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Schweden übernimmt Ratspräsidentschaft

1. Juli 2009

Schwedens Ministerpräsident will sich während der EU-Ratspräsidentschaft seines Landes vor allem auf eines konzentrieren: die Klimapolitik. Sein Volk hingegen ist weniger engagiert in Europafragen.

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Flaggen der Europäischen Union und Schwedens (Montage: DW)
Schweden gilt als mittelmäßig an der EU interessiertBild: DW

Im Informationsbüro der EU in Stockholm hat Cecilia Möller Beratungsdienst. Die junge Frau nimmt das erste Gespräch des Tages an. Ein Anrufer will wissen, wann das neu gewählte Europaparlament seine Arbeit aufnimmt. Solche Fragen kämen eher selten, sagt sie. Die meisten Anrufer grübelten über Alltagsprobleme: Ob man einen Pass mitnehmen müsse, wenn man zu seiner Cousine nach Belgien fahre oder wie man ein Auto importieren könne. "Gestern hatte ich einen Mann am Telefon, der von Deutschland nach Schweden umgezogen ist. Hier wollte ihm eine Telefongesellschaft keinen Telefonanschluss freischalten, er sollte erst acht Monate im Land gelebt haben. Das kam mir etwas merkwürdig vor", erzählt Möller.

7000 Anfragen haben Cecilia Möller und ihre 13 Kollegen im vergangenen Jahr beantwortet. In diesem Jahr sind sie schon nach fünf Monaten bei über 5000 Kontakten per Mail und Telefon. Das hängt aber nicht nur mit der bevorstehenden EU-Ratspräsidentschaft zusammen. Immer mehr Schweden interessieren sich für die EU. Ob sie der Union gegenüber dabei auch immer positiver eingestellt sind, sei schwer zu sagen, so Möller. "Es ist kein ganz deutlicher Trend, aber ich merke, dass nicht mehr so viele Menschen anrufen, die ein 'Nein' zur EU propagieren wollen. Viele haben eine ganz normale kritische Einstellung, aber das finde ich richtig."

Schweden lange wenig EU-begeistert

Blick auf Stockholm
In Stockholm sind die Meinungen zur EU gemischtBild: Illuscope

Die Volksabstimmung über die Mitgliedschaft Schwedens in der EU vor 15 Jahren fiel ganz knapp für die Union aus. Bei der Abstimmung über den Euro 2003 gewannen die Neinsager mit geringem Vorsprung. Dass viele Schweden der Europäischen Union gegenüber kritisch eingestellt sind, hängt nicht nur mit der Lage des Landes am Rande Europas zusammen. Es ist vor allem die Befürchtung, sich als kleines Land nur schlecht Gehör verschaffen zu können. Doch mit der Finanzkrise wendet sich die Stimmung.

Auch die schwedischen Grünen forderten längst nicht mehr den Ausstieg Schwedens aus dem Bündnis, sagt Per Gahrton, der für die Partei zehn Jahre im Europaparlament gesessen hat. Kritisch sind sie jedoch noch immer: "Es gibt so viele Dinge in der EU, die man ausschalten sollte: Gleichschaltungswahnsinn, Großmachtwahnsinn, Zuwachswahnsinn und vieles anderes. Ohne diese Dinge wäre die EU ganz gut." Gahrton meint, man baue mit der EU einen Staat - und das gehe schief. Man könnte eine solche Konstruktion hier nicht durchsetzen, denn Europa könne nicht wie die Vereinigten Staaten von Amerika werden. "Aber eine Konföderation, eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit mit einigen überstaatlichen Befugnissen, das wäre das Beste", meint der Politiker.

Stimmung gemischt

Symbolbild Europawahl (DW-Grafik)
43 Prozent der Schweden sind bei der Europawahl zur Urne gegangen

Auf dem Heumarkt im Zentrum Stockholms stehen hinter den Ständen mit Obst, Gemüse und Blumen stehen vor allem Einwanderer, die Kunden sind Touristen und Stockholmer. Die Einstellung zur EU ist hier gemischt: Die einen meinen, die EU sei gut für das Land, denn sie schaffe Geborgenheit. Auch solle Schweden seine Währung wechseln, denn dann müsse man kein Geld tauschen, wenn man ins Ausland reise. Andere haben mit der EU kein gutes Gefühl: Die Arbeitslosigkeit sei nach dem Beitritt gestiegen und das Geld für Jugendeinrichtungen gekürzt worden, dabei seien kriminelle Jugendgangs in Schweden ein großes Problem.

43 Prozent der Schweden würden derzeit für den Euro stimmen, elf Prozent mehr als noch vor einem Jahr, sagt Cecilia Möller vom EU-Informationsbüro. Daran hat vor allem die Finanzkrise ihren Anteil. Die schwedische Krone hat gegenüber dem Euro seit Herbst 2008 mehr als zehn Prozent ihres Wertes verloren. Das sei auch ein Thema, wenn Anrufer sie für die EU-Politik verantwortlich machten, sagt Annika Öhlin Hägglund vom EU-Informationsbüro: "Unsere Aufgabe ist es, zu informieren. Doch manchmal müssen wir auch Beschimpfungen über uns ergehen lassen. Und meistens geht es dann darum, dass die Union zu viel Geld kostet."

Autorin: Agnes Bührig
Redaktion: Mareike Röwekamp

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