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Die Zeichen stehen auf Sturm

Alexander Kudascheff4. Februar 2004

Mehr Geld für Europa. Das ist der Tenor bei der EU-Kommission in Brüssel. Der Grund: Europa wächst nun auf 25 Mitglieder, da kann es nicht so billig bleiben wie bisher.

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In knapp einer Woche ist es soweit. Dann wird Europa wissen, welchen Haushalt die Kommission für die EU für die Jahre 2006 bis 2013 vorschlagen wird. Intern geht man hier in Brüssel davon aus, dass der bisherige Etat von rund 100 Milliarden Euro jährlich auf bis zu 153 Milliarden steigen könnte. Denn die EU-Kommission will den bisherigen Ausgabenrahmen von 1,27 Prozent des Bruttoinlandprodukts in den nächsten Jahren ausschöpfen.

Der Grund: Europa wächst nun auf 25 Mitglieder, da kann es nicht so billig bleiben wie bisher. Es muss mehr Geld her, so der Tenor in Brüssel, einerseits für die Bauern, andererseits für die Strukturhilfen in wirtschaftlich schwache Regionen. Und: da die EU mehr Geld ausgeben will für die Außen- , für die Entwicklungspolitik, müsse man auch dafür mehr EURO zur Verfügung haben. Das Konzept der Kommission ist also klar: mehr Geld für Europa.

Mehr Geld wäre kontraproduktiv

Dagegen stehen die Nettozahler, die den Etat finanzieren, Deutschland, Großbritannien., Schweden, Finnland, Österreich, Frankreich : sie wollen nicht mehr Geld nach Brüssel überweisen. Also fordern sie: die Kommission müsse bei ihren Etatplänen bei der bisherigen Linie von nicht mehr als ein Prozent des Bruttoinlandprodukts bleiben. Mehr gehe nicht, schließlich müssten gerade Länder wie Deutschland und Frankreich ihren Bürgern den Umbau der sozialen Sicherungssysteme erklären. Und da hieße die Devise: wir geben deutlich weniger Geld aus als bisher. Da wirke es geradezu kontraproduktiv, wenn Brüssel mehr Geld erhielte. Und das sei auch der Grund, warum Deutschland, und nicht nur Deutschland, ein neues Abgeordnetenstatut hätten verweigern müssen. Mehr Geld für die EU-Parlamentarier sei in Zeiten drastischer Haushaltskürzungen unvermittelbar.

Erbitterte Verhandlungen stehen bevor

Deswegen wird wahrscheinlich auch in allen europäischen Hauptstädten zur Zeit die Alarmglocke schellen - allerdings zu spät. Denn die EU-Beamten haben sich klammheimlich die Bezüge erhöht - um satte vier Prozent, mehr als in irgendeinem EU-Land im letzten Jahr. Und das, obwohl selbst Boten hier schon ausgezeichnet verdienen. Und das, obwohl Generaldirektoren in Brüssel mehr Geld (rund 20.000 Euro ) erhalten als Regierungschefs - und zwar nicht aus Ungarn oder Estland, sondern aus Deutschland oder England oder Spanien. Gar nicht zu reden von Richtern am Europäischen Gerichtshof, die bei rund 18.000 Euro Grundgehalt sind - bei deutlich niedrigeren Steuersätzen und verschwindend geringen Sozialabgaben. Kontrolliert hat jedenfalls die Gehaltserhöhung niemand so richtig. Und die Öffentlichkeit erfährt auch nichts davon - ganz im Gegensatz zu den erbitterten nationalen Tarifauseinandersetzungen.

Also wird die Kommission in einem schwierigen Umfeld ihre Vorschläge machen. Doch dann ist die Vorreiterrolle der Kommission erst einmal vorbei. Zum einen amtiert sie nur noch wenige Monate, ist also bereits eine "lame duck". Zum anderen werden sich die Gespräche über den Haushalt bis zum Jahre 2006 hinziehen - erbitterte Verhandlungen zwischen europäischen Habenichtsen und ihren Erwartungshaltungen und den Finanziers der EU. Da stehen die Zeichen auf Sturm - ganz egal, was die Kommission vorschlägt und wie vernünftig es ist.