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Böhmermann-Papier der Regierung bleibt geheim

31. August 2016

Wieder Aufregung um TV-Satiriker Jan Böhmermann. Ein Dokument der Bundesregierung, das sich mit Böhmermanns Erdogan-Schmähkritik befasst, wird nicht das Licht der Öffentlichkeit sehen.

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Der türkische Präsident Erdogan und Jan Böhmermann (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Presidential Press Office/O. Spata

Die interne juristische Einschätzung der Bundesregierung zur Erdogan-Schmähkritik des TV-Satirikers Jan Böhmermann darf nicht veröffentlicht werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden (Az.: VG 27 L 324.16). Damit wiesen die Richter einen Eilantrag des Berliner "Tagesspiegels" in Teilen ab, wonach weitere Einzelheiten zu dem Papier mitgeteilt werden sollten.

Die Richter wollen nicht, dass der Inhalt des Dokuments bekannt wird, weil das ihrer Meinung nach gegen die Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Die Konvention garantiert nämlich die Unschuldsvermutung. Jan Böhmermann habe ein "schützenswertes berechtigtes Interesse daran, keiner Vorverurteilung ausgesetzt zu sein", zitiert das Blatt aus dem Gerichtsbeschluss. Staatlichen Autoritäten sei es untersagt, öffentliche Äußerungen zu tätigen, in denen sie die Schuld eines Beschuldigten unterstellten. Dennoch habe das beklagte Auswärtige Amt weitere Details zum Zustandekommen des Gutachtens preisgeben müssen, schreibt der "Tagesspiegel" weiter.

Neun Zeilen für das Kanzleramt

Demnach haben drei Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes sowie einer aus dem Bundesjustizministerium das Dokument gemeinsam verfasst. Es handelt sich nach Informationen des "Tagesspiegels" um eine als "vertraulich“ eingestufte, lediglich neun Zeilen umfassende Stellungnahme zur Strafbarkeit Böhmermanns nach Paragraf 103 Strafgesetzbuch. In diesem Paragraf geht es um die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten.

Über die Ergebnisse wurde mutmaßlich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel informiert, zumindest aber das Kanzleramt, das laut Regierung sofort "Kenntnis von entsprechenden Beratungen“ erhalten habe. Am 3. April nannte Merkel das Gedicht in einem Telefonat mit dem damaligen türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu "bewusst verletzend“.

Regierung soll sprechfähig bleiben

Die Einschätzung sei vom Auswärtigen Amt erstellt worden, um bei dem Sachverhalt "sprech- und verhandlungsfähig zu sein". Dies gehöre zum Kernbereich der Exekutive, sei aber dauerhaft geheim zu halten. Im Prozess vor dem Berliner Verwaltungsgericht habe das Amt auch darauf verwiesen, dass eine Veröffentlichung der Einschätzung zum Fall Böhmermann die vertrauensvollen Beziehungen zur Türkei beschädigen würde.

Gegen Jan Böhmermann läuft derzeit ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der Moderator der ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale" hatte Ende März ein viel diskutiertes Schmähgedicht vorgetragen. Dabei hatte er mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, er wolle verdeutlichen, was Satire in Deutschland dürfe und was nicht. Die Bundesregierung hatte später nach einem Ersuchen der Türkei der Staatsanwaltschaft die Ermächtigung erteilt, gegen Böhmermann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts zu ermitteln.

mas/kle (epd, kna, Tagesspiegel)