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Domino-Blackout kam aus Ohio

18. August 2003

Die mit der Untersuchung des größten Stromausfall in der Geschichte Nordamerikas beauftragten Experten haben inzwischen herausgefunden: Drei fehlerhafte Stromleitungen im US-Staat Ohio haben den Domino-Effekt ausgelöst.

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Das marode US-Stromnetz verheißt nichts GutesBild: AP

Die USA erholten sich nur langsam vom schwersten Stromausfall ihrer Geschichte. So konnte in New York zwar die gesamte Versorgung wiederhergestellt werden, die Nachwehen machten den Menschen aber weiter zu schaffen. "Wir sind ziemlich sicher, dass das Problem in Ohio begonnen hat", teilte unterdessen Michehl Gent vom Nordamerikanischen Rat für Elektrische Zuverlässigkeit (North American Electric Reliability Council, NERC) mit. Es müsse jetzt geklärt werden, weshalb die Lage nicht unter Kontrolle gebracht worden sei. Eigentlich, so Gent, sei das System so ausgelegt, dass eine derartige Kettenreaktion vermieden werde.

Kettenreaktion: 20 Kraftwerke vom Netz

Infolge der Störung im Leitungsnetz schalteten sich insgesamt zwanzig Kraftwerke, davon neun Atomkraftwerke, ab und verursachten damit den größten Stromausfall in der Geschichte Nordamerikas. Der Strom war am Donnerstagnachmittag (14.8.2003) ausgefallen und hatte das öffentliche Leben im Nordosten und dem Mittelwesten der USA sowie Teile im Süden Kanadas lahm gelegt. Rund 50 Millionen Menschen waren betroffen.

Ein Sprecher des Stromversorgers Consolidated Edison teilte schon vor dem Wochenende mit, dass ganz New York wieder Strom habe. Seit Samstagmorgen laufen in New York auch wieder alle U-Bahnlinien. Einige New Yorker und Bewohner von Cleveland kamen aber nur kurz in den Genuss von Strom. Er wurde ihnen kurz nach Wiederherstellung aller Verbindungen wieder abgeschaltet, um das Netz nicht zu gefährden.

Aus den Fehlern lernen

Der kanadische Ministerpräsident Jean Chrétien und US-Präsident George W. Bush vereinbarten die Einrichtung einer gemeinsamen Untersuchungskommission, die auch Vorschläge machen soll, wie so ein Desaster in Zukunft verhindert werden kann. Bush sagte, Teil des Problems sei ein "antiquiertes System" und sprach von einem Weckruf.

Mittlerweile haben sich US-Wissenschaftler mit dem Hinweis zu Wort gemeldet, sie hätten die US-Regierung bereits seit Jahren vor den Schwächen des Stromnetzes gewarnt. Auch der NERC, dessen Gründung nach dem großen Stromausfall von 1965 derartige Ereignisse für die Zukunft ausschließen sollte, prognostizierte bereits 2001 in einem internen Bericht: "Die Frage ist nicht, ob sich der nächste große Zusammenbruch des Netzes ereignet, sondern wann."

Politisches Nachspiel

Auch die Energiebranche trägt Verantwortung an dem Zusammenbruch des Stromnetzes. Die Konzerne, die sich die Großregion in bequeme Kommunalmonopole aufgeteilt haben, hätten mangels Konkurrenz nicht mehr die notwendigen Investitionen getätigt, kritisiert der ehemalige US-Energieminister Bill Richardson, heute Gouverneur von New Mexico.

Schon schlägt der "Blackout" politische Wellen. Der Kongress plant Anhörungen nach der Sommerpause. Derweil ringt New York auf ganz anderer Ebene mit den Nachwehen. Der Stadtrat schätzt den Verlust an Steuereinnahmen auf 30 bis 40 Millionen Dollar, plus 500 bis 750 Millionen Dollar an privater Einkommensminderung. (am)