1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Mehrwertsteuer in der Diskussion

12. Juli 2005

CDU und CSU planen eine Mehrwertsteuer-Erhöhung, sollten sie die nächste Bundestagswahl gewinnen. Ihr möglicher Koalitionspartner, die FDP, ist jedoch dagegen. Unter Fachleuten ist der Schritt ebenfalls umstritten.

https://p.dw.com/p/6uHO
Es geht ums GeldBild: AP

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er begrüße den Mut, das Thema Mehrwertsteuer anzupacken. "Das gibt ein Signal für mehr Arbeit, denn die Lohnkosten werden sinken."

"Riskanter Schritt"

Jürgen Pfister, Chefvolkswirt der Bayerischen Landesbank sieht das anders: "Das ist ein riskanter Schritt", warnte er. Die höhere Steuer treffe die Wirtschaft in einer Phase des schwachen Konsums. Wenn die Erhöhung nicht über die Preise an die Verbraucher weitergeben werde könne, leide der Einzelhandel. Zudem drohten höhere Lohnforderungen der Gewerkschaften und mehr Schwarzarbeit. Als "giftige Kröte" bezeichnete der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) die vorgesehene Steuererhöhung, die sich in jedem Fall negativ auf den Konsum auswirken werde.

Verringerung der Staatsausgaben

BDI-Präsident Jürgen R. Thumann sagte, eine Mehrwertsteuererhöhung sei nur aktzeptabel, wenn gleichzeitig ernsthafte Ansätze zur Verringerung der Staatsausgaben und zur strukturellen Reform der Sozialversicherung festgeschrieben würden. "Nur wenn die Staatsquote sinkt und Bürger und Unternehmen so ihr Einkommen eigenverantwortlich einsetzen können, wird die Binnenkonjunktur spürbar anziehen", sagte Thumann.

Euro - Symbolbild - Einzelhandel
Sorge um die KonjunkturBild: ZB - Fotoreport

Rolf Peffekoven, Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft an der Universität Mainz, äußerte in einem Interview mit DW-TV ebenso seine Sorge um die Konjunktur. "Das passt überhaupt nicht in die momentane Situation", sagte Peffekoven. "Die Konjunkturprobleme werden im Wesentlichen mit einer Konsumschwäche begründet", erklärte der Ökonom. Und er warnte, dass Bezieher niedriger Einkommen besonders stark von höheren Mehrwertsteuern betroffen seien.

"Empörende Ungerechtigkeit"

Auch die Gewerkschaft IG Metall lehnt die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer ab. Sie gehe voll zu Lasten der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. "Die geplanten steuer- und sozialpolitischen Maßnahmen sind ein Griff in die Tasche von Beschäftigten, Rentnern und Arbeitslosen und beschädigen die sozialstaatlichen Grundlagen dieser Gesellschaft", sagte der IG-Metall-Chef Jürgen Peters. Arbeitnehmer sollten die Entlastung von Unternehmen und Spitzenverdienern finanzieren. Dies sei "eine empörende Ungerechtigkeit".

"Prinzip Ökosteuer"

Die FDP sei eindeutig gegen die von der Union geforderte Erhöhung der Mehrwertsteuer, sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel. Diese Position werde die FDP auch in möglichen Koalitionsverhandlungen mit der Union vertreten. Eine Mehrwertsteuererhöhung bedeute das "Prinzip Ökosteuer", da den Bürgern noch mehr Geld abgenommen werde, sagte Niebel. Gleichzeitig werde so die Reformnotwendigkeit der sozialen Sicherungssysteme verschleiert. "Dafür werden wir die Hand nicht reichen." Niebel sagte, Deutschland habe kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem. Deshalb setze die FDP auf konsequenten Subventionsabbau.

"Gift für die Konjunktur"

Aus Sicht der Bundesregierung wäre die Mehrwertsteuererhöhung "Gift für die Konjunktur". Allein die Ankündigung sei schädlich, sagte Regierungssprecher Béla Anda. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder kritisierte die geplante Mehrwertsteuererhöhung. "Bei Frau Merkel wird alles teurer, aber nichts besser", sagte der Kanzler.

Von derzeit 16 auf 18 Prozent will die Union die Mehrwertsteuer zu Beginn des neuen Jahres anheben. Zuletzt war die Mehrwertsteuer in Deutschland zum 1. April 1998 von 15 auf 16 Prozent erhöht worden. Deutschland liegt im europäischen Vergleich im unteren Viertel - nur in Luxemburg fallen weniger Mehrwertsteuern (15 Prozent) an. In Schweden und Ungarn müssen die Bürger sogar 25 Prozent Mehrwertsteuer zahlen. Der ermäßigte Steuersatz auf Lebensmittel und die Mehrwertsteuerfreiheit bei Mieten soll laut Unions-Plänen erhalten bleiben. (ch)