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Kabinett beschließt Steuerentlastungen

10. November 2009

Steuersenkungen hat die neue Koalition versprochen, und die ersten Entlastungen sollen schon zum 1. Januar in Kraft treten. Damit das auch klappt, bedient sich die Regierung eines gesetzgeberischen Kniffs.

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Guido Westerwelle auf der Kabinettssitzung lachend neben Angela Merkel (Foto: AP)
"Steuer-Partner" Westerwelle und MerkelBild: AP

"Formulierungshilfe" nennt sich das, was das Kabinett jetzt beschlossen hat: Es hat den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP einen Gesetzestext über Steuerentlastungen für Eltern, Unternehmen, Erben und die Hotelbranche vorgeschlagen. Die Fraktionen haben diese Hilfe dankbar in Anspruch genommen und bringen nun genau diesen Text als ihren eigenen Gesetzentwurf im Parlament ein. Das geht viel schneller, als wenn die Regierung es selber macht.

Eile ist geboten. Am 18. Dezember, also in knapp sechs Wochen, ist in diesem Jahr die letzte Sitzung des Bundesrates, in dem die Vertreter der Bundesländer den Steuerentlastungen zustimmen müssen. Und davor muss das Ganze durch den Bundestag.

Milliardenentlastung für Bürger und Firmen

Und so traten nur Stunden nach der Kabinettssitzung die Koalitionsfraktionen zusammen, um formal den Gesetzentwurf zu beschließen: Angela Merkels CDU/CSU und ihr neuer Regierungspartner, die Liberalen. Deren neue Fraktionsvorsitzende, Birgit Homburger, verkündete stolz: "Wir setzen mit diesem Gesetzentwurf das um, was wir versprochen haben." Nämlich weniger Steuern. Auf rund sechs Milliarden Euro belaufen sich die Entlastungen nach Angaben der Regierung im nächsten Jahr. 2012 sollen es sogar 8,5 Milliarden sein.

Zwei Hände, in der einen Geldscheine, in der andern eine Babyflasche. (Foto: dpa)
Mehr Geld für KinderBild: picture-alliance/ dpa

Den Familien kommt ein höherer Steuerfreibetrag für Kinder oder wahlweise ein höheres Kindergeld zugute, den Unternehmen bessere Abschreibungs-Bedingungen. Hotels und Gaststätten müssen künftig nur noch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent zahlen statt wie bisher 19 Prozent. Und die von der letzten Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD beschlossene Erbschaftssteuer-Reform wird zugunsten der Erben nachgebessert.

Wachstum gegen die Krise?

"Wachstumsbeschleunigungsgesetz" nennt sich das Ganze, denn die Regierung hofft, damit die Konjunktur anzukurbeln und schneller aus der Krise zu kommen. Zunächst aber kostet das Ganze den Staat Geld, das er nicht hat, und das er sich daher in Form von Schulden besorgen muss. Doch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm verteidigte das Vorgehen unter anderem mit dem Verweis auf internationale Vereinbarungen. Danach solle, solange die Krise noch andauere, die Wirtschaft stimuliert werden. Erst wenn die Krise überwunden sei, müsse dann der Staatshaushalt konsolidiert werden. Nach dem Willen der EU-Kommission muss Deutschland sein Defizit bis 2013 unter die erlaubte Schwelle von drei Prozent drücken.

Die Kritiker

Die oppositionelle SPD nennt das Wachstumsbeschleunigungsgesetz eine "dreiste Mogelpackung und ein unverantwortliches finanzpolitisches Abenteuer". Die Partei "Die Linke" kritisiert, dass der Gesetzentwurf "reiche Familien" besserstelle und "neue Gerechtigkeitslücken" schaffen werde. Die Grünen sprechen von einem "Klientel-Bedienungsgesetz".

Portrait Klaus F. Zimmermann (Foto: dpa)
Klaus ZimmermannBild: picture alliance / dpa

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sieht im Wachstumsbeschleunigungsgesetz einen "vollmundigen Etikettenschwindel". Er geht davon aus, dass das Gesetz mit seiner Art der Förderung "kaum merkliche Effekte für die Konjunktur und schon gar nicht für dauerhaftes Wachstum haben" wird. Auch Michael Hüther vom Institut der Wirtschaft (IW) in Köln bemängelt die Ausrichtung der steuerlichen Maßnahmen: "Konjunkturelle Effekte wird man nur aus den Änderungen bei der Unternehmensbesteuerung ableiten können."

Autor: Peter Stützle
Redaktion: Sandra Petersmann