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Einfachere Einwanderungspraxis

9. Juli 2010

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag plädiert angesichts der schrumpfenden Bevölkerung für eine einfachere Zuwanderungspraxis. Deutschland müsse für Migranten attraktiver werden.

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Symbolbild: Eine Aufschrift, die den Zuwanderern sagt, sie seien willkommen (Foto: DW)
Unternehmen appellieren für eine einfachere EinwanderungspraxisBild: DW

Die deutsche Wirtschaft hat Sorgen. Der Konjunkturmotor ist zwar wieder angesprungen, aber es fehlen Fachkräfte. Zudem finden die Unternehmen nicht genügend Auszubildende. Viele freie Jobs können nicht vergeben werden, weil die Bewerber ungeeignet sind. Der demografische Wandel auf dem Ausbildungsmarkt macht sich bereits bemerkbar. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat nun die Bundesregierung angesichts des erwarteten Rückgangs der Bevölkerung zu einer einfacheren Zuwanderungspraxis aufgefordert. "Deutschland muss sich künftig viel stärker als attraktives Einwanderungsland positionieren." Das sagte DIHK-Geschäftsführer Achim Dercks in einem Zeitungsinterview mit der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post".

Fehler und Versäumnisse

Türkische Frau mit einem Kopftuch schreibt (Archivfoto: ap)
Jeder zweiten türkischstämmigen Frau in Deutschland fehlt ein BerufsabschlussBild: AP

Bildungs- und Arbeitsmarktforscher schlagen seit langem Alarm. Der jüngste Integrationsbericht der Bundesregierung über die Lage der Ausländer in Deutschland deckt die Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit schonungslos auf: Von den 20- bis 30-jährigen jungen Menschen mit Migrationshintergrund hat fast jeder Dritte keinen Berufsabschluss und befindet sich auch nicht mehr in der Weiterbildung. Bei jungen Frauen türkischer Herkunft ist es sogar fast jede Zweite.

Die deutsche Wirtschaft ist davon überzeugt, dass Wohlstand immer stärker von der Zuwanderung abhängt. Führende Wirtschaftsverbände appellieren deshalb an die Bundesregierung, die Zuwanderung für nicht-europäische Ausländer zu erleichtern. Zu einem attraktiven Einwanderungsland gehört nach Ansicht des Hauptgeschäftsführers des DIHK, dass gezielter vorgegangen und zugleich für bessere Integrationschancen gesorgt werde. Dercks schlägt die Einführung eines Punktesystems vor, in dem "nach australischem oder kanadischem Vorbild" die Zuwanderer im Hinblick auf Qualifikation, Berufserfahrung und Sprachkenntnissen überprüft werden.

Seit Jahren fehlen Fachkräfte

Dieses Instrument, meint Dercks, ermögliche es der Politik, je nach Bedarf unterschiedliche jährliche Zuwanderungszahlen für Fachkräfte festzulegen: "Das alles könnte schnell, unbürokratisch und wirtschaftsnah gehen." Für hochqualifizierte Ausländer gebe es beispielsweise immer noch hohe Hürden bei der Anerkennung ihrer Abschlüsse.

Bildkombo Logos der Wirtschaftsverbände BDI, DIHK, ZDH, BDA (Foto: DW)
Wirtschaftsverbände klagen über drastischen Fachkräftemangel

Deutsche Unternehmen aller Branchen klagen seit Jahren über einen drastischen Fachkräftemangel, der sich in den nächsten Jahren voraussichtlich noch verstärken wird. Mit einheimischen Arbeitern seien die Lücken angesichts der demografischen Entwicklung kaum zu schließen. Was fehle seien qualifizierte Arbeiter aus dem Ausland. Doch offenbar wird Deutschland für diese als Einwanderungsland immer unattraktiver. Es gibt zu viele bürokratische Hürden oder zu hohe Mindesteinkommen, viele Hochqualifizierte fühlen sich von den Regelungen hierzulande abgeschreckt.

Die Zahlen sprechen für sich: Zwar haben die Einbürgerungen im vergangenen Jahr gegenüber 2008 wieder leicht zugenommen, doch liegen sie immer noch deutlich unter denen der vorangegangenen Jahre. So erhielten 2008 rund 94.500 Ausländer einen deutschen Pass, im vergangenen Jahr waren es 96.100. Der Höchststand war im Jahr 2000 mit der Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts erreicht worden. Damals wurden etwa 186.700 Personen eingebürgert - nahezu doppelt so viele wie 2008. Anschließend sank die Zahl auf gut 117.000 im Jahr 2005, 2007 waren es noch 113.000. Die Tendenz: weiter sinkend.

Autor: Monika Lohmüller (dpa, afpd, ap)

Redaktion: Martin Schrader