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Die Katholiken von Kairo

Constantin Schreiber und Aladdin Sarhan31. Oktober 2005

In Ägypten leben schätzungsweise 5000 Deutsche, knapp 2000 von ihnen sind Katholiken. Viele kommen wegen ihres Berufs an den Nil - und müssen sich plötzlich mit ihren eigenen religiösen Wurzeln auseinander setzen.

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Gottesdienst nach katholischem Ritus in KairoBild: AP

Wie viele Einwohner Kairo hat - keiner weiß es genau. Vielleicht sind es neun Millionen, vielleicht zwölf oder vielleicht auch achtzehn Millionen Menschen. Die Stadt ist ein unüberschaubares Gewirr aus schmalen Gassen, über der Metropole hängt fortwährend ein feiner Schleier aus den Abgasen der verstopften Straßen und dem Sand der Wüste.

Marhaba an den Ufern des Nil

Kairo Panorama
Endloses Häusermeer von KairoBild: dpa

Irgendwo in den endlosen Häuserzeilen Kairos, in einer Straße mit langen Wohnblocks: Ein Tor öffnet sich in einen weiten Hinterhof und über den Hof schreitet ein Mann, ein deutscher Pfarrer. Er grüßt die Menschen in fehlerfreiem Arabisch: "Marhaba bikum in der deutschen katholischen Gemeinde von Kairo!"

Es ist Pfarrer Joachim Schrödel. Seit 1995 leitet er die deutschsprachige katholische Gemeinde Sankt Markus im Herzen der ägyptischen Hauptstadt. Aber seine seelsorgerischen Tätigkeiten führen ihn häufig weit über die Stadtgrenzen Kairos hinaus. Jordanien, Äthiopien, Syrien und den Libanon bereist Joachim Schrödel auf seinen so genannten Pastoralreisen regelmäßig, einmal in der Woche fährt er nach Alexandria, in die ägyptische Küstenmetropole an den Ufern des Mittelmeeres.

"Die Ursprünge der katholischen Gemeinde in Ägypten reichen bis in die Zeit des Heiligen Franz von Assisi zurück, also bis ins 12. Jahrhundert," erklärt Schrödel. "Seitdem ist es immer ein Franziskaner gewesen, der hier Seelsorge betrieben hat. Jetzt führe ich in der deutschen Gemeinde hier diese Tradition fort."

Kleine Gemeinde mit großer Wirkung

Slum in Kairo Ägypten
Hilfe für die Kinder der 'Müllmenschen'Bild: AP

Die deutsche katholische Gemeinde in Kairo ist nicht groß. Zwar leben in Kairo und Alexandria 2000 Katholiken, aber nur eine kleinere Zahl sind regelmäßige Kirchgänger. Viele sind Gemeinde-Mitglieder auf Zeit, ziehen weiter, wenn sie ihr Beruf in ein anderes Land führt. Nur eine Gruppe älterer deutscher Frauen, die sich in Kairo niedergelassen hat, seien Mitglieder auf Dauer, erklärt Schrödel.

Das Budget der Gemeinde ist minimal. 2000 Euro in einem Vierteljahr erhält Joachim Schrödel zur Bewältigung seiner geistlichen Tätigkeiten. "Zum Glück", so sagt er, "ist das Benzin hier nicht teuer, sonst würde das Geld kaum zur Unterhaltung eines eigenen Wagens reichen."

Trotzdem leistet die Gemeinde einen wichtigen Beitrag für die Bedürftigen in der ägyptischen Metropole. "Müllmenschen" - so nennen die Einwohner Kairos die Ärmsten, die vom Unrat der ägyptischen Gesellschaft überleben müssen. Kaum jemand kümmert sich darum, was mit diesen Menschen, die in elenden Quartieren hausen müssen, passiert. Die deutsche katholische Gemeinde beschloss, etwas für diese Leute zu tun. Sie sammelte Geld, um eine Schule für die Kinder der Ärmsten zu errichten, damit wenigstens sie die Chance auf etwas Bildung und damit ein besseres Leben in der Zukunft haben. Heute steht die Schule in einem der Viertel der "Müllmenschen" und erhält immer wieder staatliche Auszeichnungen für die gute Ausbildung und Ausstattung, erklärt Joachim Schrödel voller Stolz.

Eine Reise zum Ich

Katholische Kirche Symbolbild Bibel
Mit der Bibel in Ägypten: Etwa 2000 Katholiken leben in Kairo und AlexandriaBild: dpa - Bildarchiv

Darüber hinaus leistet die deutsche katholische Gemeinde auch für die europäischen Mitglieder Aufgaben, die sie so in Deutschland nicht hätte, sagt Schrödel. "Es gibt in unserer Gemeinde sehr reiche Menschen, die aber spirituell arm geworden sind," führt er aus. "Wenn deutsche Christen hierher kommen, sind sie meistens nicht so religiös. Sie treffen aber auf ein Land, das vor Religion gerade nur so strotzt. Da kommt plötzlich das große Fragezeichen. Wohin gehöre ich? Und viele finden dann zu ihrem eigenen Glauben zurück."