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Die Suche nach den Milliarden Mubaraks

17. Februar 2011

Milliarden Dollar soll Husni Mubarak während seiner Amtszeit veruntreut haben. Die internationale Gemeinschaft versucht, das Vermögen zu finden und dem ägyptischen Volk wiederzugeben. Aber dazwischen liegen viele Hürden.

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Ex-Präsident Husni Mubarak muss um sein Vermögen fürchten. (Foto: AP)
Ex-Präsident Husni Mubarak muss um sein Vermögen fürchten.Bild: AP

Geschätzte 70 Milliarden Dollar sollen Ex-Präsident Husni Mubarak und seine Familie während seiner Amtszeit abgeschöpft und außer Landes geschafft haben. Nicht einmal Bill Gates verfügt über so viel Geld. Mubaraks Vermögen steckt in Schweizer Konten, in französischen Immobilien und an unzähligen anderen Stellen auf der ganzen Welt. Bis zumindest ein Teil davon wieder an das ägyptische Volk zurückgehen kann, ist es noch ein langer Weg.

Bevor Mubaraks Vermögen wieder verschwindet – und dieses Mal dahin, wo es unauffindbar ist – sperren jetzt viele Länder alle verdächtigen Konten des gestürzten Präsidenten und seines Gefolges. Am schnellsten reagiert hat die Schweiz: "Die Konten wurden wirklich eine halbe Stunde nach dem Sturz des Mubarak-Regimes eingefroren, das heißt seit diesem Moment können sie absolut nicht mehr bewegt werden", sagt Valentin Zellweger, Chef der Schweizerischen Direktion für Völkerrecht.

Der ägyptische Präsident Husni Mubarak, seine Söhne Alaa und Gamal sowie seine Frau Suzanne könnten alle an der Veruntreuung ägyptischer Gelder beteiligt sein. (Foto: dpa)
Der ägyptische Präsident Husni Mubarak, seine Söhne Alaa und Gamal sowie seine Frau Suzanne könnten alle an der Veruntreuung ägyptischer Gelder beteiligt seinBild: picture-alliance/dpa

Verdächtige Milliarden in der Schweiz

Die schnelle Reaktion der Schweizer Banken hat ihren Grund: Sie sind nach wie vor ein beliebter Ort, um illegal erworbene Gelder zu parken. "Bei uns besteht eine erhöhte Sensibilität für diese Fragen", sagt Zellweger. Bei ihren Ermittlungen gegen Geldwäscher aus Entwicklungsländern ist die Schweiz am erfolgreichsten. Sie hat im internationalen Vergleich mit Abstand das meiste Geld an betroffene Staaten zurückgesendet, insgesamt 1,7 Milliarden Dollar.

Neben der Schweiz hat Kairo mittlerweile auch an Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die EU formale Anträge gestellt, die Konten von verschiedenen Mitgliedern des Regimes einzufrieren. Ab diesem Punkt allerdings wird es schwierig: Staaten können Konten zwar leicht einfrieren, wenn der Verdacht besteht, dass es sich um schmutziges Geld handelt. Den Verdacht beweisen und das Geld wieder an die rechtmäßigen Eigentümer zurückschicken, können die Länder aber nur in enger internationaler Zusammenarbeit. Die bringt jedoch viele Hürden mit sich. "Es gibt sehr komplizierte rechtliche Fragen, die es zu lösen gilt. Oft stehen sich da unterschiedliche rechtliche Traditionen und Kulturen gegenüber", sagt Zellweger. "Je stärker das Vertrauensverhältnis zwischen den Behörden zweier Länder ist, desto eher können diese Fälle gelöst werden." Denn auch wenn jeder Schritt genauen rechtlichen Vorgaben entsprechen muss, gehört auch viel Diplomatie zu den Verhandlungen.

Der lange Arm der Geldwäscher

Die Ermittlungen gegen Mubarak folgen auf wochenlange Proteste in Kairo und seinen Rücktritt als Präsident. (Foto: AP/dapd)
Die Ermittlungen gegen Mubarak folgen auf wochenlange Proteste in Kairo und seinen Rücktritt als PräsidentBild: dapd

Zu den Schwierigkeiten kommt außerdem hinzu, dass abgesetzte Despoten in der Regel alles versuchen, um ihr Vermögen zu retten. Der britische Anwalt Tim Daniel arbeitet eng mit der Anti-Korruptionsorganisation 'Transparency International' zusammen. Er hat in der Vergangenheit selbst erlebt, wie hartnäckig korrupte Politiker vor Gericht um ihr unverdientes Vermögen kämpfen. Guter Rechtsbeistand ist vor allem eine Frage der Bezahlung, und die können Mubarak und seinesgleichen problemlos aufbringen, berichtet Daniel: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie einen viel größeren Geldbeutel haben als die, die hinter ihnen her sind. Es ist erstaunlich, wie viele Steine denen in den Weg gelegt werden, die dieses Geld verfolgen."

Sind die Behörden jedoch so weit, dass sie eine Summe rechtmäßig an das betrogene Volk zurück überweisen können, zögern sie oft immer noch. Nach dem großen Aufwand wollen sie sicherstellen, dass das Geld auch Bereichen zugute kommt, die es dringend brauchen, zum Beispiel der Bildung und Sozialversicherungen. Doch es ist die neue Regierung, die darüber entscheidet. "Wenn ein neues korruptes Regime die Führung übernommen hat, besteht immer die Gefahr, dass das Geld nur der nächsten Reihe von plündernden Politikern zugute kommt", sagt Daniel.

Katastrophale Folgen für die Entwicklung

Auch für Ägypten ist es wichtig, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Dort versickern jedes Jahr durchschnittlich 6,3 Milliarden Dollar, die hochrangige Politiker und Geschäftsmänner auf illegalem Weg ins Ausland schaffen. Und das Problem wächst konstant: Die jährlichen Verluste sind im Nahen Osten und Nordafrika seit Anfang des Jahrtausends um ein Viertel gestiegen. Für den Staatshaushalt von Schwellenländern ist das katastrophal. Ohne solche Verluste könnten diese Länder schon viel weiter entwickelt sein.

Mubaraks ergaunerte Milliarden sind zum Teil in der EU und der Schweiz angelegt. (Foto: picture-alliance)
Mubaraks ergaunerte Milliarden sind zum Teil in der EU und der Schweiz angelegtBild: picture-alliance/M.i.S.-Sportpressefoto

Auch alle Hilfe aus dem Ausland wird damit zunichte gemacht: Für jeden Dollar, den die Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit spendet, verschwinden zehn Dollar auf die ausländischen Konten der Despoten. Zurück kommt davon nur ein Bruchteil, berichtet der Anwalt Tim Daniel. Zwischen 30 und 40 Milliarden Dollar würden jedes Jahr in Entwicklungsländern veruntreut. Bis heute konnten, in der Gesamtsumme über alle Jahre, nur fünf Milliarden Dollar wieder eingeholt werden. "Da bekommt man eine Vorstellung davon, wie groß das Problem und wie gering der Erfolg dieser Herausgabeansprüche ist."

Derzeit läuft eine ganze Reihe von Prozessen gegen abgesetzte Staatschefs. Die Schweiz hat auch Konten des ehemaligen ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo und des tunesischen Ex-Präsidenten Ben Ali eingefroren. Schnelle Erfolge bleiben unwahrscheinlich: Wenn überhaupt Gelder wieder zurückfließen, so Daniel, dann erfahrungsgemäß frühestens fünf Jahre später.

Autorin: Annika Reinert

Redaktion: Sven Töniges