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Das 19. Album der Toten Hosen

Ralf Kennel26. November 2008

Die Toten Hosen sind eine der erfolgreichsten deutschen Bands überhaupt: Mehr als 22 Millionen verkaufte Alben in 26 Jahren - damit hat die Düsseldorfer Punkrockband Maßstäbe gesetzt.

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Die Band "Die Toten Hosen".
Bild: picture-alliance/ dpa/dpaweb
Toten Hosen-Sänger Campino singend am Mikrofon
Sänger Campino von den Toten Hosen.Bild: AP

Während Campino und Co in ihren Anfangstagen von vielen belächelt wurden, haben sie spätestens mit ihrem wegweisenden Album „Ein kleines bisschen Horrorshow“ und ihrem Hit „Hier kommt Alex“ auch die schärfsten Kritiker überzeugt. Jetzt ist das mittlerweile 19. Album der Toten Hosen erschienen: "In aller Stille".

Wie die sechs Alben zuvor ist auch „In aller Stille“ direkt auf Platz eins der deutschen Album-Charts eingestiegen. Die Pause vor den Aufnahmen zum neuen Album hat den Hosen hörbar gut getan.

Der Punk als Schauspieler

Zum ersten Mal in einem Vierteljahrhundert Hosen-Geschichte haben die Toten Hosen ein Jahr lang nichts getan, zumindest nicht gemeinsam. Während der Schlagzeuger sich seinen zahlreichen Nebenprojekten widmete, die Gitarristen durch die Welt gereist sind, hat Sänger Campino Theater gespielt. In der „Dreigroschenoper“ in Berlin spielte er unter der Regie von Klaus-Maria Brandauer, und in Wim Wenders Film „Palermo Shooting“ íst er der Hauptdarsteller. Diese beiden Arbeiten haben auch die Songs des neuen Albums beeinflusst. „In jedem Fall“, sagt Campino im DW-Interview, „habe ich über die Beschäftigung mit dem Theater und dem Film wieder mehr Spaß an der Sprache entwickelt und vor allem in der Theaterzeit unglaublich zuschauen können, wie Leute mit Worten umgehen, wie die geradezu Sprechtanz zelebrieren.“ Klaus Maria Brandauer ist für Campino „der König des Timings und der Pausen“.

Sänger Campino von den Toten Hosen.
Sänger Campino von den Toten Hosen.Bild: picture-alliance/dpa

Neue Nachdenklichkeit

In den Texten der Toten Hosen hat sozusagen die „neue Nachdenklichkeit“ Einzug gehalten. Sämtliche inhaltlichen Belanglosigkeiten sollten vermieden werden. Und so ist diesmal auch kein Gassenhauer für den Ballermann dabei. Die Zeiten von „Zehn kleine Jägermeister“ sind vorbei. „Witzigkeit ist ja eigentlich nichts Schlechtes. Aber wenn das als Quote erfüllt werden muss, weil eine Erwartungshaltung erfüllt werden muss, dann muss man sich davon verabschieden“, meint Campino, der keine Angst hat vor Zeiten, in denen einem nichts Witziges einfällt.

Die Düsseldorfer Punk-Band Die Toten Hosenpg
Bild: dpa

Nicht nur auf dem Cover des Albums ist ein Totenkopf abgebildet, der einen Kopfhörer trägt - auch inhaltlich setzt sich Campino in den neuen Songs immer wieder mit dem Thema Tod und Vergänglichkeit auseinander. Seine gescheiterte Beziehung zur Schauspielerin Karina Krawzyk und die Fern-Beziehung zu seinem Sohn Lennie nahm der 46jährige Sänger zum Anlass, persönlich gefärbte Songs zu schreiben.

Auch mal singen, nicht nur bellen

Musikalisch gibt es auf „In aller Stille“ wieder alt Bewährtes von den Hosen. Druckvolle Punkrocksongs mit eingebauter Mitgröhlgarantie. Allerdings überraschen die Düsseldorfer auch mit drei ruhigeren Nummern und zum ersten Mal mit einem Duett. Mit der österreichischen Schauspielerin Birgit Minichmeyer hatte Campino bereits in der „Dreigroschenoper“ gespielt und gesungen.

Stimmlich nimmt sich Campino auf dem neuen Album sehr zurück. Früher hat er gerade in den lauten Passagen oft ein Krächzen beim Gesang nicht vermeiden können. Auf „In aller Stille“ klingt seine Stimme viel variantenreicher als früher - im Rahmen seines Spektrums, versteht sich. Campino selbst steht inzwischen dazu, „auch mal ein Lied zu singen und nicht nur zu bellen.“

Campino glücklich in Palermo

Die Arbeit am Theater in Berlin hat Campino nachhaltig beeindruckt. Nicht nur im positiven Sinne. Denn Eitelkeiten und Missgunst an der Bühne – so etwas kennt er aus der „heilen Toten-Hosen-Welt“, wo die Teamleistung im Vordergrund stehe, überhaupt nicht, wie er sagt. Deshalb fühlte er sich auch am Filmset viel wohler. In Wim Wenders Film „Palermo Shooting“ spielt der Hosen-Sänger einen Fotografen. Und auch falls die Kritiken seine schauspielerische Leistung zerreißen würden, die sechs Wochen in Palermo mit Wenders und dessen Frau Donata kann ihm keiner mehr nehmen. „Wenn es nach mir ginge, würde ich den Film heute noch drehen. Und er müsste nie gezeigt werden. Das wäre mir alles wurscht, das war einfach so eine tolle Zeit. Vor allem die sechs Wochen in Palermo. Da bin ich morgens aufgewacht und zum ersten Mal seit langer Zeit wieder richtig glücklich gewesen.“

Camino und Wim Wenders vor den Dreharbeiten zu "Palermo Shooting".
Camino und Wim Wenders vor den Dreharbeiten zu "Palermo Shooting".Bild: AP