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Kino-Highlights 2014

Jochen Kürten16. Dezember 2014

Im Dezember blickt man traditionell zurück. Was waren die Höhepunkte des Kinojahres? Welche Filme fielen auf? Unsere Favoriten.

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Filmszene Blau ist eine warme Farbe mit Lea Seydoux und Adele Exarchopoulos (Foto: Alamode Film/dpa)
Bild: picture-alliance/Alamode Film

Fast 400 Filme kommen jährlich in die deutschen Kinos, die meisten aus Hollywood. Aber auch das deutsche Kino erreicht jährlich einen Marktanteil von rund 20 bis 25 Prozent. Dazu kommen Filme aus den großen europäischen Kinonationen, hin und wieder etwas aus Südamerika, Kanada oder auch Asien. Was waren die Highlights der zurückliegenden zwölf Monate? Ein Blick auf zehn großartige Filme des Jahrgang 2014.

"Blau ist eine warme Farbe": Der Film (unser Bild oben) kam zwar noch in den allerletzten Tagen des Jahres 2013 in die deutschen Kinos, die meisten Kinozuschauer dürften das dreistündige Wunderwerk des Franzosen Abdellatif Kechiche aber erst 2014 gesehen haben. "Blau ist eine warme Farbe" war der eindringlichste Liebesfilm des Jahres. Selten hat man auf der Leinwand derart intensiv nachvollziehen können, wie Gefühle entstehen.

Filmszene Boyhood (Foto: Universal Pictures Germany/dpa)
Vom Kind zum Manne mit ein und demselben Darsteller: das einmalige Kinoexperiment "Boyhood"Bild: picture/alliance/Universal Pictures

"Boyhood" von Richard Linklater ist nur ein paar Minuten kürzer und war der Liebling der Berlinale 2014. Völlig zu Recht. Linklater präsentierte in Berlin einen Film, den es so noch nie gegeben hat: die Geschichte eines in Realzeit heranwachsenden Jungen, zusammengesetzt aus Szenen, die über einen Zeitraum von 16 Jahren aufgenommen wurden. Faszinierend!

Auch "American Hustle" feierte seine Deutschland-Premiere während der Berlinale. Die Geschichte eines Trickbetrüger-Pärchens in den 1970er Jahren ist voller wunderbarer Szenen, die die 70er wieder aufleben lassen. Auch ist David O. Russells Film Beweis für die Vitalität von Hollywood. Jenseits aller maschinell produzierten seelenlosen Blockbuster kam hier ein Film, der an die wahren Stärken des US-Kinos erinnerte.

Filmszene American Hustle (Foto: Francois Duhamel/Tobis Film/dpa)
Unterhaltsamste Truppe des Jahres: Das Schauspielerensemble des Films "American Hustle"Bild: picture-alliance/Francois Duhamel/Tobis Film

Meisterregisseur Martin Scorsese brauchte für seinen "Wolf of Wall Street" ebenfalls die epische Spieldauer von drei Stunden, um über Aufstieg und Fall eines Finanz-Hais zu berichten. Doch wie und was uns Scorsese in dieser Zeit erzählt, ist atemberaubend, virtuos und mit etlichen cineastischen Kabinettstückchen garniert. Scorsese hat einmal mehr die Wunderkammer des Kinos geöffnet.

Aktuelle japanische Filme schaffen ja nicht allzu häufig den Sprung in die hiesigen Kinos. "Like Father, Like Son" von Hirokazu Koreeda hatte es auf jeden Fall verdient. Der Film, der 2013 in Cannes im Rennen um die Goldene Palme gegen "Blau ist eine warme Farbe" antrat, ist die sensibel erzählte und zu Herzen gehende Geschichte zweier Familien, deren Kinder bei der Geburt vertauscht wurden.

Fabrice Luchini und Lambert Wilson in Moliere auf dem Fahrrad (Foto: Alamode-Film, auch als DVD erhältlich)
Französisches Schauspielerkino par excellence: "Molière auf dem Fahrrad"Bild: Alamode

Das französische Kino war hierzulande im vergangenen Jahr mit der Migrationsklamotte "Monsieur Claude und seine Töchter" an den Kassen enorm erfolgreich. Doch Filme wie "Molière auf dem Fahrrad" von Regisseur Philippe Le Guay erinnerten daran, dass Frankreich in Europa immer noch die Kinonation Nummer Eins ist. Verspielt und intellektuell, sinnlich und voller Überraschungen: Filme wie "Molière auf dem Fahrrad" können nur aus dem Geburtsland der Filmkunst kommen.

Das gilt auch für "Yves Saint Laurent" von Jalil Lespert. Wie der Regisseur hier die Lebenslinien des berühmten französischen Modeschöpfers nacherzählt, ist ebenso einfühlsam wie berührend. Und mit Pierre Niney wurde ein Hauptdarsteller gefunden, der dieses Stück französischer Kulturgeschichte so überzeugend auf die Leinwand brachte, dass man zwischen Fiktion und Realität kaum noch unterscheiden konnte.

Yves Saint Laurent Filmstill (Foto: Universum Film)
Kongenialer Mime: Pierre Niney als Modeikone Yves Saint LaurentBild: Square One/Universum

Mit "Das Verschwinden der Eleanor Rigby" kam vor kurzem der wohl traurigste Film des Jahres in die deutschen Kinos. Regisseur Ned Benson hatte ursprünglich zwei Filme über ein Paar, dass einen schrecklichen Verlust zu beklagen hat, gedreht. Der Verleih kürzte beide nun zu einem Film zusammen. Trotzdem: Wer von "Das Verschwinden der Eleanor Rigby" nicht tief berührt ist, der hat wohl kein Herz.

Wie Ned Benson ist auch Mike Cahill einer jener jungen US-amerikanischen Regisseure, die für eine Erneuerung des Hollywood-Kinos stehen könnten. Sein Film "I Origins", der seine Deutschland-Premiere beim Filmfest München feierte, ist eine faszinierende Mischung aus Science-Fiction, Wissenschaftsthriller und Melodrama. Ein Film über das Sehen und Gesehenwerden. Mit einem der schönsten Soundtracks des Kinojahres.

Filmstill I Origins von Mike Cahill (Foto: Filmfest München/Verleih)
Traumhafter Wissenschaftsthriller mit hypnotischer Sogwirkung: "I Origins"Bild: Filmfest München

Ein Beispiel für einen herausragenden Film, der im erdrückenden Angebot zwischen Blockbustern, Animationsstreifen für Kinder und plattem Komödienallerlei untergegangen ist, war der britische Film "71" von Yann Demange. Das Nordirland-Drama, das in eben jenem Jahr 1971 angesiedelt ist, war eines der packendsten Politdramen des Jahres. Mit Szenen, die unter die Haut gingen und die man nicht mehr vergisst.

Deutscher Film des Jahres

Auch das deutsche Kino hatte etwas zu bieten. Den vielleicht stärksten, weil überraschendsten Eindruck hinterließ ausgerechnet ein Genrefilm: Der Polizeithriller "Wir waren Könige" bietet schauspielerische Glanztaten, beste Unterhaltung und viel fürs Auge. Den jungen Regisseur Philipp Leinemann, der seinen zweiten Spielfilm beim Filmfest in München präsentierte, sollte man sich merken.

Filmstill Wir waren Könige (Foto: Filmfest München/Verleih)
Auch die Deutschen können feieren: Polizeithriller "Wir waren Könige"Bild: Filmfest München

Sein Kollege Christian Schwochow hat sich dagegen schon einen Namen mit bemerkenswerten Filmen gemacht. Er dürfte inzwischen zu den besten deutschen Regisseuren gehören. Weil er seine letzten Arbeiten aber nicht fürs Kino, sondern fürs Fernsehen realisiert hat, steht er weniger im Rampenlicht. Seine Komödie "Bornholmer Straße" war der witzigste deutsche Film des Jahres - und das zum Thema Mauerfall! Auch so können deutsche Komödien sein.