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'Alles für meinen Vater'

Jörg Taszman / Ba23. Januar 2009

Warum nicht träumen, auch wenn in der Realität die Waffen sprechen? Der israelische Film "Alles für meinen Vater" zeigt die Menschen hinter dem Nahost-Konflikt. Dafür wagt sich der Regisseur auch an "heilige Kühe".

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Die Jüdin Keren. eine junge Frau mit punkiger Frisur, legt ihren Kopf an die Schulter des Selbstmordattentäters Tarek
Zarte Liebe im Nahost-Konflikt: die Jüdin Keren und der Palästinenser Tarek

Mit dem zehn Millionen Euro teuren Fernsehfilm "Die Luftbrücke" hat sich der israelische Regisseur Dror Zahavi einen Namen gemacht. Seit mehr als 20 Jahren lebt er in Deutschland; studiert hat er in der DDR an der Filmhochschule in Babelsberg. Zur Zeit verfilmt er die Autobiographie des Literaturpapstes Marcel Reich-Ranicki. Jetzt aber kommt ein ganz anderer Film von ihm in die deutschen Kinos: "Alles für meinen Vater" - über einen palästinensischen Selbstmordattentäter in Tel Aviv.

"Shabbat Shalom Maradona" lautet der internationale Titel des Filmdramas, in dem Zahavi für Verständigung und Toleranz plädiert. Im Mittelpunkt steht der Palästinenser Tarek, der einst ein hoffnungsvoller Fußballer in einem israelischen Team war. Als Kicker war Tarek der ganze Stolz seines Vaters – und der gilt deswegen nun als Kollaborateur der Israelis. Tarek möchte die Ehre des Vaters retten, indem er sich auf einem viel besuchten Markt in Tel Aviv in die Luft sprengen will. Aber dann versagt der Auslöser. Herr Katz, der ein Elektronikgeschäft führt, soll ihm den Zünder reparieren. Aber weil der Schabbat beginnt, muss Tarek warten.

Der grün gekleidete Selbstmordattentäter Tarek (Shredy Jabarin) steht mit dem Rücken zur Wand an einer grauen Betonmauer
Zerrissenes Land: Selbstmordattentäter Tarek (Shredy Jabarin) steht an einer israelischen MauerBild: picture-alliance/ dpa

Heilige Kühe geschlachtet

"Alles für meinen Vater", wie der Film nun in Deutschland heißt, erzählt von einer Annäherung zwischen einigen Israelis wie Katz und der jungen Frau Keren und dem Palästinenser Tarek. In mancher Hinsicht eine Provokation für die Landsleute des Regisseurs Dror Zahavi. Er habe gleich an drei Tabus gerührt, ist Zahavi überzeugt: die Art und Weise, wie er die religiösen Israelis darstellt, wie er die israelische Armee in seinem Film behandelt, und wie er mit einem Holocaust-Überlebenden umgeht. "Drei heilige Kühe", sagt er, "die eine Herausforderung für das israelische Publikum darstellen".

Dror Zahavi zeigt die Zerrissenheit innerhalb der israelischen Gesellschaft. Da ist der alte Jude Katz, der seinen Sohn bei einer Übung der israelischen Armee verloren hat, und ein rassistischer Polizist, der in Tarek sofort den Terroristen wittert. Und die junge, punkige Keren, die aus einer orthodoxen Familie stammt und verstoßen wurde, weil sie schwanger war. Zwischen Tarek und Keren beginnt eine platonische, sanfte Romanze.

Portrait des Regisseurs Dror Zahavi
Der israelische Regisseur Dror ZahaviBild: AP


Hinter jedem Attentäter steckt ein Mensch

Dror Zahavi wollte bewusst keinen politischen Film drehen, sondern eine Parabel. Für ihn besteht die Aufgabe der Kunst in Israel nicht darin, die Realität abzubilden wie sie ist, sondern wie sie sein könnte: "Hätte ich in diesem Film die Realität dargestellt, nämlich dass wir uns in einer in einer explosiven Situation und einer ausweglosen Sackgasse befinden, dann hätte ich als Künstler gar nicht gewusst, warum ich den Film machen muss."Denn Zahavi will nicht dokumentieren, sondern etwas bewirken: "Ich wollte zeigen, dass hinter den Sprengsätzen und hinter diesen Videos, die die Attentäter hinterlassen, Menschen stecken, die unter anderen Umständen anders hätten sein können."

Das mag sich naiv anhören, aber der Film "Alles für meinen Vater" funktioniert, weil er sich Zeit nimmt und gekonnt zwischen Tragik und Humor schwankt. Spannend ist der Film bis zuletzt, weil man nie weiß, ob Tarek sein Attentat noch ausführen wird oder nicht. Es sind vor allem die relativ unbekannten Schauspieler, die den Film tragen. Thematisch ist Dror Zahavi ein großes Risiko eingegangen, aber sein Plädoyer für das Gemeinsame wirkt überzeugend. Auch wenn die Politiker derzeit wieder auf Gewalt setzen, zeigt Dror Zahavi, dass zwischenmenschlich auch andere Lösungen möglich sein können.