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Diplomatische Rushhour in Paris

27. Januar 2004

Chinas Präsident Hu Jintao und UN-Generalsekretär Kofi Annan gaben sich die Klinke in die Hand: Beide waren am 27.1.2004 unabhängig voneinander in Paris bei Staatspräsident Jacques Chirac zu Gast.

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Die viertägige Visite Hu Jintaos markiert 40 Jahre diplomatische Beziehungen, die Frankreich viel eher zum kommunistischen China aufgenommen hatte als etwa Deutschland und die USA. Und zur Feier des Tages vergab Frankreichs Präsident Jacques Chirac reichlich politische Zuckerstückchen an den Gast: Chirac kritisierte das kommende Referendum über eine mögliche Unabhängigkeit Taiwans als "schweren Fehler". Wer diesen Fehler begehe, trage eine "schwere Verantwortung für die Stabilität der Region", sagte Chirac beim Staatsbankett im Pariser Elysee-Palast. Wenn der Status quo durch eine "einseitige und destabilisierende Initiative" verändert werde, erhalte die Spaltung den Vorzug vor der Einheit.

"Sehr geschätzt"

Hu dankte Chirac und betonte, diese Haltung werde von China "sehr geschätzt". Die taiwanische Regierung verteidigte unterdessen ihre parallel zur Präsidentschaftswahl angesetzte Volksabstimmung. Chirac habe "Vorbehalte" gegenüber dem Plan Taiwans angemeldet; dabei sei es aber vor allem die Volksrepublik China, die sich der Konsultation widersetze, sagte ein Regierungssprecher am Dienstag in Taipeh. Die Inselrepublik Taiwan ist seit 1949 von der kommunistischen Volksrepublik China abgespalten. Frankreich tritt wie Deutschland für eine Ein-China-Politik ein.

Eiffelturm zu Ehren Hus in rot
Der Eiffelturm in rot: Wegen des chinesischen Neujahrs - und des Besuchs von HuBild: AP

Am Dienstagvormittag (27. Januar 2004) unterzeichneten Hu und Chirac eine gemeinsame politische Erklärung, die eine Fortentwicklung der Menschenrechte in China fordert und das Referendum in Taiwan ausdrücklich kritisiert. Die gemeinsame Erklärung soll die "strategische umfassende Partnerschaft" zwischen Paris und Peking von 1997 erneuern.

"Überhaupt kein Sinn"

Zudem forderte Chirac die Aufhebung des europäischen Waffenembargos gegen China. Das Embargo der EU habe "heute überhaupt keinen Sinn mehr", sagte Chirac am Dienstag in Paris. "Ich hoffe, es wird in den nächsten Monaten aufgehoben." Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich schon für ein Ende des Embargos stark gemacht. Bundesaußenminister Joschka Fischer hatte zurückhaltend auf die Forderung reagiert. Die Europäische Union prüft gegenwärtig auf französischen Antrag hin die Möglichkeit, das Waffenembargo aufzuheben. Es wurde nach der gewaltsamen Unterdrückung von Protesten gegen das kommunistische Regime am Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1989 verhängt. In EU-Kreisen hieß es dazu aber, die Reaktion Pekings auf das Referendum in Taiwan müsse vor einer Entscheidung über das Waffenembargo noch abgewartet werden. Der Präsident der EU-Kommission, Romano Prodi, sprach sich für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos aus. Schweden und die Niederlande wehren sich als Kritiker der Menschenrechtslage in China gegen ein Ende des Embargos.

UN-Vertreter kehren zurück

Annan und Chirac
Annan und ChiracBild: AP

Nach Hu war am Dienstag auch UN-Generalsekretät Kofi Annan bei Chirac zu Gast. Thema des Besuchs war vor allem die Lage im Irak.

Die Vereinten Nationen werden ein Expertenteam für die Organisation direkter Wahlen in den Irak entsenden. Zur Zeit verhandelten UN-Vertreter in Bagdad mit der US-Zivilverwaltung über Sicherheitsgarantien für die UN-Wahlmission, sagte Annan am Dienstag nach
einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac in Paris. "Ich bin zuversichtlich, dass die US Zivilverwaltung zufrieden stellende Sicherheitsvorkehrungen treffen wird", meinte Annan.

Das Expertenteam der Vereinten Nationen soll die Bedingungen für das Gelingen direkter Wahlen eines Übergangsparlaments im Irak untersuchen. Die UN könnten dort "eine konstruktive Rolle" bei den gegenwärtig in einer Sackgasse steckenden Gesprächen spielen, sagte
Annan.

Die US-Zivilverwaltung und der provisorische Regierungsrat im Irak hatten die Vereinten Nationen am 19. Januar gebeten, die Chancen für direkte Wahlen im Irak bis zum Mai zu sondieren. Die Mitarbeiter der Weltorganisation hatten die irakische Hauptstadt nach einem Anschlag auf das UN-Hauptquartier im August verlassen, bei dem 23 Menschen starben, darunter auch der höchste UN-Vertreter Sergio Vieira de Mello. (sams/kas)