1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Super-8-Filme

15. Mai 2009

Das Rattern der Filmprojektoren weckt Erinnerungen an Familienabende, an denen selbst gedrehte Urlaubsfilme angeschaut wurden, und an Kinobesuche mit dem Projektor im Zuschauerraum. Klingt wie gestern? Keineswegs....

https://p.dw.com/p/Hqe5
Der Charme des Unperfekten: Die Filmstills stammen aus Brunderts Filmen - sie zeigen die grobkörnige Unschärfe der Bilder
Der Charme des Unperfekten: Die Filmstills stammen aus Brunderts Filmen - sie zeigen die grobkörnige Unschärfe der BilderBild: Dagie Brundert

Dagie Brunderts Herz schlägt für das Rattern der Super-8-Filme. Seit über 20 Jahren dreht die Berliner Filmemacherin fast ausschließlich auf Super 8. Die kleine und handliche Kamera hat sie fast immer dabei.

Filme mit leichter Magie

Streifen, die viele Herzen höher schlagen lassen
Streifen, die viele Herzen höher schlagen lassenBild: Dagie Brundert

Kaum hat Dagie Brundert eine neue Idee für einen Film in ihrem Kopf, drückt sie auch schon auf den Auslöser. Für ihre kurzen Geschichten ist der Schmalfilm das optimale Format. "Super 8 kommt für mein Empfinden einfach näher ans Objekt heran, du hast immer noch ein bisschen Geheimnis in den Bildern", erklärt sie. "Das Bild wird nicht nur abgebildet, sondern für mich saugt Super-8 die Seele der Dinge auf."

1965 kam Super 8 auf den Markt und war vor allem dafür gedacht, Familienfeiern und Urlaubserinnerungen auf Film zu bannen. Als Dagie Brundert 1988 die Magie dieser grobkörnigen, immer ein wenig unscharf wirkenden Bilder entdeckte, waren die Familienväter von damals bereits auf Video umgestiegen.

Material vom Flohmarkt

Filmszene aus "Foxy Lady in Winterland", gedreht auf Super-8
Filmszene aus "Foxy Lady in Winterland", gedreht auf Super-8Bild: Dagie Brundert

Statt Familienfeiern eroberte das schmale Format seit Ende der 1970er-Jahre die Kunst- und Experimentalfilm-Szene: Unter dem Titel „Alle Macht der Super 8“ tourten Berliner Underground-Filme 1981 durch die Kinos in Westdeutschland, Österreich und der Schweiz. Berlins inzwischen zweit größtes Filmfestival "Interfilm" startete 1982 als Super-8-Film-Festival. Noch heute verschreiben sich Filmemacher, Künstlergruppen und Festivals dem schmalen Format. "Ein Projektor ist eigentlich ein Lagerfeuer: Es wärmt die Seele und macht Spaß. Das ist einfach noch persönlicher und intimer als so ein Beamer", sagt Dagie Brundert, die selbst ihren Projektor ab und zu anwirft und Filme mit dem obligatorischen Rattern schaut.

Das Super-8-Filmmaterial wird heute zwar noch hergestellt, aber Kameras und Projektoren gibt es nur Second Hand. Die Super-8-Filmer sind immer Zweitverwerter, auch in dem Sinn, dass sie oft altes Filmmaterial, so genannten "Found Footage", den sie auf Flohmärkten auskramen, neu zusammen schneiden. Dagie Brundert bedient sich allerdings viel lieber in ihrem eigenen Archiv. "Mir ist es wirklich schon passiert, dass ich einen neuen Film gemacht habe und mir dann einfiel: ‚Meine Güte, ich habe doch mal vor 15 Jahren was auf dem Fahrrad gefilmt, das würde doch jetzt passen.’ Und dann krame ich das wieder raus und gucke, ob ich das verwerten kann", erklärt Brundert.

Revival der Super 8?

Super-8-Filme sind viel Arbeit. Dafür ist die Befriedigung bei Fans um so höher
Super-8-Filme sind viel Arbeit. Dafür ist die Befriedigung bei Fans um so höherBild: Dagie Brundert

Erstaunlicherweise erobert der Schmalfilm noch immer neues Terrain: Seit einigen Jahren tauchen beispielsweise in Musikvideos plötzlich wieder diese grobkörnigen Bilder auf und erreichen dadurch vor allem Jugendliche, die mit dieser Ästhetik vorher nie in Berührung gekommen sind. "In letzter Zeit finden die Leute Super-8 schon wieder richtig cool", merkt Dagie Brundert auch auf ihren Workshops, die sie in Los Angeles, Rotterdam, Dresden und Cambridge hält. Das liege auch an der Übersättigung, sagt die Filmemacherin. Videos könne inzwischen jeder mit seinem Handy machen oder auf Youtube anschauen. "Aber dadurch bekommt es eine Beliebigkeit und deswegen denke ich, dass viele auf anfassbare, alte Materialien zurückkommen".

Der Abgesang auf den Schmalfilm wird jetzt schon seit vielen Jahren gesungen, doch so lange noch funktionstüchtige Kameras im Umlauf sind und Filmrollen hergestellt werden, wird dieses Schmalfilm-Format auf keinen Fall von der Bildfläche verschwinden.

Autor: Grit Krause

Redakteur: Richard A. Fuchs