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Die Waffen schweigen

15. Februar 2015

In der Ostukraine soll ab sofort eine Feuerpause gelten. Ob das Kriegsgebiet tatsächlich zur Ruhe kommt, bleibt abzuwarten, denn das Misstrauen auf beiden Seiten ist groß. Bis zuletzt hatte es heftige Gefechte gegeben.

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Ukrainischer Soldat in Schützengraben bei Debalzewe (foto: picture alliance/ anadolu)
Bild: picture alliance/AA/V. Koshkin

Die ersten Beobachtungen klangen positiv: Die für den Osten der Ukraine vereinbarte Waffenruhe scheint weitgehend eingehalten zu werden. Die Lage an den verschiedenen Frontabschnitten blieb aber unübersichtlich. Korrespondenten meldeten bis am Morgen keine neuen Kampfhandlungen. Zumindest die schweren Waffen scheinen demnach zu schweigen. Laut ukrainischem Militär wird die Feuerpause allgemein respektiert. Beklagt wird aber vereinzelter Beschuss von Armeestellungen nahe Debalzewe, ohne nähere Details zu nennen.

Pünktlich um Mitternacht Ortszeit (Samstag 23.00 Uhr MEZ) war die Feuerpause in Kraft getreten. Das hatten die Konfliktparteien am Donnerstag bei Krisengesprächen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk unter Beteiligung von Kanzlerin Angela Merkel und Kremlchef Wladimir Putin vereinbart. Allerdings hatten sich das Militär und die prorussischen Separatisten noch am Samstag erneut heftige Gefechte geliefert. Mehrere Menschen wurden dabei getötet.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko befahl den Streitkräften um Mitternacht, die Kämpfe einzustellen, wie der Generalstab in Kiew mitteilte. "Ich will Frieden", sagte er nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax. Ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters meldete, der Artilleriebeschuss in Donezk sei pünktlich eingestellt worden, während in den Minuten davor noch alle fünf Sekunden schwere Geschütze abgefeuert worden seien. Ebenfalls in Donezk teilte Separatistenführer Eduard Bassurin mit, dass die Waffenruhe begonnen habe. Zudem werde der ebenfalls in Minsk vereinbarte Abzug schwerer Waffen aus dem Konfliktgebiet aufgenommen, sagte er. Auch die Aufständischen in Luhansk stellten das Feuer ein.

Separatisten in Gorlivak nehmen ukrainische Positionen in Debalzewe mit Raketenwerfern unter Feuer (Foto: AFP)
Separatisten in Gorlivak nahmen bis zuletzt ukrainische Positionen in Debalzewe mit Raketenwerfern unter FeuerBild: Andrey Borodulin/AFP/Getty Images

Kämpfe bis zur letzten Minute

Zugleich warnte Poroschenko, der Friedensprozess für die Ostukraine sei aufgrund der gespannten Lage bei Debalzewe in Gefahr. In der strategisch wichtigen Stadt nordöstlich der Separatistenhochburg Donezk hatte es bis zuletzt heftige Schießereien gegeben. Nach Darstellung der Aufständischen sind dort Tausende ukrainische Soldaten eingekreist. Die Führung in Kiew bestreitet dies. Debalzewe ist ein bedeutsamer Verkehrsknotenpunkt zwischen den beiden "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk, die die Rebellen ausgerufen haben.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte kurz vor Inkrafttreten der Waffenruhe auf einer Pressekonferenz in Lima die Konfliktparteien in Kiew und Moskau sowie die Separatistenführer auf, jetzt "Vernunft walten zu lassen und dafür zu sorgen, dass dieser Konflikt nicht auf eine nächste Stufe eskaliert oder sich gar regional noch ausweitet". Sollte die jetzige Chance verpasst werden, wäre für längere Zeit die Möglichkeit vorbei, "den ernsten Konflikt in der Ostukraine auf dem Verhandlungswege zu entschärfen", sagte der SPD-Politiker. Dann würden alle Beteiligten in der Region "einen hohen Preis zahlen müssen".

Etliche Krisentelefonate

Auch Merkel und der französische Präsident François Hollande forderten nochmals eindringlich eine Umsetzung des Minsker Abkommens. Sie telefonierten am Samstag sowohl mit Poroschenko als auch mit Putin. Das Bundespresseamt in Berlin teilte mit, in den Telefonaten seien sich die Politiker einig gewesen, dass die Waffenruhe von allen Beteiligten vollständig eingehalten werden müsse. Das gelte insbesondere auch für die weiterhin sehr kritische Lage in Debalzewe. Putin verwies demnach auf entsprechende Verpflichtungen, die die prorussischen Separatisten eingegangen seien.

Auch US-Präsident Barack Obama brachte in einem Telefonat mit Poroschenko seine Sorge um die Lage dort zum Ausdruck, hieß es aus Kiew. Sowohl Poroschenko und Obama als auch Poroschenko und das deutsch-französische Tandem kündigten an, sich über weitere Schritte in der Krise abzustimmen. Merkel und Hollande wollen bereits an diesem Sonntag erneut mit dem ukrainischen Präsidenten telefonieren und sich über den Fortgang der Waffenruhe unterrichten lassen.

In einem Telefonat mit Merkel dankte Obama der CDU-Politikerin für ihre "unermüdlichen Bemühungen, den Konflikt (...) in einer Weise zu Ende zu bringen, die die Souveränität und Einheit der Ukraine bewahrt". Wie das Weiße Haus mitteilte, betonten Obama und Merkel die "dringende Notwendigkeit", dass sich die Unterzeichner der Waffenstillstandsvereinbarung von Minsk an die Abmachungen hielten.

Der Friedensplan von Minsk sieht eine entmilitarisierte Pufferzone, den Abzug von Artillerie sowie den Austausch von Gefangenen vor. Donezk und die Stadt Luhansk sollen weitreichende Autonomierechte erhalten. Zudem verpflichtet sich die Regierung in Kiew, Rentenzahlungen und andere Sozialleistungen für die Bevölkerung in den Rebellen-Gebieten wieder aufzunehmen.

kle/cr/sc (APE, rtre, afpe)