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"Die Märkte und Herr Duisenberg kommen ganz gut miteinander aus"

Das Interview führte Martin Schrader7. Oktober 2003

Über Wim Duisenberg ist am Ende seiner fünfjährigen Amtszeit als EZB-Chef kaum Kritik zu hören. Christoph Balz, Volkswirt der Commerzbank, zieht im Interview mit DW-WORLD sein Fazit der Duisenberg-Ära.

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Verabschiedet sich im Oktober 2003: EZB-Chef Wim DuisenbergBild: AP

DW-WORLD: Herr Balz, welches Urteil fällen Sie als Volkswirt am Ende der Amtszeit von Wim Duisenerg?

Christoph Balz: Vergleicht man die jetzige Situation mit der vor drei Jahren, muss man sagen, dass insbesondere die Kommunikation der Europäischen Zentralbank – und da ist Herr Duisenberg der herausragende Akteur - mit den Märkten und der Öffentlichkeit sich deutlich verbessert hat. Man hat da im Laufe der Zeit einen Lernprozess von beiden Seiten bemerkt. Zu Beginn seiner Amtszeit gab es mitunter Missverständnisse oder unglückliche Äußerungen. Aber das hat sich gebessert. Die Märkte und Herr Duisenberg kommen jetzt ganz gut miteinander aus.

Welche Missverständnisse?

Als die EZB zugunsten des Euro interveniert hatte, äußerte sich Herr Duisenberg skeptisch über den Erfolg solcher Interventionen. Wenn man interveniert und sagt, man steht gar nicht dahinter, dann macht man natürlich den Effekt einer Intervention gleich wieder kaputt.

Welche Qualitäten sollte ein Notenbank-Präsidentent mitbringen?

Ein Grundpfeiler der Geldpolitik ist die Unabhängigkeit. Und deswegen muss es jemand sein, der sich nicht von außen beeinflussen lässt, der standfest bleibt, der auch eine – für die Geldpolitik sehr wichtig - längerfristige Perspektive besitzt, der es schafft, hinsichtlich der Erweiterung des Euro-Raums einen Konsens unter zwei Dutzend Mitgliedern herzustellen. Er muss auch bei der Kommunikation mit den Märkten gut harmonieren. Gerade bei so einer jungen Institution wie der EZB, wo es noch keine Historie gibt, werden die aktuelle Entwicklung und die Äußerungen immer sehr stark beachtet, vielleicht stärker noch als bei einer Institution, die schon über eine längere Geschichte verfügt. Die Kommunikation mit den Märkten ist deshalb äußerst wichtig.

Welches sind Duisenbergs Qualitäten?

Er hat einen guten Kompromiss gefunden aus Führungsqualitäten und aus Fingerspitzengefühl, mit dem er die Gremien des EZB-Rats einbindet. Er unterscheidet sich in dieser Hinsicht zum Beispiel von (US-Notenbankchef) Alan Greenspan, der über allen anderen in der Fed thront.

Wie hat sich die Inflation im Euro-Raum in der Amtszeit Duisenbergs entwickelt?

Die Teuerungsrate hat sich ungefähr so entwickelt, wie von der EZB geplant, das heißt sie liegt im Rahmen der Zielmarke von zwei Prozent im Jahr. Man kann die Geldpolitik in dieser Hinsicht also als erfolgreich bezeichnen.