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Gesellschaft

Doaas gefährliche Flucht nach Europa

28. Februar 2017

Für ihren Verlobten endete die Flucht übers Mittelmeer tödlich. Als die Syrerin Doaa gerettet wurde, hielt sie zwei Babys im Arm. Melissa Fleming von der UN-Flüchtlingshilfe hat darüber ein Buch geschrieben.

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Flüchtlinge Doaa
Bild: UN-Flüchtlingswerk UNHCR

Wer diese junge Frau erlebt - wie sie ruhig und freundlich über ihr Schicksal berichtet - der kann nur eins sein: beeindruckt. So geht es den etwa 15 Journalisten, die am Dienstag in Berlin zur Buchvorstellung gekommen sind. Einige von ihnen applaudieren am Ende der einstündigen Veranstaltung. Ein Verhalten, das wegen der gebotenen professionellen Distanz normalerweise unüblich ist. In diesem Fall wirkt es zumindest nicht unpassend.

"Doaa - meine Hoffnung trug mich über das Meer" heißt die wahre Geschichte, die auf 282 Seiten erzählt wird. Von Melissa Fleming, die im Hauptberuf Pressesprecherin der UN-Flüchtlingshilfe ist. Traurige Schicksale sind ihr tägliches Geschäft. Das Elend dieser Welt mit ihren rund 65 Millionen Menschen, die vor allem wegen Krieg und Hunger ihre Heimat verlassen. Fleming hätte allen Grund, an den Zuständen zu verzweifeln. An der Seite ihrer Protagonistin Doaa liegt einem dieser Gedanke jedoch fern. Ihr gemeinsames Buch ist der Versuch, Flüchtlingen "ein Gesicht zu geben".

Eine glückliche Kindheit in Syrien

Die Autorin verknüpft diesen Anspruch mit dem Hinweis auf "gewisse Politiker", die die Angst der Menschen ausnützen würden. Fleming spricht von einer Zeit, in der Flüchtlinge "nicht mehr als Menschen gesehen würden". Namen nennt die Amerikanerin keine. Aber an wen sie denkt, ist klar. Wobei US-Präsident Donald Trump nur einer unter vielen ist. Auch und gerade in Europa ist die Liste der fremdenfeindlichen Politiker über die Jahre immer länger geworden.

Melissa Fleming
Autorin Melissa Fleming: "Flüchtlingen ein Gesicht geben"Bild: UNHCR/S. Hopper

Dieser Entwicklung zum Trotz erzählt Doaa geduldig ihre Geschichte. Sie tut es auf Arabisch, ein Dolmetscher übersetzt ins Deutsche. So erfahren die Anwesenden, die das Buch noch nicht gelesen haben, von ihrer glücklichen Kindheit in einer Großfamilie aus Dara'a im Südwesten Syriens. Dort wurde Doaa Al Zamel geboren. Sie ist sechs, als die ersten Demonstrationen gegen das Assad-Regime im zwei Auto-Stunden entfernten Damaskus stattfinden. Die Proteste werden mit Gewalt unterdrückt.

Die erste Flucht führt nach Ägypten

Als der Friseurladen des Vaters zerstört wird und die Frauen Beleidigungen erdulden müssen, flüchtet die Familie nach Ägypten. Unter Präsident Mursi sei es ihnen anfangs noch gut gegangen, sagt Doaa. Doch als Al-Sisi an die Macht gelangt, wird es für sie wieder gefährlich. Gemeinsam mit ihrem Verlobten Bassem entschließt sich Doaa, die nie Schwimmen gelernt hat, zur Flucht übers Mittelmeer. Im September 2014 besteigen die beiden mit rund 500 anderen Flüchtlingen ein überfülltes, seeuntüchtiges Boot - das nie ans rettende Ufer in Italien gelangen wird. 

Buchcover "Doaa - Meine Hoffnung trug mich über das Meer"
"A Hope More Powerful Than the Sea" heißt die englische Originalausgabe

Als es kentert, sind Doaa und Bassem noch zusammen. Um sie herum ertrinken die Menschen. Nach zwei Tagen auf dem offenen Meer verlassen Bassem die Kräfte. Doaa muss mit ansehen, wie ihr Verlobter untergeht. Sie selbst klammert sich an einen Schwimmring für Kinder. Andere dem Tod geweihte Flüchtlinge vertrauen ihr zwei kleine Mädchen an, das eine ist gerade mal neun Monate alt. Am vierten Tag werden sie von der Besatzung eines Frachtschiffes gerettet. Buchautorin Fleming nennt sie "Helden auf der See", die zu wenig Anerkennung bekämen.

Eine neue Heimat in Schweden

Heute, knapp zweieinhalb Jahre nach der Katastrophe, lebt Doaa in Schweden. Dort haben auch einige Familienangehörige eine neue Heimat gefunden. Andere seien weiterhin auf der Flucht. Im hohen Norden Europas erlebt sie die Menschen in ihrer Umgebung als "offen" und "freundlich". Doaa lernt eifrig Schwedisch und freut sich über ihr Leben in dem so ganz anderen Land. Die Hoffnung, eines Tages nach Syrien zurückkehren zu können, hat sie aber weiterhin. Mit ihrer Geschichte, die nun als Buch erschienen ist, will die inzwischen 21-Jährige anderen Flüchtlingen Mut machen. Auf Englisch ist es schon vor ein paar Wochen erschienen, nun auf Deutsch. Weitere Sprachen sollen folgen.