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Diskussion über Begrüßungsgeld für Fachkräfte

2. August 2010

Die Forderung, ausländische Fachkräfte mit einer Art Begrüßungsgeld nach Deutschland zu locken, stößt auf Kritik. BA-Chef Weise fordert, vorhandenes Potenzial zu nutzen. Die Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf.

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Hände auf Laptop-Tastatur (Foto: ap)
Nach der Wirtschaftskrise werden Fachkräfte gesuchtBild: AP

Die Bundesregierung will die Regeln für die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte nicht überarbeiten. Erst zum Jahresanfang 2009 sei ein entsprechendes Gesetz zur Steuerung der Zuwanderung eingeführt worden, sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag (02.08.2010) in Berlin. Diese Regelungen wirkten durchaus positiv. Eine Überarbeitung des Gesetzes nach so kurzer Zeit sei deshalb nicht erforderlich.

Attraktive Angebote für Experten aus dem Ausland

Nach Forschungsministerin Annette Schavan hatte auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle das Thema Zuzug Hochqualifizierter aus dem Ausland Ende letzter Woche angesprochen. Angesichts des Aufschwungs klagen viele Betriebe über einen Fachkräftemangel.

Der FDP-Wirtschaftsminister forderte deswegen mehr Zuwanderung und möchte diese mit einer Art Begrüßungsgeld ankurbeln. Dies könne die deutsche Wirtschaft zahlen, um dringend benötigte Experten gegebenenfalls aus dem Ausland zu locken. Brüderle schloss aber aus, dass der Bund die Prämien mit Steuern bezahlt. Der FDP-Politiker kündigte zudem eine "Fachkräfte-Initiative" an. Dazu plant er demnächst ein Treffen mit Wissenschaftlern und Wirtschaftsvertretern.

Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit Frank-Jürgen Weise (Foto: dpa)
Die vorhandenen Arbeitskräfte möchte BA-Chef Weise besser vermittelnBild: picture-alliance/dpa

Unternehmen sollen handeln

Auch der Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Frank Jürgen Weise, findet deutliche Worte zur aktuellen Diskussion über die Zuwanderung von Fachkräften in Deutschland. "Wir können nicht zulassen, dass Menschen in Arbeitslosigkeit sind, nur weil ihre Talente nicht genutzt werden", erklärte der BA-Chef in der "Financial Times Deutschland".

BA-Chef Weise sieht die Anwerbung von Fachkräften erst als zweiten Schritt. "Wer qualifizierte Kräfte haben und halten will, muss etwas bieten das können die Unternehmen selbst gestalten, da braucht man nicht nach dem Gesetz zu rufen." Weise forderte vor allem die Unternehmen auf, das ihre zu tun, um den Mangel an Fachkräften vorrangig aus dem vorhandenen Reservoir zu decken.

Mangel muss gedeckt werden

Das gelte auch angesichts des Mangels in der Kinderbetreuung, der viele qualifizierte Frauen daran hindere, zu arbeiten. "Das Kinderbetreuungsangebot reicht nicht aus, und die Kommunen haben in der Krise keinen Spielraum“, sagte Weise. "Es ist auch Sache von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, das so zu organisieren, dass Familie und Beruf vereinbar sind", betonte der BA-Chef.

Außerdem empfahl Weise, bei der Einstellung von Bewerbern nicht nur nach den Zeugnissen zu schauen. "Man sollte es bei der Qualifizierung auch nicht übertreiben und nur auf zertifizierte Schulabschlüsse setzen", erklärte er. Gelinge es nicht, den Mangel an Fachkräften in Deutschland decken, drohten negative Folgen.

Eine Frau mit Kinderwagen geht am Schild der Bundesagentur für Arbeit vorbei (Foto: ap)
Hochqualifizierte Frauen sollen in den Beruf zurückfindenBild: AP

Kritik aus Union und SPD

Auch Teile der Union und die SPD werfen Brüderle und Forschungsministerin Annette Schavan (CDU), die für Erleichterungen beim Zuzug Hochqualifizierter plädieren, vor, die falschen Prioritäten zu setzen.

So lehnt der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer ein Begrüßungsgeld für ausländische Fachkräfte ab. Er halte eine solche Prämie nicht für gut, sagte Seehofer am Sonntag in der ARD. Er plädierte dafür, das Potenzial der gut drei Millionen Arbeitslosen zu nutzen. Zudem komme im Mai 2011 die Arbeitnehmer-Freizügigkeit in Europa. "Das heißt, man kann dann in Europa nicht nur den Wohnsitz frei wählen, sondern auch den Arbeitsplatz." Das Anwerben von Fachkräften könne erst an dritter Stelle stehen.

Autorin: Marion Linnenbrink (ap, dpa, rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber