1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Methoden der Kunstfälscher

1. September 2011

Sie sind keine Genies, aber gute Beobachter des Kunstmarktes. Kunstfälscher wissen genau, was Sammler wollen. Das macht sie so erfolgreich, sagt Kunsthistorikerin Susanna Partsch im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

https://p.dw.com/p/RiaK
Interessentin vor Gemäden im Auktionshaus Christie´s (Foto: dpa)
Bild: dpa

DW-WORLD.DE: Frau Partsch, Kunstfälschungen sind ein sehr lukratives Geschäft, wie auch jetzt der jüngste Gerichtsprozess um einen Kunstfälscherskandal in Köln wieder zeigt. Aber welche Gründe gibt es eigentlich für diesen Boom an Fälschungen, wenn man mal von dem finanziellen Aspekt absieht?

Susanna Partsch: Ich glaube, Kunstfälscher versuchen vor allen Dingen Geld zu machen, auch wenn sie genau das Gegenteil behaupten. Das sieht man vielleicht am besten am Fall von Han van Meegeren, der in den dreißiger Jahren Vermeers gefälscht hat. Und diese Gemälde wurden dann in Holland mit großer Begeisterung aufgenommen, weil es sich angeblich um die ersten sakralen Bilder von Vermeer gehandelt hat. Han van Meegeren hat später immer gesagt, er hätte eigentlich sofort beim ersten Bild den ganzen Schwindel auffliegen lassen wollen. Aber das hätte er sich wahrscheinlich gar nicht leisten können, weil er vorher schon sehr viel Geld in diese Bilder investiert hatte, indem er zum Beispiel mit Edelsteinen wie Lapislazuli gemalt hat, und er brauchte einfach das Geld.

Wie kann es denn sein, dass sich selbst Experten so leicht täuschen lassen?

Das liegt daran, dass die Kunstfälscher meistens ziemlich genau wissen, was gerade gesucht wird. Und in dem Moment, wo etwas gefunden wird, das man sich lange gewünscht hat, gucken die Leute nicht mehr so genau hin, als wenn dies nicht der Fall wäre. Das ist genau wie bei der Geschichte mit den sakralen Bildern von Vermeer. Bei der Sammlung Jägers, die jetzt aktuell zur Diskussion steht, hat man bestimmt immer gerne wissen wollen, wo eigentlich die Bilder der Sammlung Flechtheim geblieben sind. Das sind alles Gründe, die einen relativ blind machen.

Das heißt, man beobachtet den Markt, tut Lücken auf und versucht da einzusteigen?

Ja, das glaube ich schon. Der englische Kunstfälscher Eric Hebborn hat selbst ein Handbuch für Kunstfälscher geschrieben. Und da beschreibt er auch, wie man sich in die Experten hinein denken muss, um sie zu betrügen.

Aber trotzdem gibt es auch immer wieder Fälschungen, die auffliegen. Welche Auswirkungen hat das für Museen oder Auktionshäuser?

Das ist meistens eine ziemliche Katastrophe. Das sieht man jetzt auch am Kunsthaus Lempertz, das große Schwierigkeiten durch diese vermeintliche Sammlung Jägers und durch die Bilder, die sie in Umlauf gebracht haben, bekommen hat. In den Museen verschwinden die Bilder dann häufig in Depots oder man spricht nicht weiter darüber. Eine große Ausnahme war jetzt in London. Letzten Sommer hat die National Gallery eine Ausstellung gemacht, wo sie ihre eigenen Fehler einfach mal dokumentiert hat. Bilder, die sie als echte Renaissance-Bilder gekauft hat und die sich dann später als Fälschung herausgestellt haben. Die National Gallery hat auch dargelegt, wie sie es geschafft haben, diese Fälschungen heraus zu finden. Dabei wurde klar, dass immer eine Zusammenarbeit zwischen Restauratoren, Naturwissenschaftlern und Kunsthistorikern von Nöten ist.

Kann man sagen, dass manche Museen daran auch nicht ganz unschuldig sind, wenn Fälschungen ausgestellt werden? Sind sie unter Umständen sogar daran beteiligt?

Das ist natürlich ein schwieriges Feld, so etwas zu beweisen. Aber in der Vergangenheit gab es das Beispiel von Wilhelm Bode, dem ganz großen Berliner Museumsmann. Er hat eine Wachsbüste gekauft, die angeblich von Leonardo stammte. Und obwohl es sehr schnell berechtigte Zweifel gab, hat er sich davon nicht abbringen lassen, dass es sich dabei um einen Leonardo handeln sollte. Das war eine Geschichte, die die Zeitungen über Monate hinweg gefüllt hat und trotzdem hat er darauf bestanden. Ansonsten werden die Bilder natürlich mit Begeisterung ausgestellt und wenn jemand Zweifel anmeldet, wird das nicht weiter beachtet.

Welche Künstler werden besonders gern gefälscht? Gibt es auch Umstände - vielleicht in der Arbeit des Künstlers -, die das Fälschen auch erleichtern?

Es gibt natürlich die Beispiele von Dali, der die leeren Blätter signiert hat. Das war dann natürlich ganz besonders hervorragend zu fälschen. Picasso wurde und wird viel gefälscht, weil er so unendlich viel gemalt und gezeichnet hat. Da ist dann auch der Überblick etwas verloren gegangen. Ein Gegenbeispiel ist Paul Klee, der so minuziös jedes seiner Bilder und Zeichnungen in einem Werkkatalog selber verzeichnet hat. Es genügt ein Blick in diesen Katalog, um festzustellen, dass es sich um eine Fälschung handelt.

Wer sind diese Fälscher, die Künstler von Weltrang so kopieren können, dass das Ergebnis oft vom Original kaum mehr zu unterscheiden ist ?

Meistens ist das Können gar nicht so groß, denn eine Generation später werden die Fälschungen oft als solche erkannt. Nur in dem Moment, wo sie entstehen, sind die Zeitgenossen merkwürdigerweise blind dafür. Ein gutes Beispiel ist ein Akademieprofessor in Siena mit Namen Umberto Giunti gewesen. Er hat eine Botticelli - Madonna gemalt. Das Bild wurde dann nach England verkauft. Es befindet sich bis heute im Courtauld Institute, einem wirklich renommierten wissenschaftlichen Institut. Diese Fälschung ist dann dreißig Jahre später ganz klar und sicher entdeckt worden. Man wusste nur nicht, wer sie gefälscht hat. Wenn man sich heute den originalen Botticelli anguckt und dazu diese Madonna, sieht man, was für leere Augen sie hat, wie unfähig eigentlich dieser Mann im Vergleich zu Botticelli war. Aber die Zeitgenossen damals haben das nicht erkannt.

Das Gespräch führte Gudrun Stegen

Redaktion: Sabine Damaschke