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Teilen hat Zukunft

30. Juni 2015

Tauschen und Teilen sind so alt wie die Menschheit. Vor der Erfindung des Geldes wurde Ware gegen Ware getauscht. Heute ist daraus eine Sharing-Economy geworden. Verbraucherschützer warnen aber auch vor den Risiken.

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Eine Frau zeigt ihren Car-Sharing-Ausweis (Foto: Dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Teilen spart Geld, schont die Umwelt und sorgt für eine zunehmende Vernetzung aller Altersgruppen. Sharing-Projekte boomen. Konsumenten drücken heute auf die PC-Tasten, um im Netz das passende Angebot zu finden. 24 Stunden sind die Onlineportale nutzbar und bieten vom Hund bis zum Hochdruckreiniger nahezu alles auf Leihbasis an. Ob der Leihhund als Haustier auf Zeit auf Dauer nicht verhaltensgestört wird, ist allerdings noch nicht erforscht. Tierschützer haben jedenfalls Vorbehalte gegenüber diesem Sharing-Angebot.

Als gängige Praxis hat sich dagegen längst das Teilen und Tauschen von Autos, Bekleidung, Fahrrädern, Nahrungsmitteln, Wohnungen und Werkzeugen bewährt. Nach Angaben des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (VZBV) stiegen die Investitionen von Start-ups im Bereich Sharing Economy seit 2010 weltweit von 300 Millionen US-Dollar auf sechs Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr.

Werkzeuge und Mitfahrgelegenheiten

Laut einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers hat knapp jeder Zweite in den vergangenen zwei Jahren einmal ein Sharing-Angebot genutzt. 82 Prozent der Menschen unter 30 Jahren sind Tauschbörsen gegenüber besonders aufgeschlossen. Nach Werkzeugen sind Mitfahrgelegenheiten beliebt und lukrativ - für beide Seiten: Der Mitfahrer reist günstiger als mit Bus und Bahn. Der Anbieter kann sich etwas dazuverdienen und muss nicht allein fahren. Der VZBV hat herausgefunden, dass rund 90 Prozent der Befragten Persönliches verleihen würden - allerdings sollte die Person aus dem Bekanntenkreis stammen.

So ist die Deutsche Bahn längst auf den Angebots-Zug aufgesprungen und verleiht neben Fahrrädern in Großstädten auch Autos. Und immer mehr Autobauer machen sich das Konzept zueigen. Mit Opel über CarUnity und die BMW-Tochter Mini DriveNow bieten zwei Hersteller kostenlose Apps für verschiedene Betriebssysteme an. Daimler ist mit car2go und Smart-Modellen am Start. Damit können Halter deutschlandweit ihre Fahrzeuge verleihen, bei Opel nicht nur die eigene Marke.

Symbolbild Nahrung teilen
Teilen statt Wegwerfen - Food-Sharing fürs gute GewissenBild: picture-alliance/Bildagentur-online

Laut der Unternehmensberatung Roland Berger könnte der weltweite Markt für gemeinsam genutzte Fahrzeuge bis 2020 noch um jährlich bis zu 35 Prozent wachsen. Trotz des angebotenen Versicherungsschutzes rät der ADAC allerdings potentiellen Verleihern, sich bei ihrer Versicherung nach Haftungsmodalitäten zu erkundigen. Und die Kunden sollten vor Fahrantritt die Sicherheit des Autos überprüfen

Das Fraunhofer-Innovationscluster für regionale Mobilität arbeitet an Software für Elektro-Autos, um Nutzern ein sparsameres Fahren zu ermöglichen. Zukunftsmusik ist die Vision, die Google angekündigt hat: Mit führerlosen Fahrzeugen sollen Kunden zum Ziel gebracht werden, während sie sich online über Dienstleistungen wie Restaurant- oder Shopping-Tipps informieren können. Schon in fünf bis zehn Jahren sollen die autonomen Fahrzeuge über die Straßen rollen und traditionelle Autobauer vom Markt verdrängen.

Mehrere Autos aufgereiht (Foto: Reuters)
Car-Sharing - immer beliebterBild: Reuters

Auf Sicherheit achten!

Dass auch Foodsharing über das Internet funktioniert, beweisen diverse Plattformen. Die Verbraucherzentralen haben herausgefunden, dass Nutzer von Sharing-Produkten Wert auf Qualität, Transparenz, Datenschutz, Erreichbarkeit der Ansprechpartner und die Wahrung gesetzlicher Standards legen. "Sicherheit ist für Verbraucher ein hohes Gut. Ein Mindestmaß an Verbraucherschutz muss auch in der Sharing Economy gelten", sagte Klaus Müller, Vorstand des VZBV.

Der Soziolge und Buchautor Harald Welzer sieht im Sharing eher Nachteile, da jede Form von Alltagshandlung zu Geld gemacht werde, während es an Arbeitsschutz und Versicherungen mangele.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat Vorbehalte, da Vermittler in erster Linie am an der Sharing-Economy verdienten. Der DGB fordert Kündigungsschutz, Mindestlöhne, Arbeitsschutz- und Arbeitszeitregeln auch für digitale Angebote. "Die Sharing Economy muss sich an Standards halten", fordert auch Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD). Rechtsbruch sei keine innovative Geschäftsidee. Illegales Filesharing zählt beispielsweise dazu. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) dazu jüngst ein Urteil gesprochen: Demzufolge haften Eltern nicht automatisch, wenn ihre Kinder vom heimischen PC aus illegal Musik im Internet getauscht haben. Voraussetzung: Die Eltern haben ihre Sprösslinge über die Illegalität aufgeklärt und ihnen die Teilnahme an solchen Tauschbörsen verboten.

Heiko Maas (Foto: Malte Christians/dpa)
Bundesjustizminister Maas warnt vor RechtsbruchBild: picture-alliance/dpa

kj/nm (dpa)