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Die selbsternannten Retter der Welt

Astrid Prange, Fortaleza16. Juli 2014

Endlich haben die BRICS-Staaten einen gemeinsamen Nenner: Eine neue Entwicklungsbank und einen eigenen Währungsfonds. Beide Institutionen sollen dazu beitragen, die globalen Machtstrukturen zu verschieben.

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Die Präsidenten der BRICS-Staaten: Wladimir Putin, Narendra Modi, Dilma Rousseff, Xi Jinping und Jacob Zuma (v.l.n.r.) (Foto: REUTERS/Nacho Doce)
Bild: Reuters

Es war ein Gruppenbild mit Dame. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff saß in der Mitte, umringt von ihren vier Amtskollegen Wladimir Putin, Xi Jinping, Jacob Zuma (Südafrika) und Indiens Premierminister Narendra Modi. Zufrieden blickten die Staatschefs von der Bühne des Kongresszentrums hinunter ins Plenum.

"Wir tragen dazu bei, die internationalen Beziehungen zu demokratisieren", schwärmte Chinas Präsident Jingping. Alle BRICS-Staaten seien Länder der Zukunft und würden mit ihrer positiven Energie und ihren Vorstößen die internationale Gemeinschaft bereichern. Die Staatschefs sparten in Fortaleza nicht mit bedeutungsschweren Worten. Sie feierten die Gründung der neuen Entwicklungsbank als "historischen Moment", lobten das "wachsende Prestige" der Gruppe, und proklamierten eine "neue Ära globaler Machtstrukturen".

Fingerzeig gen Washington

Die finanzielle Ausstattung der neuen Entwicklungsbank mit Sitz in Schanghai setzt bewusst einen Kontrapunkt zu den alten Machtstrukturen von Weltbank und Internationalen Währungsfonds (IWF). Zum Stammkapital in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar trug jedes BRICS-Land mit zehn Milliarden Dollar gleichermaßen bei.

"Bei der Weltbank haben die USA ein Vetorecht, bei der BRICS-Bank sind alle Anteilseigner gleichwertig", erklärte Brasiliens Finanzminister Guido Manteiga. Außerdem sei die Präsidentschaft der Entwicklungsbank nicht einem bestimmten Kontinent vorbehalten, der Vorsitz wechsle alle fünf Jahre zwischen den BRICS-Staaten. Der erste Präsident der Bank soll aus Indien kommen.

Neben der neuen Entwicklungsbank wurde auf dem Gipfel in Fortaleza auch ein alternativer Währungsfonds auf den Weg gebracht. Die fünf Staatschefs unterzeichneten die Gründungsurkunde für das sogenannten Contingent Reserve Arrangement (CRA). Der Fonds soll mit 100 Milliarden Dollar ausgestattet werden und Mitgliedsstaaten in Zahlungsschwierigkeiten vor Finanzklemmen bewahren.

Für die BRICS-Staaten, die zurzeit über die weltweit höchsten Devisenreserven verfügen, bietet die Institution eine gute Möglichkeit, die Devisen gewinnbringend anzulegen. China steuert mit 41 Milliarden Dollar den größten Teil des Kapitalstocks bei. Indien, Brasilien und Russland zahlen jeweils 18 Milliarden Dollar ein, Südafrikas Anteil liegt bei fünf Milliarden Dollar.

Konkurrenz aus dem Süden

Auch beim CRA unterscheiden sich die Strukturen vom Internationalen Währungsfond. Rettungskredite bis zu 30 Prozent der Einlage eines BRICS-Staates können mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Größere Kredite brauchen die Zustimmung aller Mitglieder.

Die Staatschef der BRICS-Staaten auf der Bühne: Wladimir Putin, Narendra Modi, Dilma Rousseff, Xi Jinping und Jacob Zuma (v.l.n.r.) (Foto: REUTERS/Nacho Doce)
Die Staatschefs der BRICS-Staaten in Fortaleza: "internationalen Beziehungen demokratisieren"Bild: Reuters

Mit der Gründung des Fonds reagieren die BRICS-Staaten auf den Reformstau beim Internationalen Weltwährungsfonds (IWF). Bei der Frühjahrstagung von Weltbank und IWF im April dieses Jahres war die bereits 2010 beschlossene Reform des IWF am Veto des amerikanischen Kongresses gescheitert. Ziel der Reform war unter anderem eine Verschiebung der Stimmrechte zugunsten der Entwicklungs- und Schwellenländer um sechs Prozent.

"Wir bleiben enttäuscht und besorgt über den Reformstau beim IWF. Er beeinträchtigt die Legitimität, Effizienz und Glaubwürdigkeit des IWF", heißt es in der gemeinsamen "Fortaleza Erklärung" der fünf BRICS-Staaten. "Wir plädieren für eine internationale Finanzarchitektur, die Entwicklungshemmnisse entschlossener überwindet und leisten dazu unseren Beitrag."

Kritiker müssen draußen bleiben

Enttäuscht waren auch die Vertreter von sozialen Bewegungen, die sich in Fortaleza zu einem Gegengipfel trafen. Denn ihnen war der Zugang zum offiziellen BRICS-Treffen verwehrt. Und nicht nur ihre kritischen Fragen, beispielsweise welche Art von Infrastrukturvorhaben von der neuen Entwicklungsbank finanziert werden sollen, blieben unbeantwortet. Auch Fragen von Journalisten waren unerwünscht. Nur die brasilianische Regierung machte in der Phalanx der Mächtigen eine Ausnahme.

Gipfeltreffen der BRICS-Staaten in Fortaleza, Blick in den Tagungssaal (Foto: REUTERS/Nacho Doce)
Kritische Fragen bleiben unbeantwortet: Der Gipfel der BRICS-Staaten in FortalezaBild: Reuters

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff nahm sich Zeit für eine Pressekonferenz und lobte die "BRICS-Familie" in höchsten Tönen. "Die neuen Banken werden das Wachstum innerhalb der BRICS-Gruppe ankurbeln und die riesige Lücke beim Finanzierungsbedarf von Infrastrukturprojekten verringern, sie sind eine Ergänzung, keine Konkurrenz zu IWF und Weltbank", erklärte sie. "Dies ist extrem positiv und kann das internationale Bankensystem gerechter machen."