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Die Online-Zukunft wird am Bodensee getestet

6. September 2010

Fünf Jahre lang testen die Deutsche Telekom und die Stadt Friedrichshafen Vernetzungsprojekte, die zukunftsweisend sein sollen. Manche neue Ideen lohnen sich, andere hingegen nicht.

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Ansicht auf die Seepromenate: ein schöner Flecken Erde - Friedrichshafen am Bodensee ist Zukunftswerkstatt der Deutschen Telekom (Foto: Deutsche Telekom)
Ein schöner Flecken Erde: Friedrichshafen am Bodensee ist Zukunftswerkstatt der Deutschen TelekomBild: Deutsche Telekom

Seit 2007 ist Friedrichshafen T-City. In der Stadt am Bodensee will die Deutsche Telekom die Internet- und Handy-Zukunft erproben. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung haben sich die Telekom-Experten 44 Einzelprojekte ausgedacht, eine Art "Werkstatt für die Telekommunikations-Zukunft", sagt Ferdinand Tempel, Leiter des T-City-Projektbüros.

Ausgewählte Familien dürfen ausprobieren

Thomas Aisenpreis testet gerne (Foto: Deutsche Telekom)
Thomas Aisenpreis testet gerneBild: Deutsche Telekom

Der Friedrichshafener Ingenieur Thomas Aisenpreis liebt es, den Alltag vernetzt anzugehen: Sein Laptop, sein PC, die Rechner seiner Frau - sie alle sind in einem Home-Netzwerk zusammengeschlossen. Daran angebunden ist selbstverständlich auch das iPhone. Und mit alldem kann der Schwabe Monat für Monat ein Paar Euro einsparen. Der Grund: Aisenpreis und seine Familie sind sogenannte Zukünftler. So nennt die Deutsche Telekom jene ausgewählten Familien in Friedrichshafen, die zukunftsweisende Kommunikations- und Vernetzungsstrategien austesten dürfen.

Derzeit probiert die zukunftsbewusste Familie Smart Metering aus. Dabei werden Gas- und Wasseruhren, aber auch Stromzähler mit digitalen Mess-Sonden ausgestattet, die mit dem Internet verbunden sind. Das heißt: Alle Daten werden umgehend in einen Zentralrechner eingespeist, grafisch aufbereitet und per Mail wieder an die Familie zurück geschickt.

Mit dem Internet gegen die Stromfresser im Haushalt

Den Stromverbrauch online zu kontrollieren, kann Geld sparen (Foto: Deutsche Telekom)
Den Stromverbrauch online zu kontrollieren, kann Geld sparenBild: Deutsche Telekom

"Dabei sind wir auf erstaunliche Dinge gekommen", erzählt Aisenpreis. "Zum Beispiel darauf, dass unser Wäschetrockner ein richtiger Stromfresser ist. Wenn der Trockner läuft, schnellt der Stromverbrauch in die Höhe." Die Konsequenz: Eine Wäscheleine ziert nun die Wohnung der Familie Aisenpreis, die Stromrechnung geht deutlich nach unten.

Dies ist nur eines jener 44 Projekte, die Bürgerinnen und Bürger Friedrichshafens in fünf Jahren ausprobieren. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Telemedizin: Wenn sich Patienten mit Herzbeschwerden auf die elektronische Waage stellen, werden die Daten automatisch online ins städtische Klinikum gesendet. Bei einer signifikanten Gewichtszunahme sendet der Rechner eine Warn-Mail an eine Krankenschwester oder an einen Arzt. Und der sorgt sich dann laut Deutscher Telekom individuell um den Patienten, untersucht beispielsweise, ob gesundheitsschädliche Wassereinlagerungen zur Gewichtszunahme geführt haben.

Dokumentenechte Mails

Mit De-Mail versenden große Industriebetriebe seit Neuestem ihre Gehaltsabrechnungen dokumentenecht per Internet an alle Mitarbeiter. Die Porto- und Papierersparnis sei enorm, so die Telekom. Auch die Stadtverwaltung hat derweil begonnen, amtliche Bescheide per De-Mail zuzustellen.

Die Suche nach einem Kindergarten soll leichter werden (Foto: dpa)
Die Suche nach einem Kindergarten soll leichter werdenBild: picture-alliance / dpa

Auch für junge Eltern gibt es Angebote. Wenn sie wissen wollen, in welchem Kindergarten noch ein Platz frei ist für den Sprössling - ein paar Mausklicks sollen genügen. Eine interaktive Website, im Rahmen des T-City-Projektes angelegt, gibt sogar Auskunft darüber, welche inhaltlichen Schwerpunkte in den einzelnen Gruppen angelegt sind und wie groß diese Gruppen sind.

Das virtuelle Kraftwerk sorgt für moderate Strompreise

"Es geht darum, herauszufinden: Welche der neuen Techniken bringt die Menschen voran, aber auch die Stadt als Lebensraum", erklärt Stefan Söchtig, Geschäftsführer der Technischen Werke Friedrichshafen und im Nebenberuf T-City-Beauftragter Friedrichshafens. Sein derzeitiges Lieblingsprojekt: Der Aufbau des virtuellen Kraftwerkes Smart Grid. Dabei werden alle dezentralen Energiequellen innerhalb der Stadt - zum Beispiel private Fotovoltaikanlagen - miteinander vernetzt.

In einem zweiten Schritt wollen die Experten auch die Batterien aller in einem bestimmten Augenblick nicht benötigten Elektro-Autos und Elektrofahrräder miteinander vernetzen. "Diese Batterien könnten wir zum Beispiel nachts, wenn der Strom billig ist, aufladen und dann tagsüber, wenn die jeweiligen Fahrzeuge an der Elektrotankstelle sind, zu Spitzenbedarfszeiten wieder entladen", meint Söchtig. Ergebnis: Die Stromrechnungen der Endkunden würden sinken, die Erträge der Stadtwerke gingen nach oben. "Mit diesem T-City-Projekt sind wir in dieser Form deutschlandweit führend", freut sich Söchtig.

Die Stadt erkunden mit GPS

Möwen fliegen in der Sonne übers Wasser: Um die Schönheit des Bodensees zu erkunden, braucht man keine Online-Unterstützung (Foto: DW-TV)
Um die Schönheit des Bodensees zu erkunden, braucht man keine Online-Unterstützung

Allerdings wurden im Rahmen von T-City auch schon Projekte gestartet, die die Verantwortlichen Monate später wieder einstellen ließen: Die so genannte Kat-Card gehört dazu. Dabei konnten die Kunden bargeldlos mit ihrem Handy das Ticket für den zwischen Konstanz und Friedrichshafen hin- und her pendelnden Bodensee-Katamaran bezahlen. Das Handy sollte dabei die klassische Kreditkarte ablösen. Der Erfolg war bescheiden, da die meisten Handys nicht über das notwendige Modul für den Informationsaustausch verfügten. Dass das Projekt gestoppt wurde, findet Tempel vom T-City-Büro nicht weiter schlimm: "T-City hat eben auch Werkstatt-Charakter. Und da muss man auch mal Dinge ausprobieren und feststellen, dass sie doch nicht so nützlich sind wie anfangs gedacht."

Da dürfte ein anderes T-City-Projekt schon zukunftsträchtiger sein. Hierbei erhalten Passanten automatisch Informationen über nahegelegene Cafés, Restaurants und Sehenswürdigkeiten - als SMS oder Mail auf ihre mit einem GPS-Empfänger gekoppelten iPhones. Weil Schwaben gerne schlemmen, darf in diesem Fall von einem erfolgreichen Projektverlauf ausgegangen werden.

Autor: Thomas Wagner
Redaktion: Klaudia Prevezanos