1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Tampon-Steuer fällt

18. März 2016

Großbritanniens Premier Cameron erringt einen weiteren Sieg auf dem EU-Parkett: Auf dem Gipfel in Brüssel setzte er eine Abschaffung der Tampon-Steuer durch. Das klingt spleenig, könnte aber die Zukunft der EU bestimmen.

https://p.dw.com/p/1IFZD
Brüssel EU Gipfel - David Cameron
Bild: Reuters/F. Lenoir

Tampons haben es wohl noch nie auf die Tagesordnung eines EU-Gipfels geschafft - Großbritanniens Premierminister David Cameron hat es möglich gemacht. Die Staats- und Regierungschefs begrüßten die Absicht der EU-Kommission, "Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, die Mehrwertsteuersätze für Hygieneprodukte auf null zu setzen". Ein entsprechender Passus findet sich im Entwurf der Schlusserklärung.

Die geplante Steuerausnahme ist Folge einer parlamentarischen Rebellion in Großbritannien, die Cameron vor der Volksabstimmung im Juni über den Verbleib in der EU unter Druck setzt. Euroskeptiker haben Brüssel Sexismus vorgeworfen, weil auf weibliche Hygieneartikel in Großbritannien eine fünfprozentige Verkaufssteuer erhoben wird, während Produkte wie Rasierer davon befreit sind. Für Tampons waren allerdings beim britischen EU-Beitritt in den 70er Jahren von der Regierung in London keine Ausnahmen von der Mindest-Mehrwertsteuer von fünf Prozent beantragt worden.

Schnittmenge aus Euroskepsis und Feminismus

Europaskeptische und feministische Abgeordnete haben sich im britischen Unterhaus verbündet, um kommende Woche einen Zusatz zum Haushaltsgesetz durch das Parlament zu bringen, der die Abschaffung der Steuer auf Tampons und Damenbinden verlangt.

Eine Britin im Februar bei einer Protestaktion gegen die Steuer (Foto: dpa)
Eine Britin im Februar bei einer Protestaktion gegen die SteuerBild: picture-alliance/dpa/D.Parry

Im vergangenen Jahr hatten in Großbritannien 300.000 Menschen eine Petition unterzeichnet, die das Aus für die Mehrwertsteuer auf Tampons und Damenbinden fordert. Im November hatte Finanzminister George Osborne bereits versucht, den Rebellen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er kündigte damals an, dass die Regierung die Millioneneinnahmen aus der Tampon-Steuer Frauenorganisationen zur Verfügung stellen werde.

Von dem Brüsseler Steuerbeschluss wurde auch mancher Diplomat anderer Mitgliedstaaten überrascht. Denn während sich bei dem Gipfel eigentlich alles um das geplante Flüchtlingsabkommen mit der Türkei drehte, tauchte die Steuerausnahme versteckt in den bereits verabschiedeten Gipfelschlussfolgerungen zu Wirtschafts- und Energiethemen auf. Diese Fragen hatten die Staats- und Regierungschefs vor dem Abendessen abgehakt.

307 Millionen in 15 Jahren

Obgleich vorerst unklar ist, ab wann die Besteuerungsausnahme gelten wird, machte sie die britische Zeitung "New Day" noch in der Nacht zu ihrem Aufmacher: "Britische Frauen haben mehr als 240 Millionen Pfund (307 Millionen Euro) an Mehrwertsteuer in den letzten 15 Jahren gezahlt", hieß es in großen Lettern auf der Titelseite für die Freitagsausgabe. "Nun scheint es, die Tampon-Steuer ist tot." Eine Abgeordnete der Schottischen Nationalpartei (SNP) twitterte, das Ende der Steuer sei "ein großer Sieg".

Auch in anderen Ländern ist die Tampon-Steuer ein Thema. Im Dezember hatte das französische Parlament beschlossen, die Steuern für Frauen-Hygieneartikel von bisher 20 auf 5,5 Prozent zu senken. Der Schritt kostet den Staat rund 55 Millionen Euro jährlich. Neben Frankreich und Großbritannien haben in der EU auch Irland, Spanien und die Niederlande die Steuer auf einen Niedrigsatz gesenkt.

Die Gipfelentscheidung bezieht sich auf einen Aktionsplan der Kommission zur Mehrwertsteuer in Europa. Dieser soll den Mitgliedstaaten generell mehr Spielraum bei den Steuersätzen geben. Das Vorhaben soll "in Kürze" veröffentlicht werden.

stu/uh (afp, rtr, dpa)