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Die Kanzlerin wird zur Wahlkämpferin

6. September 2009

Mit kämpferischen Tönen hat Kanzlerin Angela Merkel die Union auf die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs eingeschworen. Dabei legte sie ein eindeutiges Bekenntnis ab: Ihr Ziel sei eine Koalition mit der FDP.

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Merkel wird auf der Kundgebung bejubelt (Foto: AP)
Bild: AP

Es stehe jetzt die Entscheidung an, ob Deutschland auf dem "Kurs der Mitte bleibe" oder ob das Land "in unklare politische Verhältnisse" komme, sagte CDU-Chefin Angela Merkel am Sonntag (06.09.2009) in Düsseldorf bei einer Großkundgebung zum Auftakt der heißen Wahlkampfphase der Christdemokraten.

In ihrer kämpferischen Rede vor rund 9000 Anhängern, die "Angie"-Plakate schwenkten, setzte die Kanzlerin auf Altbewährtes: Die Entlastung der Bürger bringe Wachstum, das Arbeit schaffe. Leistung müsse sich lohnen, Bildung dürfe nicht zum Einheitsbrei verkommen. Die internationalen Finanzmärkte bräuchten Regeln, damit sich eine Wirtschaftskrise wie zurzeit nicht wiederhole.

Bundeskanzlerin Merkel inmitten der Unionsspitze (Foto: AP)
Jubel: Bundeskanzlerin Angela Merkel inmitten führender Politiker von CDU und CSU in DüsseldorfBild: AP

Mit Spott bedachte Merkel die Ergebnisse der SPD bei den jüngsten Landtagswahlen, die zwischen zehn und 24,5 Prozent gelegen hatten. "Wie bescheiden muss man geworden sein, um ein solches Ergebnis zu bejubeln", sagte Merkel. Die Sozialdemokraten befänden sich in einer Phase großer Zerrissenheit. "Gönnen wir ihnen eine Pause, da können sie sich erholen - und zwar in der Opposition", meinte die CDU-Vorsitzende.

Nicht "schlecht reden"

Zwar habe die Große Koalition Deutschland nach vorne gebracht. "Das werde ich niemals schlechtreden, nur weil Sozialdemokraten dazu beigetragen haben", betonte die Kanzlerin. Merkel hob insbesondere die Erfolge in den Bereichen Arbeitsmarkt, Bildung, Forschung und Familienpolitik hervor. So habe die Regierung aus Union und Sozialdemokraten eine Million neue Jobs geschaffen und bis zum Ausbruch der Wirtschaftskrise kurz davor gestanden, 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. "Aber ich sage auch, nun geht die Zeit dieser Regierung zu Ende." Nun brauche das Land eine Regierung aus Union und FDP, die die Kraft habe, auf Wachstum zu setzen.

CSU schießt quer

Horst Seehofer (Foto: AP)
Streitlustig: Horst SeehoferBild: AP

Auch der Vorsitzende der CDU-Schwesterpartei CSU, Horst Seehofer, bekannte sich als Gastredner in Düsseldorf klar zu einem "schwarz-gelben" Bündnis nach der Bundestagswahl am 27. September - trotz seiner Dauerfehde mit der FDP. In der Zeitung "Bild am Sonntag" hatte Seehofer im Zusammenhang mit der FDP zuletzt sogar von "neoliberalen Schreckgespenstern" gesprochen. Bei einem Treffen am Samstagabend in München soll die CSU-Spitze vereinbart haben, ihre Attacken auf die FDP systematisch fortzusetzen. Ziel sei es, die FDP als "Partei der Kälte" hinzustellen, berichteten Teilnehmer. FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich empört.

Seehofer und andere Spitzenpolitiker der Union warnten nochmals eindringlich vor denkbaren "rot-rot-grünen" Bündnissen - also Koalitionen aus SPD, Linkspartei und Grünen. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier erneuerte dagegen seine Absage an die Linken auf Bundesebene und bekräftigte trotz schwacher Umfrageergebnisse seine Hoffnung auf Rot-Grün.

Linken-Chef Oskar Lafontaine nannte Warnungen vor einer Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei eine "Fata Morgana". Er sehe auf Bundesebene derzeit keine Basis für eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen.

Wirbel um Rüttgers

Jürgen Rüttgers (Foto: AP)
Umstritten: Jürgen RüttgersBild: AP

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers wollte sich nicht zu seinen abfälligen Äußerungen über die Arbeitsmoral von Rumänen äußern, die am Wochenende für Wirbel gesorgt hatten. Mit Blick auf die Abwanderung des Bochumer Nokia-Werks nach Rumänien hatte Rüttgers die Arbeitsmoral rumänischer Arbeiter angezweifelt.

In der Rede, von der Ausschnitte im Internetportal "YouTube" zu sehen sind, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident: "Im Unterschied zu den Arbeitnehmern hier im Ruhrgebiet kommen die in Rumänien eben nicht morgens um sieben zur ersten Schicht und bleiben bis zum Schluss da. Sondern sie kommen und gehen, wann sie wollen, und wissen nicht, was sie tun." Inzwischen hat er sich allerdings dafür entschuldigt.

Bundesaußenminister Steinmeier sprach dennoch von einem großen Schaden, den die deutsche Außenpolitik nur schwer beheben könne. Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast hatte dem CDU-Politiker sogar "Rassismus pur" vorgeworfen. (wa/hp/rtr/dpa/afp/ap)