1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Theater

Donald Trump erobert deutsches Theater

Sertan Sanderson
14. März 2017

Donald Trump bestimmt die Schlagzeilen. Auch in der der Kultur. Jetzt widmet sich das Schauspiel Dortmund dem US-Präsidenten. In Mike Daiseys Stück "Trump" wird sein Aufstieg dokumentiert - und das Publikum bloßgestellt.

https://p.dw.com/p/2Z7M5
Uraufführung von "Trump" am Theater Dortmund
Bild: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund

Trump auf der Bühne

Zwar geht es bei "Trump" größtenteils um den Aufstieg des Republikaners und die Ereignisse, die zu seiner Wahl zum US-Präsidenten geführt haben. Doch bietet das Theaterstück auch vielschichtige Einblicke aus europäischer Perspektive in die fremde und manchmal auch verzerrte Welt der US-Politik. 

Der US-amerikanische Autor und Schauspieler Mike Daisey hat das Stück geschrieben, das als Ein-Mann-Aufführung seit 2016 schon recht erfolgreich auf zahlreichen Bühnen in den USA zu sehen ist. Kurzfristig wurde es ins Programm des Schauspiel Dortmund aufgenommen. Denn mit dem Wahlsieg Trumps hatte schließlich kaum einer gerechnet.

Wahlkampf im Theater - mit Hot Dogs und Popcorn

Das Bühnenbild gleicht im Aufbau einer Wahlkampfveranstaltung. Mittendrin stehen die Zuschauer an Stehtischen, zuerst nur als Beobachter, später auch als passive Teilnehmer. In etwa so passiv, wie das aufrichtige Interesse der meisten Trump-Wähler an Fakten: Man ist eigentlich nur da, um die eigene Meinung bestätigt zu bekommen.

Genauso ist es auch bei dem Theaterstück: Mit gratis Hot Dogs und Popcorn für die Menschen im Publikum wird für ausgelassene Stimmung gesorgt. Schließlich müssen sämtliche Klischees über die USA auch großzügig bedient werden. Von "Fake News" und Twitterattacken ist hier erst einmal keine Rede.

Wo bleibt Trump?

Doch dann wird die Menge aufgemischt: Ein korpulenter Mann und eine attraktive Frau beginnen, die Besucher zu grüßen und das Publikum in den Wahlkampf hineinzuziehen. Der Zuschauer soll denken: Da sind sie, Donald und Melania Trump, die Idole des amerikanischen Alptraums. Doch damit liegt das Publikum falsch. Trump soll nämlich von den beiden Schauspielern laut Skript - im übertragenen Sinne - gelyncht werden.

"Trump" - Theater Dortmund
Walhkampfstimmung: Das Publikum steht die ganze Zeit mitten im GeschehenBild: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund

"Sie sind hier, um die roten Fleischfetzen zu sehen! Sie sind hier, um in 86 knackigen, prallen Minuten zu erleben, wie Donald Trump zu Ihrem Vergnügen gehäutet wird - von seinem orangenen Riesenkopf bis hin zum ekeligen Pavianarsch", verkündet der Protagonist des Stücks. "Wissen Sie, ich muss nur all die Teile meines Gehirns abschalten, die mit Ethik und Moral zu tun haben, und dann… bewundere ich diesen Typen zutiefst."

Die beiden Schauspieler, Andreas Beck und Bettina Lieder, lassen den Aufstieg der Trumps und ihre Kindheit langsam Revue passieren. Über allem hängt eine Frage: Ab wann ist eigentlich alles schief gelaufen?

Das Phänomen Trump wird immer weiter seziert: Hatte Vater Fred Trump einen schlechten Einfluss auf den kleinen Donald? Oder gab Trumps Mentor, der Anwalt und Verfechter des McCarthyismus Roy Cohn, den Auftakt zur aggressiven Laufbahn des selbstgefälligen Immobilienmoguls? Wie wurde Trump zur Weltmarke des Erfolgs - und zu welchem Preis?

Am Ende explodiert das Weiße Haus

Publikum und Schauspieler werden in diesem Gespräch allmählich zu Freunden, fast schon zu Komplizen. Trump wird auseinander genommen und dekonstruiert - in einem lässigen, geselligen Tonfall. Inmitten dieser lockeren Atmosphäre verpasst der Zuschauer beinahe, wie noch etwas anderes zerlegt wird: Stück für Stück, Requisite für Requisite wird ganz allmählich das Bühnenbild abgebaut. Wird hier nur nach der vermeintlichen Wahlkampfveranstaltung sauber gemacht oder geraten da noch ganz andere Dinge aus den Fugen?

Vom aufgesetzten, prätentiösem, vorgespielten Amerikanismus werden sowohl Inhalte als auch der Raum an sich in Stücke zerlegt. Dabei bleibt keine einzige Girlande verschont. Zum Schluss muss sogar das Make-up daran glauben: Alles wird aufs Wesentliche reduziert. Das Weiße Haus, im Hintergrund als Wahrzeichen der amerikanischen Demokratie, explodiert im Zeitraffer. Am Ende ist nichts mehr so, wie es mal war.

"Trump" - Theater Dortmund
Bild: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund

Trotz des wortreichen und wortstarken Manuskripts, das von Anne-Kathrin Schulz und Matthias Seier akribisch übersetzt wurde, geht es bei dem Schauspiel genauso sehr um das, was nicht gesagt wird: Da ist zum Beispiel das gegenseitige, unausgesprochene Einverständnis, dass die Zuschauer, die an einem Stück über Trump interessiert sind, ihm automatisch kritisch gegenüber stehen. Oder auch der Wandel des Bühnenbilds, das im Laufe des Stücks verschwindet. Am Ende wird alles bloßgestellt.

"Es ist ja nicht nur ein US-Phänomen, ganz im Gegenteil, das ist ja auch für Europa interessant, wie schnell sich das Blatt in der Demokratie wenden kann. Der Rechtsruck in der Politik ist ja auch hier deutlich zu spüren", meint die Pressesprecherin des Theaters, Djamak Homayoun gegenüber der DW. Dies wird wohl auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bewusst sein, die sich diese Woche mit Donald Trump in Washington treffen soll.

Kann Theater die Demokratie retten?

Die Schauspieler prangern Trumps legeren und mitunter verantwortungslosen Umgang mit der Demokratie offen und hemmungslos an. Doch bewirkt das auch wirklich etwas in der Realität?

"Trump" - Theater Dortmund
Sogar das letzte Hemd muss noch daran glauben: In "Trump" wird abgebaut und reduziertBild: Birgit Hupfeld/Theater Dortmund

"Es wäre vermessen zu sagen, dass Theater auf die Demokratie überhaupt einwirken kann, aber Kunst und Kultur müssen auch ihren Beitrag in Sachen Völkerverständigung und Frieden leisten. Wir wollen hier relevante Stücke zeigen, die den Nerv der Zeit treffen, und mit 'Trump' ist uns das hoffentlich auch gelungen", sagt Homayoun und verweist auf den Erfolg und Beliebtheit des Autors, Mike Daisey. 

Der Schauspieler Andreas Beck findet, dass das Stück ein Plädoyer für die Demokratie darstellt: "Donald Trump ist gar nicht so schlimm, denn er ist nicht das Problem. Trump ist nur ein eitler, alter Mann, der schnell beleidigt ist. Das Problem sind die Wähler und die Leute, die hinter ihnen stehen. Man muss das alles also nicht so schwarz sehen und stattdessen aktiv für die Demokratie auch kämpfen. Schließlich ist das eine der besten Gesellschaftsformen."
 

Mike Daiseys Schauspiel "The Trump Card" wurde von Anne-Kathrin Schulz und Matthias Seier unter dem Titel "Trump" ins Deutsche übersetzt. Marcus Lobbes führt Regie bei der deutschsprachige Erstaufführung am Schauspiel Dortmund. Das Stück wird unter anderem noch am 14. und 22. April aufgeführt.