten Kairo neuer Präsident Mursi WahlsiegBild: Reuters

Die Tatsache, dass das Nachbarland nun einen Islamisten an der Spitze hat, beunruhigt Israel. Jerusalem fürchtet einen “islamischen Winter“ nach dem arabischen Frühling. Mursi hat bereits angekündigt, das Verhältnis zwischen Ägypten und Iran verbessern zu wollen. “Wir müssen mit dem Iran normale Beziehungen aufnehmen, die auf gemeinsamen Interessen beruhen“, soll Mursi gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur Fars gesagt haben. Inzwischen ließ Mursi allerdings den Bericht dementieren. "Der Präsident hat dieser Agentur kein Interview gegeben, und das, was veröffentlicht wurde, entbehrt jeder Grundlage", sagte sein Sprecher der staatlichen Agentur MENA.

Seit 1980 bestehen keine diplomatischen Beziehungen zwischen Kairo und Teheran. Damals hatte Ägypten den Staat Israel anerkannt, Iran befand sich in der Islamischen Revolution. Die ruhenden Beziehungen will der 60-jährige Islamist Mursi nun aufnehmen, um ein “strategisches Gleichgewicht“ in der Region zu schaffen.

Ägypten: Mursi wirbt um Vertrauen

Israel gratuliert Mursi nicht zum Wahlsieg

Bessere Beziehungen zu Israels Erzfeind Iran, das könnte für Israel eine geostrategische Katastrophe bedeuten. Israel darf es sich daher mit der neuen ägyptischen Regierung nicht verscherzen. Entsprechend vorsichtig reagierte Regierungschef Benjamin Netanjahu, nachdem das Wahlergebnis in Kairo bekannt gegeben wurde. Gratuliert hat er Mohammed Mursi nicht zu seinem Sieg, dafür äußerte er seinen Wunsch, weiter mit Ägypten zusammenzuarbeiten.

Etwas beruhigt dürfte Israel darüber sein, dass Präsident Mursi in seiner ersten Fernsehansprache betont hat, er wolle alle internationalen Verträge seines Landes achten. Dazu gehört auch der Friedensvertrag mit Israel. Ägypten war 1979 das erste arabische Land, das mit Israel Frieden schloss. Seither spielt das Land eine wichtige Rolle in der Region - unter anderem im derzeit brachliegenden Nahost-Friedensprozess.

Hamas hofft auf Annäherung an Ägypten

Für Israel wird es in Zukunft schwerer sein, hart gegen die Hamas vorzugehen, ohne Ägyptens islamistische Regierung zu verprellen. Bis zu seiner Ernennung als Staatschef gehörte Mohammed Mursi den Muslimbrüdern an. Aus dieser ist die im Gazastreifen regierende radikalislamische Hamas hervorgegangen. Die Hamas setzt daher große Hoffnungen in den ideologischen Bruder in Kairo: "Das ägyptische Volk hat nicht nur einen Präsidenten für Ägypten gewählt, sondern auch für arabische und islamische Länder", sagte ein Sprecher der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas in Gaza.

Ägyptische Soldaten an der Grenze von Rafah, zwischen Ägypten und dem südlichen Gazastreifen. (APA)
Ägyptische Soldaten schützen die Grenze von Rafah, zwischen Ägypten und dem südlichen GazastreifenBild: picture-alliance/dpa

Westen hofft auf demokratischen Wandel

Auch außerhalb des Nahen Ostens löste die Wahl Mursis gemischte Reaktionen aus: Die USA gratulierten Mursi zu seinem Wahlsieg, forderten ihn aber zugleich auf, für Stabilität im Nahen und Mittleren Osten zu sorgen und nicht in Extreme zu verfallen. Die Europäische Union erwartet von dem neuen Staatschef, dass er sich für den demokratischen Wandel und die Grundrechte in seinem Land einsetzt. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, die Wahl Mursis sei “eine wichtige Etappe im demokratischen Übergang Ägyptens und ein historischer Augenblick für das Land und die Region“. Bundeskanzlerin Angela Merkel beglückwünschte Mursi, betonte jedoch ebenfalls, er solle sich für den demokratischen Wandel Ägyptens einsetzen.

Koptische Christen reagieren verhalten

Mohammed Mursi kündigte an, die Revolution weiterzuführen, bis alle Ziele erreicht seien. Er sehe sich dabei als Präsident aller Ägypter. Doch die christliche Minderheit Ägyptens, die Kopten, misstraut ihm. “ Die Mehrheit der Kopten hat Umfragen zufolge für Mursis Gegner Ahmed Schafik gestimmt. “Die Regeln der Demokratie verlangen, dass wir das Wahlergebnis anerkennen“, sagte der Unternehmer und Politiker Naguib Sawiris. Er gilt als einer der einflussreichsten Christen in Ägypten. “Wir gratulieren Mursi zu seinem Sieg und beten zu Gott, dass er tatsächlich als Präsident aller Ägypter dienen wird und dass er die Bürgerrechte hochhalten wird“, ergänzte Sawiris.

nem/sti/kle (rtr, dpa, epd, afp)