1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Differenzen im deutsch-amerikanischen Verhältnis

11. Juli 2006

Den Streit über den Irak-Krieg haben die USA und Deutschland beigelegt. Trotz aller Freundschaft gibt es aber Differenzen. Die Themenpalette reicht vom Anti-Terrorkampf bis zu Subventionen.

https://p.dw.com/p/8keJ
Merkel und Bush: neue Freunde mit unterschiedlichen Ansichten (Mai 2006)Bild: Picture-alliance/ dpa

CIA-Praktiken: 2005 wurde bekannt, dass der US-Geheimdienst in geheimen Flügen von Deutschland und anderen europäischen Ländern aus Terrorverdächtige an unbekannte Orte transportiert hat. Zu den Betroffenen zählt der am Silvestertag 2003 von Mazedonien nach Afghanistan verschleppte Deutsch-Libanese Khaled el Masri. Auch ein Sonderausschuss des Europäischen Parlaments erhebt massive Vorwürfe gegen den amerikanischen Geheimdienst und einige Mitgliedstaaten, darunter Deutschland. Die EU-Kommission droht den betreffenden Staaten mit Sanktionen, sollte sich ihr Verdacht bestätigen.

Guantanamo: Die deutsche Regierung fordert die Schließung des US-Militärgefängnisses Guantanamo auf Kuba, wo noch etwa 450 Terrorverdächtige ohne Urteil einsitzen. Unter ihnen ist seit 2002 der in Bremen aufgewachsene Türke Murat Kurnaz, um dessen Freilassung sich Berlin bemüht. Die Oppositionsparteien üben großen Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus, dieses Thema anzusprechen. SPD und Grüne fordern, dass Merkel sich nicht mit einem allgemeinen Versprechen, dass Guantanamo geschlossen wird, zufrieden gibt. Sie wollen ein konkretes Datum.

Atomstreit mit dem Iran: Merkel setzt darauf, dass in Verhandlungen mit Teheran "die Vernunft siegt". US-Präsident George W. Bush will sich erst an Gesprächen beteiligen, "wenn sie (die Iraner) die Urananreicherung in nachprüfbarer Weise aussetzen". Als letztes Mittel schließt Bush einen Militäreinsatz nicht aus. Aber die USA allein sind dem Iran nicht gewachsen und auf internationale Unterstützung angewiesen. Das räumt Merkel einen großen Verhandlungsspielraum ein, insbesondere in Hinblick auf einen möglichen Sitz im UN-Sicherheitsrat für Deutschland.

EU-Erweiterung: Bush unterstützt offen einen baldigen EU-Beitritt des Nato-Partners Türkei. Er sieht darin einen geostrategischen Vorteil für die westliche Welt. Merkel würde eine "privilegierte Partnerschaft" bevorzugen. Ihr SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnt die Union vor einer Ausgrenzung der Türkei. Aber als Basis für weitere Verhandlungen muss die Türkei zunächst ihren Reformkurs wiederaufnehmen und vor allem die Republik Zypern anerkennen.

Kyoto-Protokoll: Das den Deutschen sehr wichtige Kyoto-Protokoll von 1997 zum Klimaschutz haben die USA immer noch nicht ratifiziert. Die Haltung von Präsident Bush zum Klimaschutz hat sich jedoch gewandelt. Die globale Erwärmung sei "ein ernstes Problem", erklärte er im Juni. Man müsse weg vom Öl und geeignete Techniken einsetzen. Ein krasser Wandel, denn in den USA wurde bisher der Zusammenhang zwischen Schadstoffemission und globaler Erwärmung geleugnet. Bush baut dabei mittlerweile sogar auf die Unterstützung der christlichen Rechten. In einem Vorabinterview sagte Merkel, sie wolle das Thema Energiepolitik anzusprechen.

Subventionen: Der Streit zwischen Europäern und Amerikanern wegen der jeweiligen Milliardenhilfen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing schwelt seit Jahren. In der Sache geht es um Marktanteile. Ein Schiedsgericht der Welthandelskonferenz (WTO) soll entscheiden. Auch über Agrarsubventionen der USA und Agrarzölle der EU wird im WTO-Rahmen gestritten. Ob die Gespräche zwischen Merkel und Bush da zu einer Verbesserung führen, ist fraglich, da die Agrarsubventionen selbst in der EU ein Konfliktthema sind, bei dem viele Mitgliedstaaten eine mögliche Änderung blockieren. (lh)