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Die Verlage

12. März 2010

Die deutsche Verlagslandschaft ist besonders vielfältig. Rund 1.800 Verlage gibt es, die gemeinsam jährlich etwa 80.000 Neuerscheinungen auf den deutschen Buchmarkt bringen. Wir stellen die Arbeit des Berlin Verlags vor.

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Haus, in dem der Berlin Verlag sitzt (Foto: Berlin Verlag)
Bild: Berlin Verlag

Eben noch telefonierte Elisabeth Ruge mit einer Autorin in Japan, gleich wird sie den Entwurf für den Umschlag einer Neuerscheinung begutachten. Die Verlegerin des "Berlin Verlags" ist eine viel beschäftigte Frau. Auf ihrem Schreibtisch laufen alle Arbeitsschritte ihres Unternehmens zusammen. "Mein Arbeitsalltag ist nicht klar abgrenzbar, also ich tauche hier nicht um 9 Uhr auf und gehe um 17 Uhr und das war’s."

Elisabeth Ruge ist bekennende Frühaufsteherin. Sie steht noch weit vor ihren zwei Kindern auf. Das sei ihre Zeit, die sie nutze, um zu lesen - Manuskripte von Autoren, Überarbeitungen, alle möglichen Texte. Gegen halb neun ist sie dann im Verlag und beginnt mit ihren Job als Verlegerin: Programm machen, Entscheidungen treffen über Auflagenhöhen, Lektoratssitzungen abhalten, Buchgestaltungen durchsehen. "Es ist kein 24 Stunden Job, manchmal aber schon, weil ich ab und zu auch schon einmal von einem Buch träume. Ganz los lässt einen der Literaturbetrieb nie."

Kleiner Verlag in großem Verbund

Der Berlin Verlag ist mit etwa 200 Neuerscheinungen eher ein kleinerer Verlag in Deutschland. Gegründet als eigenständiges Unternehmen, gehört er mittlerweile zur englischen Verlagsgruppe "Bloomsbury". Nur im Verbund, sagt Ruge, habe ihr kleiner Verlag eine Chance. Dabei schätzt die Verlegerin den deutschen Buchmarkt als den besten weltweit ein. Das liege vor allem an der Buchpreisbindung, die zu einer großen Vielfalt an Verlagen und Buchhandlungen auf dem deutschen Buchmarkt führe.

Stempel aus Holz mit dem Aufdruck "Buchpreis" (Foto: DW)
Fest und nicht veränderbarBild: BilderBox/DW

Die Buchpreisbindung ist eine gesetzliche Auflage in Deutschland. Der Preis für ein Buch steht fest und kann nicht durch Dumpingpreise unterlaufen werden. „Dennoch verdienen wir mit einer ganzen Reihe unserer Bücher gar kein Geld.“, sagt Elisabeth Ruge. "Es kann gar nicht sein, dass sich jedes Buch rechnet, aber in der Mischung muss es stimmen."

Was Populäres muss sein – für die Kasse

Mischkalkulation heißt: so wichtig einem Verlag auch die seltene mongolische Lyrik in neuer Übersetzung ist, für die Umsatzzahlen ist es nötig auch populäre Literatur wie beispielsweise Kochbücher herauszubringen, die viel häufiger gekauft werden und damit auch mehr Umsatz bringen. Hinzu kommen die sogenannten Lizenzverkäufe, das heißt der Verkauf von Buchrechten für Hörbücher, Übersetzungen in andere Sprachen oder auch für eine mögliche Verfilmung.

Berlin Verlag, Verlegerin Elisabeth Ruge (Foto: Berlin Verlag)
Früh auf, viel tun, viel Leidenschaft: Elisabeth RugeBild: Berlin Verlag

Trotz dieser vielfältigen Verkaufsmöglichkeiten wird es immer schwieriger für die Verlage. Ruge spricht von einer zunehmenden Kurzlebigkeit der Bücher am Markt: Die gebundenen Bücher, die Hardcover, hätten immer weniger Zeit sich in den Buchhandlungen zu verkaufen, die Händler würden sehr vieles sehr schnell zurückschicken. Die sogenannten Remittenden. Kommen zu viele Bücher zurück zum Verlag, kann das ein ganzes Geschäftsjahr vermiesen. Ein nicht zu kalkulierendes Risiko.

Übersetzte Literatur verkauft sich immer

Kalkulierbarer hingegen ist der Verkauf von übersetzter Literatur, die in Deutschland traditionell einen guten Stand hat. Rund 50 Prozent der Neuerscheinungen im Berlin Verlag sind Übersetzungen. "Ich glaube schon, dass die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg auf sehr schwierige und mühsame Weise gelernt haben, wie wichtig es ist, dass eine Gesellschaft offen ist. Sie haben nach dem Krieg diese wunderbare Erfahrung gemacht, beispielsweise mit der amerikanischen Literatur, die sie wieder frei hat atmen lassen."

Bei den übersetzten Titeln handelt es sich zu zwei Dritteln um Bücher aus dem Englischen, gefolgt vom Französischen, Italienischen und Spanischen. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich mit Abstand weit vorne. In die umgekehrte Richtung funktioniert der Literatur-Transfer übrigens nicht so gut: Im Jahr 2008 wurden gerade einmal rund 8.000 Lizenzen von deutschsprachigen Büchern ins Ausland verkauft. Gemessen an den jährlichen Neuerscheinungen in Deutschland sind das gerade einmal zehn Prozent.

Autorin: Nadine Wojcik

Redaktion: Gabriela Schaaf/ Marlis Schaum