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Rotkäppchens Rückkehr

9. November 2009

Die DDR ist mit dem Mauerfall vor 20 Jahren untergegangen. Doch einiges von damals hat überlebt. Erstaunlicherweise gehören dazu auch bestimmte DDR-Markenprodukte und -namen - wie etwa der berühmte "Rotkäppchen"-Sekt.

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Rotkäppchen-Kellerei (Foto: dpa)
Die Marke lebtBild: picture-alliance/ dpa

Einer der Stars auf der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt/Main war der Trabant 2.0, ein Elektroauto im Gewand des wohl bekanntesten Markenzeichens der DDR - des Kleinautos mit Zweitaktmotor. Der "Trabi" wäre nicht das einzige Produkt, das 20 Jahre nach dem Mauerfall eine Renaissance erlebt. Es gibt sie noch, die Marken aus der DDR und es werden immer mehr.

Test the West

Trabant (Foto: AP)
Der Trabant nT auf der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA 2009Bild: AP

Nach dem Mauerfall waren in Ostdeutschland die alten DDR-Markenprodukte nicht mehr gefragt. Es lockte die Vielfalt des Westens. "Jetzt testen wir einfach mal, was wir die ganzen Jahre nicht bekommen konnten", sei damals die Haltung gewesen, erinnert sich die ehemalige DDR-Bürgerin Bianca Schäler.

Die Handelsketten reagierten schnell auf die veränderte Nachfrage. Viele ostdeutsche Produkte wurden aus den Supermärkten verbannt. Selbst beliebte DDR-Marken wie "Grabower Schaumküsse" oder "Florena"-Handcreme verschwanden aus dem Sortiment. Doch die Freude bei den Kunden währte nicht lang: "Nachdem wir wirklich alles durchprobiert haben, haben wir bei verschiedenen Sachen festgestellt: die Creme beispielsweise vertragen wir nicht", erzählt Schäler. "Da sind viele Kunden zu uns in den Laden gekommen und haben gesagt: Ich will wieder meine Florena-Creme haben."

Ost ist wieder in

Unternehmen Florena (Foto: AP)
Das sächsiche Unternehmen Florena produziert noch immer KosmetikprodukteBild: AP

Bianca Schäler betreibt in Berlin das Geschäft "Ostpaket", in dem man ausschließlich Produkte aus den fünf ostdeutschen Bundesländern kaufen kann. Zehn Jahre ist es jetzt her, dass sie damit in eine Marktlücke stieß. Denn "Kathis Kuchenmehl", "Spreewälder Gurken" oder "Bautzner Sauerkraut" waren sonst kaum mehr zu finden. In Schälers Geschäft ist das anders. Auf 350 Quadratmetern gibt es beinahe alles, was zwischen der Ostseeinsel Rügen im Norden und dem Erzgebirge im Süden des früheren DDR-Gebiets hergestellt wird.

Zum Beispiel "Rotkäppchen"-Sekt. In der DDR war der Sekt mit der roten Verschlusskappe mit zuletzt 15 Millionen Flaschen Sekt pro Jahr legendär, aber nach der Wende ging auch "Rotkäppchen" pleite. 1991 wurden nur noch eine Million Flaschen verkauft. Eine Gruppe von ehemaligen Mitarbeitern schaffte es dennoch, die Kellerei in die Markwirtschaft und zum Erfolg zu führen. Inzwischen hat "Rotkäppchen" sogar die West-Unternehmen "MM Extra", "Jules Mumm" und "Geldermann" übernommen.

Die Eigentümer sitzen im Westen

Spreewaldgurken (Foto: dpa)
Aus Boblitz nahe Lübbenau kommen die beliebten SpreewaldgurkenBild: dpa

Der Erfolg der ostdeutschen Kellerei ist eine Ausnahme. Denn in der Regel kauften nach der Wende große Unternehmen aus dem Westen die Produktionsbetriebe und mit ihnen die Markennamen aus dem Osten auf. Zwanzig Jahre nach der Wende erinnert bei vielen Ostprodukten nur noch der Name an die DDR, der Inhalt und die Verpackung werden von westdeutschen Konzernzentralen bestimmt. Florena ist eine Tochterfirma des Beiersdorf-Konzerns, zum dem auch Nivea gehört. Bautzner Senf, der deutschlandweit mit einem Marktanteil von derzeit gut 22 Prozent führend ist, wird zwar in Sachsen produziert, die Firmenzentrale befindet sich jedoch im bayerischen Unterhaching. Und das Waschmittel Spee wird erfolgreich vom Düsseldorfer Henkel-Konzern vermarktet.

Vielfach erleben ostdeutsche Produkte aber auch eine Renaissance als regionaltypische und heimische Angebote. "Hallorenkugeln" aus Halle, Ketchup aus Werder, Teigwaren aus Riesa und Knäckebrot aus Burg verkörpern bei den meisten Menschen heute weniger das Lebensgefühl vergangener Tage als vielmehr die Sehnsucht nach einem Stück ganz aktueller Heimat.

Autorin: Sabine Kinkartz

Redaktion: Dirk Eckert