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Marke "Made in Germany" in Gefahr?

30. Juli 2017

Regierungsmitglieder sprechen von einer Belastung für den Standort Deutschland, fordern die Autobauer auf, schnell auf die Dieselkrise zu reagieren. Und Ökonomen warnen bereits vor einem Nachlassen der Wirtschaftskraft.

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Symbolbild Dieselskandal
Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat mit deutlichen Worten die deutschen Autohersteller zum Handeln aufgefordert. "Die Automobilindustrie hat hier eine verdammte Verantwortung, das Vertrauen wiederherzustellen und die begangenen Fehler zu beheben", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag". Es sei "furchtbar", dass bei Autos ein Schaden für die Marke "Made in Germany" drohe. Die Krise sei auch insgesamt für den Wirtschaftsstandort zur Belastung geworden.

Alexander Dobrindt
Verkehrsminister Dobrindt: "Autoindustrie hat eine verdammte Verantwortung"Bild: picture-alliance/NurPhoto/E. Contini

Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist die Krise der Autobranche sogar der Vorbote einer insgesamt nachlassenden deutschen Wirtschaftskraft. "Deutschland hat den Höhepunkt seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erreicht und vielleicht schon überschritten", sagte DIW-Chef Marcel Fratzscher der "Welt am Sonntag". Die Unternehmen investierten zu wenig vor allem in Forschung und Entwicklung.

"Bei der Autoindustrie sieht man das in der Form, dass dort zu lange an alten Technologien festgehalten wurde." Das gesamte Label "Made in Germany" hänge maßgeblich vom Automobilbau ab. "Eine Krise der Automobilindustrie ist eine Gefahr für die gesamte deutsche Volkswirtschaft."

"Größte Transformation in der Geschichte der Autoindustrie"

So weit geht die Bundeswirtschaftsministerin nicht. Brigitte Zypries sieht die Autoindustrie aber vor der größten Transformation in ihrer hundertjährigen Geschichte. Die deutschen Hersteller müssten sich schnell bewegen, wenn sie mit der Konkurrenz aus China und anderen Ländern beim E-Auto mithalten wollten, sagte Zypries der Funke Mediengruppe.

Brigitte Zypries
Wirtschaftsministerin Zypries: "Weder sinnvoll noch zielführend"Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

Die Ministerin forderte eine gemeinsame Strategie von Politik und Automobilindustrie zur Förderung der Elektromobilität. "In der nächsten Wahlperiode sollte eine Plattform 'Zukunft der Mobilität' eingerichtet werden, wo wir mit Experten über die notwendige Transformation zu nachhaltiger, vernetzter Mobilität sprechen", sagte die Politikerin. "Wir brauchen Zukunftskonzepte, nicht nur tagesaktuelles Handeln."

Ein Verbot von Verbot von Verbrennungsmotoren zu einem bestimmten Datum lehnt die SPD-Politikerin aber ab. "Im Moment eine Jahreszahl wie 2040 festzulegen, ist weder sinnvoll noch zielführend." Die britische Regierung hatte sich dafür ausgesprochen, Verbrennungsmotoren von 2040 an zu verbieten.

Zweifel am E-Auto-Ziel

"Während in England kaum noch Autos gebaut werden, ist Deutschland eine der größten Automobilbaunationen der Welt mit über einer Million Arbeitsplätzen, die davon abhängen", sagte Zypries. "Es hilft wenig, irgendwelche Zahlen oder politische Ausstiegsdaten in ferner Zukunft in die Welt zu setzen." Die Ministerin forderte "einheitliche Regelungen auf EU-Ebene".

Zypries zog zudem das deutsche Vorhaben in Zweifel, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Diese Zielmarke sei "sehr ambitioniert und nicht leicht zu erreichen". Der Verkauf von Elektroautos laufe bisher "nicht so gut".

Optimismus bei Volkswagen

Aus Sicht von VW-Markenchef Herbert Diess soll die Elektromobilität helfen, für ein Widererstarken von Volkswagen zu sorgen. Der Wolfsburger Konzern habe zwar wegen des Abgas-Skandals viel Vertrauen verloren, sagte Diess der Deutschen Presse-Agentur. Der VW-Manager gibt sich dennoch optimistisch: "Wir konnten unsere Marktposition zuletzt wieder stärken, und ich denke schon, dass wir 2018 für die Marke Volkswagen die Krise hinter uns lassen."

VW-Markenchef Herbert Diess
VW-Manager Diess: "Diesel bleibt weiterhin eine Alternative"Bild: picture-alliance/dpa/S. Kembowski

Von einem schnellen Wandel hin zur E-Mobilität und einem baldigen Ende der Dieseltechnologie geht auch Diess nicht aus: "In Europa bleibt der Diesel für große Fahrzeuge und hohe Laufleistungen weiterhin eine Alternative, obwohl er teurer wird und vielleicht die Vorteile bei der Mineralölsteuer in den nächsten Jahren geringer werden könnten."

Alexander Dobrindt fordert hingegen, dass die Autoindustrie mehr Dynamik bei Innovationen der Antriebstechniken an den Tag legen müsse. Der Diesel-Gipfel kommende Woche biete die Chance, Ökologie und Mobilität näher zusammen zu bringen und eine Perspektive für die Zukunft zu geben, sagte der Verkehrsminister.

Beim Diesel-Gipfel am kommenden Mittwoch hofft die deutsche Automobilindustrie, die drohenden Diesel-Fahrverbote noch abzuwenden. Bei dem Treffen von Politikern und Firmenvertretern soll darüber gesprochen werden, wie der Schadstoffausstoß gesenkt werden kann. Geplant sind Nachrüstungen per Software-Updates für Euro-5 und Euro-6-Diesel, mit denen die Stickoxid-Belastung verringert werden soll.

Das Stuttgarter Verwaltungsgericht hatte am Freitag den Weg für Diesel-Fahrverbote in Innenstädten geebnet. Dies sei im Fall älterer Dieselautos die beste Lösung zur Senkung gesundheitsschädlicher Abgase, urteilte das Gericht. In Stuttgart und zahlreichen anderen deutschen Städten werden die Emissions-Grenzwerte deutlich überschritten.

AR/fab (dpa,AFP,Reuters)