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Die Kosten-Lüge

Udo Bauer28. August 2003

Die Amerikaner stöhnen angesichts ihres milliardenteuren Irak-Engagements. Jetzt wurde eine offizielle Rechnung aufgemacht, die nichts mit dem gemein hat, was die Bush-Regierung vor dem Krieg Glauben gemacht hatte.

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So richtig wollten sich Richard Cheney, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz und all die anderen Neokonservativen im Dunstkreis des Präsidenten nicht mit dem Szenario eines Nachkriegs-Irak auseinander setzen. Zu beschäftigt waren sie damit, den Krieg vorzubereiten und den Rest der Welt zum Mitmachen zu überreden. Auch die US-Medien interessierte es seinerzeit mehr, wie sie über den kommenden Krieg berichten sollen, der Quoten und Gewinne bringen würde.

Nur einige wenige Unentwegte erlaubten sich die Frage, wie lange denn eigentlich die Besatzung Iraks dauern würde und was das kosten könne. Sie wurden abgespeist mit dem Hinweis auf den natürlichen Reichtum des Landes – sprich Öl, dessen Verkauf auf dem Weltmarkt schon bald den Wiederaufbau des Landes finanzieren würde. Das Szenario der Bushisten vor Beginn des Krieges war schlicht und schlüssig: Innerhalb kürzester Zeit werde man unter dem Jubel der befreiten Volksmassen die Infrastruktur wieder herstellen, die Ölindustrie in Gang bringen und dann sukzessive die GIs in die Heimat zurück holen.

Massive Geldnöte

Jetzt sieht sich Präsident Bush gezwungen, sein Volk mit Durchhaltenparolen zu penetrieren. Am letzten Dienstag appellierte er vor US-Kriegsveteranen an die Geduld seiner Landsleute. Seine Hauptmessage: "Es wird keinen Rückzug geben, auch wenn es Jahre dauert. Der totale Sieg ist unsere einzige Option!" Am gleichen Tag lieferte Bushs Mann im Irak, Paul Bremer, die entsprechenden Zahlen dazu. Für den Wiederaufbau des Landes brauche er "mehrere zehn Milliarden Dollar Hilfe von außen."

Die militärischen Kosten von vier Milliarden pro Besatzungsmonat sind in dieser Rechnung nicht berücksichtigt. Allein die Stromversorgung auf Vorkriegsniveau zu bringen kostet 2 Milliarden Dollar, langfristig wird die Modernisierung des Stromnetzes 13 Milliarden in Anspruch nehmen. Und die Versorgung des ganzen Landes mit sauberem Trinkwasser kostet über die nächsten vier Jahre verteilt 16 Milliarden. Wohlgemerkt, das sind absolute Basiskosten für den Wiederaufbau des Landes – damit sind noch keine Fabriken gebaut und Arbeitsplätze geschaffen.

Hinters Licht geführt

Angesichts dieser düsteren Prognosen sieht sich die US-Regierung jetzt zu verzweifelten Geldbeschaffungsmaßnahmen gezwungen, und die nennt man hierzulande "emergency funding" (Nothilfe-Fond), "supplemental spending" (Nachtragshaushalt) und "international donors conference" (Betteln auf hohem Niveau). Und was ist mit den Ölgewinnen, die den Wiederaufbau des Iraks angeblich zu einem Nullsummenspiel werden lässt? Bremers Ziel ist es, im Oktober 2004 zwei bis drei Millionen Barrel täglich zu produzieren, das ist gerade mal Vorkriegsniveau. Aber selbst danach werde Irak nicht genug erwirtschaften, um den eigenen Wiederaufbau zu finanzieren, so Bremer.

Bleibt zu hoffen, dass sich diese Fakten bis in den letzten Winkel Amerikas herumsprechen, damit künftig dieser notorisch fahrlässige Kriegsenthusiasmus gebremst wird. Wenn’s ans Bezahlen geht, dann kehrt auch in den USA schnell Vernunft ein. Und vielleicht beschleunigt dies auch die Erkenntnis, dass man von der eigenen Regierung - wieder einmal - hinters Licht geführt wurde.