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Die Virenjäger

Stephan Hille, Moskau22. März 2005

Neben Erdöl, Waffen oder Wodka bietet Russland noch andere "Schätze", zum Beispiel erstklassige Programmierer und eines der weltweit führenden Anti-Viren-Unternehmen.

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Stephan Hille

Düster ragt der triste Plattenbau am nördlichen Stadtrand in den Moskauer Himmel. Den Besucher empfängt in der Eingangshalle des Instituts für Radiophysik eine gespenstische Leere.

Software-Schmiede mit internationalem Erfolg

Fünfzehn Stockwerke weiter oben könnte der Gegensatz nicht stärker sein. Hier hat die erfolgreichste russische Software-Firma ihren Sitz: "Kaspersky Labs" hat sich auf Datensicherheit und die Bekämpfung von Viren und Computerhackern spezialisiert. Im Gegensatz zur staatlichen Wissenschaft und der kriselnden IT-Branche boomt das Geschäft. 1997 hat die studierte Mathematikerin und Absolventin des Moskauer Instituts für elektronischen Maschinenbau, Natalja Kasperskaja gemeinsam mit ihrem Ex-Mann Jewgeni die Software-Schmiede gegründet.

Zu den Kunden zählen unter anderem Airbus, die BBC und das italienische Außenministerium. Auf der heimischen Kundenliste stehen die russische Zentralbank ebenso wie die Ministerien für Steuern und Transport. Sie alle beziehen das Kaspersky-Anti-Viren-Programm, Flaggschiff des Software-Unternehmens , mit dem Großkonzerne als auch Home-User laut Eigenwerbung den besten Schutz vor Computer-Bazillen erhalten, die aus den Weiten des Cyberraumes drohen.

Schnelle Hilfe

Ausgetüftelt und entwickelt wurde die Rezeptur von Nataljas Ex-Ehemann, Jewgeni Kasperski, Chefentwickler und Namensgeber für das Unternehmen. Pro Woche machen Kasperski und seine Mitarbeiter durchschnittlich rund 300 Viren, trojanischen Spionageprogrammen und Computerwürmern den Garaus.

Ein Großteil der Schädlinge ist dem Virendoktor nicht unbekannt. Häufig handelt es sich um nahe Verwandte eines bekannten Virus. Im Durchschnitt braucht der Chefprogrammierer eine halbe Stunde, um einen frisch aufgetauchten Virus zu untersuchen und das passende Gegenmittel zu finden.

Jeder neue und sezierte Computerbazillus wird sofort in die von Kasperski aufgebaute Virenenzyklopädie (www.viruslist.com) aufgenommen. Mehrere zehntausend Internetschädlinge sind mittlerweile in der Anti-Viren-Datenbank beschrieben. Das Herzstück des Firmenerfolgs, das Anti-Viren-Programm, wurde von der internationalen Fachpresse mit Lob und zahlreichen Auszeichnungen überhäuft.

Zufall als Grundstock

In Russland ist "Kaspersky Labs" die erste Adresse unter den IT-Sicherheitsanbietern. Ein Zufall, Improvisation und das Know-How von Jewgeni Kasperski legten noch zu Sowjetzeiten den Grundstock für die Erfolgsgeschichte des Unternehmens. 1989 arbeitete Jewgeni Kasperski noch als Programmierer in einem geschlossenen Institut für Kryptographie des sowjetischen Verteidigungsministeriums, als der Computervirus "Cascade" seine Festplatte attackierte. Aus der Not heraus schrieb der Informatiker sein erstes Anti-Viren-Programm. Mit jedem Virenangriff verfeinerte er sein Programm und stellte die Ergebnisse ins Internet. So war schließlich die Geschäftsidee geboren.

Inzwischen ist das Unternehmen auf über 400 Mitarbeiter angewachsen. Aus dem sowjetischen Plattenbau am Moskauer Stadtrand heraus arbeitet die Chefin Natalja Kasperskaja daran, die Position auf dem internationalen IT-Markt weiter auszubauen. An Arbeit wird es nicht mangeln, die Internet-Kriminalität wächst, und bereits heute zeichnet sich ab, wo künftig die Gefahren lauern: In der Mobilfunkbranche. Moderne Handys, so genannte "Smartphones" mit einem Betriebssystem, werden immer interessanter - für die Nutzer wie auch für Hacker.