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DIW will nicht mehr prognostizieren

15. April 2009

Das DIW aus Berlin sorgt für eine Überraschung: Für 2010 will das Institut keine bezifferte Prognose abgeben. Für das laufende Jahr legt sich das Institut bei seiner Frühjahrsanalyse allerdings fest - nach unten.

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Konjunktur-Symbolbild (DW-Montage)
Wann geht es wieder aufwärts mit den Kursen? Seriöse Konjunkturprognosen seien zur Zeit nicht möglich, so das DIWBild: BilderBox

So deutlich ist es wohl nie von einem Vertreter der Zunft der Wirtschaftsforscher gesagt worden: Seriöse Wirtschaftsprognosen in Zeiten der Wirtschaftskrise sind nicht möglich. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, Klaus Zimmermann, drückt es so aus: "Sämtliche Prognostiker - das DIW Berlin inbegriffen - haben die Entwicklung in all ihrer Dramatik so nicht vorausgesehen. Die Makroökonomik befindet sich in einem Erklärungsnotstand“.

DIW gibt sich selbstkritisch

Das DIW zog die Konsequenz und verzichtet für das Jahr 2010 auf eine konkrete Vorhersage der Wachstumsrate. Wegen der extrem hohen Unsicherheiten sei es nicht sinnvoll, eine qualitative Prognose vorzulegen. Seit der Verschärfung der Finanzkrise liefen die Prognosen der Entwicklung hinterher. Das Institut wirft selbstkritisch einen Blick zurück. Die DIW-Forscher gehörten zu den wenigen Experten, die noch im November für Deutschland ein Wachstum für das vierte Quartal voraussagten. Zum Jahresende war aber die Wirtschaftsleistung mit 2,1 Prozent so stark geschrumpft wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.

Porträtfoto von DIW-Präsident Zimmermann (Foto: dpa)
DIW-Chef Zimmermann kündigte Kurswechsel seines Hauses bei Konjunkturprognosen anBild: picture alliance / dpa

Nun also ein neuer Versuch. Für das Jahr 2009 wagt das Institut noch eine Prognose. Eins steht fest und ist nicht überraschend: 2009 wird aus wirtschaftlicher Sicht ein bitteres Jahr. Laut DIW wird die deutsche Wirtschaftsleistung voraussichtlich um rund fünf Prozent geringer ausfallen als 2008. Die Zahl der Arbeitslosen könnte um mehr als 700.000 ansteigen. Ende des Jahres könnte sich die Konjunktur in Deutschland sogar stabilisieren – allerdings sei nur von einer schwachen und langsamen Erholung auszugehen. Der DIW-Chef ging auch auf eine aktuelle Diskussion ein. Zimmermann sprach sich gegen ein Konjunkturpaket III aus. "Allein schon die Debatte darüber ist schädlich, denn sie schafft neue Unsicherheiten".

Suche nach Gründen für das Versagen

Die Gründe für das Versagen? Die verfügbaren "Strukturmodelle" stießen bei historischen Wachstumseinbrüchen an die Grenze des Machbaren, so das DIW. Auch die Wirkungen von Immobilien- und Finanzblasen auf die Realwirtschaft seien noch nicht vollständig untersucht. "Das Gefahrenpotential, das sich in infolge der Probleme auf den Finanz- und Immobilienmarkt zusammenbraute, wurde unterschätzt", resümiert das Berliner Institut.

Aber auch schon vor Ausbruch der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise trafen die Prognosen der Forschungsinstitute selten ein. So weit geht Zimmermann aber nicht, dass er den Sinn von Prognosen grundsätzlich hinterfragt. Aber vielleicht ist ja der Sinn der Ehrlichkeit des DIW-Chefs, einen Kredit für die Zukunft zu bekommen. Damit die Gleichung "Wirtschaftsweise = Wirtschaftsdumme“ nicht mehr zu hören ist". (la/mag/dpa/ap/rtr/afp)