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223 Teraflop

Miriam Schack22. Februar 2008

Schneller, leistungsfähiger, größer. Der Wettlauf der Supercomputer geht in die nächste Runde: JUGENE wird in Jülich eingeweiht, RANGER in Texas.

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Techniker verkabelt Teile des neuen Computers, Quelle: dpa
Im Kabelwald von JülichBild: picture-alliance / dpa

Der neue Superrechner JUGENE im Forschungszentrum Jülich sollte eigentlich der schnellste zivile Rechner der Welt werden - doch lange hielt er seinen Spitzenplatz nicht. Denn sein zurzeit stärkster Konkurrent, der RANGER von der Universität Texas, ging nun ebenfalls am Freitag (22.2.2008) an den Start. Und der ist ungefähr doppelt so schnell.

Der Leiter der Anwendungsabteilung in Jülich, Norbert Attig, betrachtet die Konkurrenz trotzdem relativ gelassen. Die Entwicklung auf diesem Gebiet verlaufe nun mal außerordentlich rasant: "Es gibt zweimal im Jahr diese so genannte Top500-Liste. Darauf waren in den letzten Jahren jedes Mal etwa 250 bis 300 Einträge neu. Mich überrascht es nicht, wenn eine andere Forschergruppe mal wieder schneller ist. Wir kennen dieses Spielchen schon."

Quelle: Forschungszentrum Jülich
Die heiligen Hallen von JUGENEBild: Forschungszentrum Jülich

Supercomputer JUGENE passt unter keinen Schreibtisch. Schließlich verfügt er über mehr als 65.000 Prozessoren und die müssen erst einmal untergebracht werden. Im Fall von JUGENE stecken sie in 16 schwarzen Schränken. Jeder einzelne hat in etwa die Größe einer Telefonzelle.

JUGENE und die beiden anderen Jülicher Supercomputer JUMP und JUBL haben ihren Platz in einer großen Halle gefunden. Sobald Attig die Tür aufschließt, wird es laut. Ein Schild weist darauf hin, dass Besucher Ohrenschützer tragen sollten. Denn auf Dauer schlägt der große Lärm in der Halle aufs Gehör. "Im Wesentlichen sind es die Klimaanlage und die Lüfter, in den Rechnern, die dieses Geräusch verursachen", erklärt Attig. Die Wärme, die die Rechner abgeben, ist das größte Problem.

Bei der Konkurrenz in Texas hat man wesentlich mehr Platz zur Verfügung, kann die Prozessoren weiter voneinander entfernt stellen und besser kühlen. Also kann man schnellere Prozessoren verwenden als in Jülich.

Als ob die ganze Welt auf ein Mal rechnet

Der Supercomputer in Jülich rechnet so schnell wie 20.000 PCs gleichzeitig. Da droht schon mal das eine oder andere Teil heiß zu laufen. Die Spitzenleistung liegt bei einer Rechengeschwindigkeit von 223 Teraflop, das sind 223 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde. Eine nahezu unvorstellbare Zahl. Attig versucht trotzdem eine Erklärung: "Das ist so als ob bei einer sieben Milliarden großen Erdbevölkerung jeder Mensch in der gleichen Sekunde 30.000 Rechenoperationen ausführen würde."

Norbert Attig und Wolfgang Gürich neben einem Computer in Jülich, Quelle: dpa
Norbert Attig (links) und Abteilungsleiter Wolfgang Gürich neben einem Teil ihres SupercomputersBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Doch JUGENE ist nicht nur so leistungsfähig, weil er so viele Prozessoren hat. Schließlich löst jeder Prozessor nur einen Teil des Gesamtproblems. Das Entscheidende ist ein gut funktionierendes Netzwerk, das die Informationen effektiv verknüpft. So arbeite jeder Prozessor an einem Einzelteil des Problems. Dann werden die Daten zwischen den einzelnen Prozessoren hin- und hergeschickt. "Deswegen muss es auch ein ganz schnelles Netzwerk sein, das die Prozessoren miteinander verbindet", sagt Attig.

Einen Stern kriegt man nicht auf den Labortisch

200 deutsche und europäische Forschergruppen können auf die Rechenkapazität von JUGENE zurückgreifen. Eine unabhängige Gutachterkommission entscheidet, welche Projekte den Zuschlag erhalten.

Matthias Bolten schreibt am Jülicher Supercomputing Centre seine Doktorarbeit. Er spart Zeit und Geld, wenn er bestimmte Experimente vorher am Computer simulieren kann. "Wenn ich ein neues Medikament entwickle, dann muss man sehr, sehr viele Experimente machen." Praktisch ist der neue Computer auch für Astrophysiker, die bisher nicht am Objekt forschen konnten. "Einen Stern kann man nur sehr schwer auf den Labortisch holen. Infsofern ist dieses Computerexperiment sehr wichtig geworden."

Mit Papier und Bleistift ginge das nicht so schnell

Hauptplatine von JUGENE
Unzählige Chips sorgen für die hohe Leistung des ComputersBild: Forschungszentrum Jülich

Der 29-jährige Doktorand Bolten beschäftigt sich mit der Lösung linearer Gleichungssysteme. Allerdings in einer Größenordnung, die normale PCs nicht mehr bewältigen könnten. "Das kennt im Prinzip jeder aus der Schule: mehrere Gleichungen mit mehreren Unbekannten, X und Y. Das muss man irgendwie auflösen." Der Unterschied: Bolten beschäftigt sich mit sehr großen Gleichungssystemen mit einer Milliarde Unbekannten und einer Milliarde Gleichungen. Und dabei hilft JUGENE ganz enorm. "Das könnte man mit Papier und Bleistift nicht mehr so schnell machen."