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Die Ware Film

15. Februar 2011

Parallel zur Berlinale treffen sich jedes Jahr Vertriebe, Verleiher und Produzenten auf der drittgrößten Messe der Filmindustrie. Hier entscheidet sich, welcher Film nach dem Festival auch tatsächlich ins Kino kommt.

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Messestände der Teilnehmer des European Film Market (Foto: Nadine Wojcik)
Der European Film Market - 400 Filmvertriebe nehmen teilBild: Nadine Wojcik

Schnell rollt der Scanner über die Barcodes auf einer Liste mit Filmtiteln. Jeder Biep ist eine Kinokarte. Während an den Ticketschaltern der Berlinale die "normalen" Kinogänger stundenlang anstehen, um eine Karte zu ergattern, reicht hier ein umgehängter Berlinale-Ausweis und ein Fingerzeig auf die Filmauflistung. Rund 40 Kinos bespielen die 400 teilnehmenden Filmvertriebe von morgens früh bis spät abends während des European Film Market (EFM), allerdings sind die Filme nur fürs Fachpublikum bestimmt.

Gezeigt werden nicht nur Filme, die auf der Berlinale laufen, sondern im Prinzip alles, was der internationale Filmmarkt momentan zu bieten hat. "Was die Zahl der Teilnehmer und der Filme angeht, wird es ein gutes Jahr", sagt Beki Probst, Leiterin des EFM und meint damit, dass diese Zahlen wie all die Jahre zuvor wieder leicht gestiegen sind.

Gute Geschäfte brauchen gute Filme

Das sage aber natürlich noch nichts darüber aus, ob am Schluss auch die Geschäfte gut sind. "Wir machen die Filme ja nicht. Wenn die Filme nicht gut genug sind, beeinflusst das natürlich auch den Markt." Probst ist allerdings optimistisch, denn das Angebot dieses Jahr sei groß, außerdem habe es vergangenes Jahr viele gute Filme gegeben: "Da scheint es mir fast unmöglich, dass in diesem großen Angebot nicht ein paar Perlen dabei sind."

Besucher auf dem European Film Market (Foto: Nadine Wojcik)
Auf dem European Film Market entscheidet sich, welcher Film ins Kino kommtBild: Nadine Wojcik


Hundertprozentig sicher sein kann sich Beki Probst allerdings nicht - obwohl sie viel Erfahrung hat: Seit über 20 Jahren ist sie Leiterin des European Film Market; außerdem betreibt die gebürtige Türkin in der Schweiz mehrere Kinos und sieht schon von Berufswegen eine Unmenge an Filmen jedes Jahr.

Das gehört auch zum Job von Thorsten Ritter. Er leitet den Spielfilmvetrieb von Bavaria International, einer der größten deutschen Weltvertriebe. Sein Tag ist genau getaktet. 30 Minuten nimmt er sich pro möglichen Kaufinteressenten, von morgens um zehn bis abends um sieben Uhr. "Nach fünf, sechs Tagen fängt man an, durch die Leute durchzustarren", sagt Ritter. "Wir stehen ja nicht nur den ganzen Tag am Stand. Nachts gibt es noch Empfänge und Partys", die genauso wichtig fürs Geschäft seien und zwar auch Spaß machten, "aber", sagt Ritter, "das ist auch Arbeit".

Portrait von Thorsten Ritter (Foto: Nadine Wojcik)
Thorsten Ritter - Leiter des Weltvertriebs bei Bavaria InternationalBild: Nadine Wojcik

Thorsten Ritter verkauft Filme an Verleiher aus der ganzen Welt, die diese dann in den jeweiligen Ländern ins Kino bringen und später auf DVD. Bavaria International hat mit "Innocent Saturday", ein ukrainischer Arthouse-Film über den Reaktorunfall in Tschernobyl, einen Film im Berlinale Wettbewerb, sowie zwei weitere Filme in der Sektion Panorama.

Berlinale ist gut fürs Geschäft

Auf dem EFM wird nicht nur beraten, hier werden auch Geschäfte direkt abgeschlossen, das heißt es werden Verträge über Rechte und Lizenzen unterschrieben, damit die Filme in den jeweiligen Ländern ins Kino kommen können. Wenn einer seiner Filme auf der Berlinale gut laufe, eine gute Kritik bekomme, dann könne sich das sehr schön für ihn "hochschaukeln". Bestenfalls, sagt Ritter, bekäme er dann mehrere Angebote aus einem Land.

Zwei Menschen laufen an dem Berlinale Plakat vorbei (Foto: AP)
Wächst die Berlinale, dann gehts auch dem European Film Market gutBild: AP

Ein Stockwerk über den Messeständen - ein brasilianischer Empfang. Exotische Früchte bietet das Bufett, Cocktailmixer schütteln Caipirinhas im Akkord. Die brasilianischen Vertriebe haben hier ihre Kunden, Filmemacher und Produzenten eingeladen. Die Lounge des European Film Market kann für solche Netzwerk-Treffen genutzt werden und ist gut gebucht.

EFM und Berlinale: "Zwillinge, die gemeinsam wachsen"


Rachel Monteiro kennt hier jeder, sie ist der internationale Consultant von "Cinema do Brasil". "Der EFM ist ein sehr wichtiger Markt für den brasilianischen Film und für das lateinamerikanische Kino überhaupt." Nach Cannes sei es für sie die zweitwichtigste Filmmesse. "Unsere Produzenten und Vertriebe verkaufen sehr gut in Berlin."

Drei brasilianische Filme zeigt die Berlinale in verschiedenen Sektionen. Das sei gut fürs Geschäft, sagt Rachel Monteiro. Und gut fürs Geschäft ist auch der stete Rekordkurs des EFM. Denn mit der wachsenden Zahl der Teilnehmer, wächst auch die Zahl der Käufer. "Die Berlinale und der EFM, die sind wie Zwillinge", sagt Beki Probst. Das Festival sei in den vergangenen Jahre immer größer und bekannter geworden. "Und wenn das Festival wächst, wächst auch der EFM."

Autorin: Nadine Wojcik

Redaktion: Jutta Wasserrab