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Diffizile Dreiecksbeziehung

9. Mai 2003

Die Zusammenarbeit zwischen Polen, Deutschland und Frankreich soll durch regelmäßige Konsultationen neue Impulse erhalten. Dies wurde auf einem Dreier-Gipfel im polnischen Wroclaw (Breslau) beschlossen.

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Wroclaw (Breslau): Idyllische Kulisse für schwierige GesprächeBild: transit-Archiv

Deutschland, Frankreich und Polen wollen ihre Zusammenarbeit in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik verstärken. Hierzu sollten regelmäßige Konsultationen der drei Länder stattfinden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Frankreichs Präsident Jacques Chirac und seinem polnischen Kollegen Aleksander Kwasniewski am Freitag (9.5.2003) in Wroclaw (Breslau). Mit den regelmäßigen Treffen solle die Entwicklung ziviler und militärischer Kapazitäten im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) beschleunigt werden, hieß es weiter. Zudem solle die strategische Partnerschaft zwischen der EU und der NATO gestärkt werden.

Initiativkraft für die EU

Durch den Dialog und die Zusammenarbeit könne das "Weimarer Dreieck" eine "Initiativkraft" für die erweiterte EU werden. Ein weiterer wichtiger Gegenstand der etwa einstündigen Dreier-Unterredung war auch die multilaterale Stabilisierungstruppe für den Irak, in der Polen als eine von drei oder vier Führungsnationen eine wichtige Rolle spielen soll.

Die Staats- und Regierungschefs der drei Länder kamen im Rahmen des sogenannten "Weimarer Dreiecks" (vgl. auch das Stichwort zum "Weimarer Dreieck") zusammen. Seit der Geburtsstunde des "Weimarer Dreiecks" vor fast zwölf Jahren halten die Regierungen regelmäßige Konsultationen zu verschiedenen Politikbereichen ab. Während die Außenminister des Weimarer Dreiecks einmal im Jahr zusammenkommen, ist das Treffen in Wroclaw erst das vierte auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs.

Gleichgewichtsstörungen

Noch wenige Tage vor dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs Polens, Deutschlands und Frankreichs sorgte der polnische Verteidigungsminister Jerzy Smajdzinski nicht nur für Schlagzeilen, sondern auch für Verärgerung. Smajdzinski machte den politisch brisanten Vorschlag, dass auch Bundeswehrsoldaten an einer multinationalen Truppe in Irak beteiligt werden könnten. Ein gelungener Coup, auf den die Bundesregierung höchst irritiert reagierte.

Der Meinungsaustausch in Wroclaw stand somit im Schatten der Gleichgewichtsprobleme, die das Weimarer Dreieck seit dem Irak-Krieg plagen. Deutschland und Frankreich waren sich einig im Lager der Kriegsgegner, Polen hingegen profilierte sich in der "Koalition der Willigen" und erntete dafür viele Streicheleinheiten aus Washington.

Dringliche Zusammenkunft

Hans-Dietrich Genscher bezeichnete die Zusammenkunft der Staatschefs im Vorfeld als "dringlicher denn je". Der frühere Bundesaußenminister und Mitbegründer des "Weimarer Dreiecks" hält die Rolle Polens in der Nachkriegsordnung des Irak für "eine Angelegenheit, die durchaus zu besprechen ist, sowohl in der EU als auch in der NATO". Die gemeinsame Meinungsbildung zwischen Frankreich, Deutschland und Polen werde seit Jahren nicht mit der gebotenen Energie verfolgt, lautet Genschers Kritik in einem Interview mit DW-TV.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt will Warschau es sich offenbar weder mit den USA, noch mit Deutschland und Frankreich verscherzen. Polen habe mit den transatlantischen Beziehungen und der europäischen Integration zwei gleichrangige außenpolitische Ziele, sagte der polnische Botschafter in Berlin, Andrzej Byrt. Dabei sonnt sich Warschau in seiner bevorstehenden Führungsrolle in Irak und spekuliert auf neue Impulse und Aufträge für seine Unternehmen im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Landes. Der Schmusekurs zwischen Warschau und Washington hatte vor allem in Paris für Verstimmungen gesorgt. (am)