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Von einfallslos bis albern

7. Mai 2009

Der Wettbewerb für das "Nationale Freiheits- und Einheitsdenkmal" auf dem Berliner Schlossplatz ist gescheitert. Jetzt zeigt eine Ausstellung der Entwürfe, warum. Wir haben bei einem Jury-Mitglied nachgefragt.

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Plakat zur Ausstellung der WettbewerbsarbeitenFoto: Foto: Arno Burgi dpa
Plakat zur Ausstellung der WettbewerbsarbeitenBild: picture-alliance/ dpa

Von einfallslos bis albern war alles dabei: zu viele Säulen, Kugeln, Bänder, Treppen, dann aber auch Schlümpfe, die auf eine Mauer klettern, Eier, Ringe, Knoten, und natürlich viel Schwarz-Rot-Gold. Insgesamt 532 Einsendungen, die von 19 Juroren begutachtet wurden. Einer von ihnen ist Richard Schröder, Professor an der Humbold-Universität Berlin.

DW-WORLD.DE: Warum ist dieser Wettbewerb gescheitert?

Richard Schröder: Das kann man nicht genau sagen, aber es gibt drei Punke, die dazu beigetragen haben. Zum einen hat man die europäische Dimension einbezogen und damit die Sache überfrachtet. Der zweite Punkt ist, dass man einen Gedenkort in die Ausschreibung mit reingenommen hatte. Die Folge war, dass viele Vorschläge wie eine Ausstellungshalle oder Ähnliches enthielten. Das sind Dinge, aus denen man lernen muss. Der dritte Punkt ist: eine offene Ausschreibung führt natürlich dazu, dass man auch viel Unsinniges gezeigt bekommt. Schlümpfe ersteigen die Mauer. Da kann man nicht sagen, ob die Absender das wirklich ernst gemeint haben. Deshalb sollte man sich nur an Künstler wenden, die sich schon mal in Sachen Denkmal bewährt haben.

Es gab 532 Vorschläge – waren tatsächlich alle unbrauchbar?

Denkmal-Entwurf Foto: Bundesstiftung Aufarbeitung/Bernadette Boebel dpa
Denkmal EntwurfBild: picture-alliance/ dpa

Auf das Thema bezogen ja. Sicher gab es ästhetisch ansprechende Entwürfe. Aber eine Kugel oder ein Band aus Metall sind ausgesprochen unspezifisch. Da haben wir keine Möglichkeit gesehen, das weiter zu entwickeln. Dann gab es Vorschläge von Aktionskünstlern. Das ist in meinen Augen grundsätzlich indiskutabel. Und es gab auch Beispiele, die mehr in den Bereich der Architektur gehörten als dass sie als Denkmal geeignet gewesen wären.

Wie geht es jetzt weiter mit dem Freiheits- und Einheitsdenkmal?

Die Jury hat ihre Arbeit beendet. Jetzt muss ein neuer Wettbewerb ausgeschrieben werden und das ist natürlich Aufgabe des Bundestages oder der von ihm beauftragten Stellen der Bundesregierung. Dann wird es eine neue Jury geben und man wird aus Schaden klug geworden sein, und den Ausschreibungstext präzisieren.

Brauchen wir ein solches Denkmal überhaupt?

Das Holocaust-Mahnmal in Berlin Foto: AP/ Markus Schreiber
Holocaust-Mahnmal in BerlinBild: AP

Ich glaube, wir brauchen es, und zwar aus folgendem Grund: wir haben mit großer Anstrengung das riesige Holocaust-Denkmal neben dem Brandenburger Tor errichtet. Aber kein Volk kann sich allein aus dem Gedenken an das Versagen ermuntern lassen. Dass die deutsche Geschichte, die im 20. Jahrhundert so viel Schreckliches gebracht hat, am Ende doch noch zehn glückliche Jahre hatte, das darf nicht untergehen. Berlin-Besucher sollen auch an einer Stelle daran erinnert werden, es gab das Jahr 1989, es gab das Jahr 1990.

Ist nur Berlin der Ort für ein solches Denkmal?

Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1999 Foto: AP Photo/ Jan Bauer
Feier zum 10. Jahrestag der WiedervereinigungBild: AP

Ich finde es in Ordnung, wenn auch an anderen Orten Denkmäler errichtet werden, zum Beispiel in Leipzig, wo mit den Montags-Demonstrationen alles angefangen hat. Und an anderen Orten sind zur Erinnerung Bäume gepflanzt worden. Aber in Berlin das erfreulichste Ereignis des 20. Jahrhunderts zu dokumentieren, das steht der Hauptstadt gut an.

Das Interview führte Petra Nicklis

Redaktion: Conny Paul