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Die Verfassung Europas

ah29. Oktober 2002

Das EU-Verfassungskonvent soll durch seine Debatte die Reform der Union vorantreiben. Nun hat das Gremium einen ersten Entwurf seiner Vorschläge vorgelegt. Nicht alle EU-Mitglieder sind zufrieden.

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Vordenker: Giscard d´EstaingBild: AP

Der Europäische Verfassungskonvent hat einen ersten Verfassungsentwurf für die Europäische Union nach der Erweiterung 2004 vorgelegt. Der Entwurf sieht unter anderem das Amt eines europäischen Präsidenten vor, der die EU in der Welt vertreten soll. Damit würde die halbjährlich rotierende EU-Ratspräsidentschaft abgeschafft.

Kleinere Mitgliedsstaaten wie zum Beispiel Belgien, Finnland und Österreich haben jedoch Vorbehalte gegen diese Idee, da sie eine Schwächung ihrer Interessen unter einem starken Präsidenten befürchten. Großbritannien und Frankreich hingegen befürworten die Idee. Allerdings lehnen sie eine von Deutschland vorgeschlagene Stärkung der EU-Kommission ab, wie sie ebenfalls im Entwurf angedacht ist.

Vereinigte Staaten von Europa

Symbolträchtig schlägt der Vorsitzende des Konvents, der ehemalige französische Staatspräsident Giscard d´Estaing, eine Umbennung der Union in "Vereinigte Staaten von Europa" beziehungsweise "Vereinigtes Europa" vor. Bürger der EU sollen eine doppelte Staatsbürgerschaft erhalten: eine nationale und eine europäische. Ein Europäischer Volkskongress wird vorgeschlagen, um die strategische Richtung der EU zu überwachen.

Ein endgültiger Entwurf für eine europäische Verfassung will der Konvent auf einem EU-Gipfel im Sommer 2003 vorlegen. Die EU richtete den Verfassungskonvent im Dezember 2001 ein, da sich in den Führungsgremien die Einsicht durchsetzte, dass nationale Egoismen eine Strategie-Diskussion auf EU-Gipfeln verhinderten.

Demokratischer, transparenter, effizienter

Neben dem Vorsitzenden Giscard d'Estaing bilden seine Stellvertreter, der frühere italienische Regierungschef Giuliano Amato und der belgische Ex-Ministerpräsident Jean-Luc Dehaene, mit neun weiteren Mitgliedern das Präsidium. Dazu kommen 15 Vertreter der Regierungen, 30 nationale Abgeordnete, 16 EU-Parlamentarier und zwei Vertreter der Kommission. Die 13 Beitrittsländer (einschließlich der Türkei) haben ebenfalls einen Sitz im Konvent, allerdings mit eingeschränktem Stimmrecht.

Deutschland wird im Konvent unter anderem durch folgende Personen vertreten: Der frühere Bundesgeschäftsführer der SPD, Peter Glotz, repräsentiert die Stimme der Bundesregierung. Rechtswissenschafter Jürgen Meyer (SPD) vertritt den Bundestag im Reform-Konvent. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel (CDU) spricht für den Bundesrat. Manfred Dammeyer (SPD), von 1995 bis 1998 Europaminister in Nordrhein-Westfalen, danach Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, vertritt im Europäischen Konvent den Ausschuss der Regionen. Er will sich im Konvent vor allem dafür einsetzen, dass die Regionen mehr Einfluss auf die EU-Politik erhalten.

Die Debatte soll dazu beitragen, die EU demokratischer, transparenter und effizienter zu machen. Neben der Frage nach einer europäischen Verfassung wird auch darüber nachgedacht, welche Zuständigkeiten die EU haben soll und welche Institutionen sie braucht. Um entsprechende Empfehlungen auszuarbeiten, tagt der Konvent alle drei Wochen für jeweils zwei halbe Tage.

Über die Empfehlungen des Konvents entscheiden schließlich die Staats- und Regierungschefs. Die EU-Reform soll spätestens Anfang 2004 beschlossen werden.