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Doktorhütchen im Schnellverfahren

Ina Rottscheidt23. Februar 2005

Ein akademischer Grad kostet Arbeit, Zeit und Nerven - oder einfach ein paar hundert oder tausend Euro. Ghostwriter, Wissenschaftsberater und "Titel-Mühlen" haben da einiges im Angebot. Mit häufig skurrilem Ergebnis.

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Begehrt: akademische WürdenBild: dpa

"Immer noch ohne Doktortitel?" fragt die dezente Kleinanzeige in einer großen deutschen Tageszeitung. Die Internetseite mit dem klangvollen Namen "Doktormacher" verspricht: "Der Doktortitel ist das i-Tüpfelchen Ihrer Karriere", das für "Respekt" und "gesellschaftliche Anerkennung" sorgt. Und wer dafür nicht wertvolle Jahre seines Lebens aufwenden will, wird fündig bei den zahlreichen Ghostwritern, Wissenschafts- und Promotionsberatern, die ihre Dienste, vorzugsweise im Internet, anpreisen.

Absurde Titel

So vergibt die Mave University auf den Virgin Islands das Doktorhütchen ohne Arbeit und Prüfung, sondern schlicht für Lebenserfahrung - und rund 700 Dollar. An der "Academia Scientia Church" in Nevada kostet ein "Dr. h.c.relig.hu.", nämlich ein "Doctor of Religious Humanities" 200 Dollar. Für 250 Dollar gibt es den "Doctor of Immortality" ("Dr. der Unsterblichkeit") inklusive Mütze und Krawatte mit goldenem Siegel.

Vorlesungsbeginn an der Universität Leipzig
Es geht auch ohne VorlesungBild: dpa

Für solche Institutionen sind die USA vor allem wegen der komplizierten Gesetzeslage ein bevorzugtes Tummelfeld: Über die Zulassung von Bildungseinrichtungen entscheiden die einzelnen Bundesstaaten. So ist etwa das "Canyon College" in Idaho nicht als Bildungsinstitution zugelassen, doch es arbeitet dort völlig legal - so lange es keine Diplome an die Bürger des Staates Idaho verkauft.

Wertlose Urkunden

Deutsche Behörden kennen diese "degree mills", also "Titel-Mühlen", nur zu gut. Doch wer diese Würden hierzulande anerkennen lassen will, hat kaum Chancen. Holger Conrad von der Kultusministerkonferenz (KMK) kann sich oftmals nur wundern, was er da genemigen soll: "Die Titel sind meist absurd. Warum zahlt jemand soviel für eine Urkunde, die er sich auch selbst hätte malen können?"

Neuerdings ist diese Genehmigung ausländischer Titel jedoch nicht mehr notwendig. Nach neuer Gesetzeslage werde nur noch bei konkreter Anzeige oder Verdacht geprüft, berichtet Conrad. Ob das den Handel mit akademischen Würden ankurbelt, bleibt abzuwarten. Doch Conrad ist sich sicher: "Der Jahrmarkt der Eitelkeiten lässt nicht nach."

Blühender Markt in Deutschland

Studenten mit Aristoteles Denkmal in Freiburg
Auch an deutschen Unis wird geschwindelt.Bild: AP

Und auch an deutschen Universitäten werden akademische Würden erschwindelt. Von den rund 23.000 Doktortiteln, die 2003 vergeben wurden, ist etwa ein Prozent gekauft, wie Kristijan Domiter vom Deutschen Hochschulverband schätzt. Anbieter seien häufig so genannte "Promotionshilfen" oder "Wissenschaftsberater". "Bei bis zu fünfstelligen Summen steckt dahinter vermutlich oft mehr, als nur die Hilfe bei Literaturrecherche, Gliederung und der Suche nach dem passenden Doktorvater", schätzt Domiter.

Doch der Nachweis des zu Unrecht erworbenen Titels sei in solchen Fällen schwer. Und die Ghostwriter sorgen allemal für ihre rechtliche Absicherung, denn die wissenschaftlichen Texte, so der Vermerk, würden allein der persönlichen Unterrichtung dienen. Wer trotzdem auffliegt, kann wegen Führung eines unberechtigten Titels zu einem Ordnungsgeld verklagt werden, weiß Conrad von der KMK. Die Titeldealer selbst erwartet eine Strafanzeige: Das Berliner Landgericht verurteilte einen Mann zu fünf Jahren Gefängnis, der mit falschen Doktortiteln mehr als eine Million Euro gemacht hatte.

MBA für eine Katze

Katze geniesst die Sonne auf einem Auto
Master of Business-Administration?Bild: AP

Wohin jedoch die allzu unbekümmerte Vergabe von akademischen Titeln führt, zeigt sich in Texas: Dort hat ein Online-College für 399 Dollar auch einer Katze den Titel des "Master of Business Administration" verliehen. Pech nur für die MBA-Verkäufer: Das Tier gehörte dem Generalstaatsanwalt von Pennsylvania, Jarry Pappert - einem ehrgeizigen Bekämpfer der "degree mills".