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Die Schande von Mügeln

Daniel Scheschkewitz20. August 2007

In Sachsen sind acht Inder von einem grölenden Mob zum Teil schwer verletzt worden. Gerade in Ost-Deutschland muss man fragen, ob genug gegen Rechts getan wird, meint Daniel Scheschkewitz.

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Bild: DW

Wer lange genug im Ausland gelebt hat, weiß wie sensibel man dort auf Nachrichten aus Deutschland reagiert, in denen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zum Ausdruck kommen. Vor allem, wenn sie mit schwerer körperlicher Gewalt einher gehen. Und das umso mehr , wenn sie aus einem Teil Deutschlands kommen, der wie die Region südlich von Leipzig, als eine Hochburg der Rechten gilt. Die brutale Hetzjagd auf Inder in Mügeln lässt umso mehr aufhorchen, als Vertreter anti-rassistischer Netzwerke immer wieder auf die Gefährdung von Ausländern in manchen Gegenden Ostdeutschlands hingewiesen haben. Es gab offenbar in diesem Fall sogar konkrete Hinweise darauf, dass die Veranstaltung Besuch von gewaltbereiten Skinheads erhalten sollte.

Zum Glück kamen die Betroffenen diesmal mit dem Leben davon. Die traumatische Erfahrung indes bleibt. Ebenso wie die Spuren der schweren Schnittverletzungen , die ihnen ein offenbar ausländerfeindlicher Mob zugefügt hat, dem die Polizei nur mit Mühe und unter großer Gefährdung des eigenen Personals Einhalt gebieten konnte.

Beschämende Tatsachen

Wie organisiert die Gewalt war und ob sie tatsächlich aus dem Neonazi-Umfeld kam, werden die Ermittlungen zeigen müssen. Es bleibt die beschämende Tatsache, dass sich in Mügeln die Bevölkerung nicht vor die ausländischen Festbesucher gestellt hat. Daran kann auch die Aussage des Bürgermeisters nichts ändern, der die Schuld am Überfall "ortsfremden" Krawallmachern gab. Offenbar sind auch über zehn Jahre nach den Vorfällen in Hoyerswerda oder Rostock im Osten Deutschlands immer noch Dinge möglich, die unsere Gesellschaft insgesamt nicht tolerieren kann. Deshalb war es gut, dass der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt keinen Moment gezögert hat, sich vor Ort umfassend über den Vorfall zu informieren und seiner Abscheu klar und deutlich Ausdruck verliehen hat.

Doch dabei darf es nicht bleiben. Die politisch Verantwortlichen in Deutschland insgesamt müssen sich fragen, ob genug getan wird, um für Aufklärung und Prävention zu sorgen – auf schulischer Ebene, in der Sozialfürsorge, aber auch im Bereich der strafrechtlichen Aufarbeitung und kriminellen Prävention. Dabei kann es sich nicht nur darum gehen, Deutschlands Ruf im Ausland zu bewahren. Dass wir ein im Grunde gastfreundliches Land sind, hat die WM im letzten Jahr ja eigentlich unter Beweis gestellt. Deutschland muss aber um seiner eigenen Zukunft willen, den dauerhaften Umgang mit Fremden lernen - auch dort, wo Arbeitsplätze Mangelware sind.

Wie weit wir auch in Westdeutschland von diesem Zustand noch entfernt sind, zeigt der Zwischenfall, ebenfalls vom vergangenen Wochenende, bei dem sich der deutsche Nationalspieler Gerald Asamoah beim Spiel Schalke gegen Dortmund vom Torwart der gegnerischen Mannschaft als "schwarzes Schwein" beschimpfen lassen musste. Auch das ist ein Skandal!

Schmerzhafte Grenzen

Ob als afrikanisches Einwandererkind in der Bundesliga oder indischer Tuchhändler in Sachsen: Auch die Integrationswilligen stoßen hierzulande leider immer noch viel zu oft an schmerzhafte Grenzen. Wer von den Einwanderern Integrationsbereitschaft erwartet, muss sie dann auch zu schützen bereit sein: Vor körperlicher Gewalt im Alltag und vor verbalen Entgleisungen im Sport.