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Digital ist besser!

Marcus Bösch7. September 2002

Afrika steht im Mittelpunkt der diesjährigen "Ars Electronica". 280 Medienkünstler und Onliner treffen sich ab 7. September 2002 im österreichischen Linz. Afrikanische Aktivisten präsentieren Projekte, Pop und Politik.

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Medienkunst weltweit?

Von seiner Haustür in Johannesburg bis zur Rezeption des Hotels "Sommerhaus" in Linz hat Marcus Neustetter 18 Stunden gebraucht. Ein bisschen müde fühlt er sich jetzt zwar schon. Aber Neustetter, einer der führenden Köpfe der afrikanischen Medienkunstszene, ist guter Dinge. Im Rahmen der "Ars Electronica" präsentiert er den aktuellen Stand der digitalen Kultur südlich der Sahara. "Über eine handvoll Aktivisten, die schlechten technischen Möglichkeiten trotzen und eigene Positionen beziehen", berichtet der Künstler und Kurator im Gespräch mit DW-WORLD.

Blinde Flecken und Barrieren

Das digitale Afrika ist ein zentrales Schwerpunkthema des diesjährigen Medienkunstfestival "Ars Electronica". "Blinde Flecken der Globalisierung" will der künstlerische Leiter Gerfried Stock beleuchten und "Barrieren mentaler und geographischer Art" aufzeigen. Unter dem Motto "Unplugged" sollen dabei ganz konkret Fragen nach dem politischen Moment in der zeitgenössischen Medienkunst fokussiert werden.

Explizit politisch

Neustetter und sein Netzwerk "New Media Art" geben sich bei der Präsentation ihrer Arbeit durchaus explizit politisch. In der Kritik stehen die kommerzielle Macht des Internets und "neokolonialistischen Ansätze". Die herrschende digitale Kluft der vernetzten Welt illustriert Neustetter mit einem einfachen Beispiel:

Marcus Neustetter
Marcus NeustetterBild: marcus neustetter

"Was passiert denn, wenn man die globalen Online-Suchmaschinen mit Schlagworten wie 'Samibia', 'Kunst' oder 'Digital' füttert?", fragt er spitz und ergänzt: "Man findet Berichte über Aids, Armut, Raub und Totschlag". Das erklärte Ziel der afrikanischen Netzaktivisten: Eigene Inhalte und eigene Umsetzung.

Radio-Kit und Online-Boutique

"Mein Ziel ist die umfassende Verbreitung digitaler Kultur in Afrika", sagt Neustetter. Das Festival in Linz bietet zumindest ein Forum für die Darstellung eines "stolzen Afrikas", wie Neustetter es nennt. Aktuelle afrikanische Online-Projekte werden beispielsweise im Rahmen eines Symposiums am Montag (9. September 2002) vorgestellt: Obwohl von den 770 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent nur jeder 150. Zugang zum Internet hat, gibt es zahlreiche innovative Ideen und unkonventionelle Umsetzungen. Die Palette reicht dabei von einem mobilen Radio-Bausatz, zur einfachen Produktion von Radiobeiträgen in lokaler Sprache bis zur ersten senegalischen Online-Boutique.

Popmarkt parallel

Populäre Musik aus den afrikanischen Metropolen bildet den künstlerischen Schwerpunkt der "Ars Electronica". Bands und DJ´s wie BMG 44 aus dem Senegal präsentieren ihre urbane Jugendkultur unter dem Slogan "Urban African Club". Jay Rutledge, Kurator und Experte für afrikanische Popmusik, will "einen spannenden musikalischen Parallelmarkt" aufzeigen, "von dem Europa schlicht und einfach abgekoppelt ist".

BMG 44
BMG 44 aus dem SenegalBild: BMG 44

Prix Ars Electronica 2002

Während die skizzierten Projekte aus Afrika Aufbruchstimmung verbreiten, wird von manchen europäischen Teilnehmern bereits die postdigitale Epoche eingeläutet. Bevor es soweit ist, wird aber auch in diesem Jahr die Verleihungen des "Prix Ars Electronica" im Mittelpunkt des (Medien-)Interesses stehen (obwohl die Preisträger bereits seit Mai 2002 feststehen). Die weltweit wichtigste und traditionsreichste Medienkunst-Auszeichnung erhalten in diesem Jahr ein Amerikaner, ein Kanadier und eine Österreicherin. Afrikanische Beiträge gingen widerum leer aus.

Ars Electronica vom 7. bis zum 12. September 2002