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Dollars für die Terroristen

Hardy Graupner24. Mai 2004

Das Terrornetzwerk El Kaida funktioniert weiter. Über die verschiedensten Wege kommen die Kämpfer immer wieder an neues Geld. Ein Experte der Vereinten Nationen hat die Hintergründe durchleuchtet.

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In Afghanistan stößt El Kaida weiterhin auf große SympathieBild: DW

El Kaida, die Terrororganisation von Osama bin Laden, ist alles andere als tot. Die Truppe plant weiter Anschläge, verfügt über eine funktionierende Struktur und selbst über ihre finanzielle Unterstützung brauchen sich die Islamkrieger offenbar keine Gedanken machen. "El Kaida hat früh gelernt, an Gelder aus Fonds der Taliban heranzukommen", sagt Michael Chandler der Deutschen Welle. Der Terrorexperte der Vereinten Nationen hat bis vor einigen Wochen eine Gruppe geleitet, deren Hauptaufgabe es war, die Terrororganisation zu durchleuchten. Schwerpunkt seiner Arbeit war es, die Finanzquellen der Islamkämpfer zu untersuchen.

Dabei stießen die Ermittler der Vereinten Nationen auf Unsummen von Geld. "Bei einem der Anschläge in Riad wurde sogar Bargeld gefunden", sagt Chandler, "Riesige Summen von Geld." Eine der wichtigsten Finanzkanäle bleibe weiterhin in Afghanistan. "Durch den Drogenanbau in Afghanistan fließen Millionen, sogar Milliarden Dollar an die El-Kaida." Zwar komme nicht alles Drogengeld in die Kassen der zerstreuten Rest-Taliban und El-Kaida-Zellen in der Region. "Aber es ist genügend, um wiederauflebende Taliban-Gruppen und El-Kaida-Kämpfer in der Grenzregion zu Pakistan lebensfähig zu halten."

Intelligente Infrastruktur

Eindringlich rief Chandler bei einem Besuch vor einigen Wochen in Berlin die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Finanzquellen der El Kaida stärker zu bekämpfen. Eine Aufgabe, die besonders dringlich ist. "El Kaida hat sich erneut verändert und wir beobachten, dass sich heute eine dritte Generation entwickelt", sagt Chandler. "Außerdem haben wir den Eindruck bekommen, dass eventuell vermehrt Nachahmer-Organisationen aktiv werden könnten, die versuchen El Kaida zu imitieren." Bereits vor dem 11. September 2001 sei El Kaida sehr gut organisiert gewesen. Auch für die Zeit nach dem Hyper-Anschlag in New York hatten die Terroristen vorgesorgt. "Die Terroristen wussten, dass es eine dramatische Reaktion auf die Anschläge geben würde und hatten sich entsprechend eine äußerst flexible Struktur und verschiedene Handlungsmöglichkeiten zugelegt."

Als wenig erfolgsversprechend stuft Chandler hingegen die Strategie ein, einen Keil zwischen die westlichen Staaten treiben zu können. Auch wenn Spanien und Honduras bereits ihre Truppen aus dem Irak abgezogen haben. "Ich glaube nicht, dass dies ein guter Versuch war", sagt Chandler. "Allerdings könnten sie nach all dem was in Madrid passiert ist zu selbstbewusst werden." Vor allem zeige jedoch die Botschaft, welche vor einigen Wochen auf einer angeblich von Osama bin Laden eingesprochenen Kassette gefunden wurde, dass die Terroristen im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit bleiben wollen. Ob die Nachricht nun wirklich von bin Laden stammt, sei vernachlässigbar. Denn für El-Kaida-Experten Chandler ist klar, dass das Terrornetzwerk auch ohne den obersten Boss weiterexistieren würde.

Expertenteam aufgelöst

Michael Chandler und sein Team haben sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren ein immenses Wissen über die Terrorkämpfer aus Afghanistan und Umgebung angeignet. Wenig beeindruckt hat dies jedoch scheinbar die Verantwortlichen bei den Vereinten Nationen. In aller Stille ließen die Chandlers Expertenteam Anfang des Jahres auflösen. Der Brite vermutet einflussreiche Mitglieder der Weltorganisation hinter der Entscheidung. Funktionäre, die dafür verantwortlich gemacht wurden, dass gegen El Kaida noch nicht die richtigen Schritte eingeleitet worden sind. Dabei hätte die internationale Gemeinschaft heute allen Grund, verstärkt gegen das Terrornetzwerk vorzugehen. Denn immer noch erführen die Islamkämpfer einige Unterstützung in der Region am Hindukusch. "In dieser Region gibt es große Sympathien für sie", sagt Chandler, "und glauben sie mir, es ist eine große, eine wilde Region."