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Politik

Donald Trump: Rückenwind für die AfD?

Kay-Alexander Scholz
1. Februar 2017

Auf den ersten Blick haben der neue US-Präsident und die "Alternative für Deutschland" viel gemeinsam. Die AfD hat Trumps Sieg sogar begrüßt. Doch auf das erste Hochgefühl könnte schon bald ein unschönes Erwachen folgen.

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Präsident Trump unterschreibt Dekret im Oval Office Weißes Haus
Bild: picture-alliance/CNP/A. Harrer

Die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) gehörte zu den ersten Akteuren in Deutschland, die Donald Trump für seinen Wahlsieg gratulierten. In einem Glückwunschtelegramm priesen die beiden Co-Vorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen noch am Wahltag ihre Partei als "natürliche Verbündete an Ihrer Seite" an. Andere Solidaritätsbekundungen und Fürsprachen aus der AfD-Führung folgten.

Überraschend kam diese Verbrüderung nicht, wie auch ein Blick in die wissenschaftliche Debatte zum Populismus zeigt. Der Berliner Historiker Paul Nolte sprach in der "Berliner Zeitung" von einem gemeinsamen "transatlantischen Muster bei einer neuen Auseinandersetzung zwischen liberalen und autoritären Vorstellungen". Der Parteienforscher Karsten Grabow von der Konrad-Adenauer-Stiftung beschrieb im Sommer 2016 in der "Politischen Meinung" populistische Programmatik als "Überhöhung des 'einfachen Volkes' als moralisch gut, aber von außen bedroht und von oben betrogen". Man muss nur Reden von Donald Trump, Björn Höcke (AfD) oder Petry (AfD) nebeneinander legen, um diese Beschreibungen darin parallel wiederzufinden.

Deutschland Karikatur von Donald Trump in der "FAZ"
Die vom "Frankfurter Allgemeinen Magazin" zur Verfügung gestellte Zeichnung des Modedesigners Karl Lagerfeld zeigt Donald Trump, wie er die deutsche AfD-Vorsitzende Frauke Petry neben seine Ehefrau Melania Trump stelltBild: picture-alliance/dpa/Frankfurter Allgemeine Magazin

Brüder im Geiste

Weite Teile der AfD dürften von Trump ähnlich begeistert sein. Wer sich in den letzten Monaten an der Parteibasis umgehört hat, stieß immer wieder auf den Begriff von der "populistischen Internationalen". Diese habe das Ziel, das politische Establishment zu ersetzen. Trump gilt als eine wichtige Etappe auf dem Weg dahin. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa ergab, dass zwei Drittel der AfD-Anhänger Trump gut finden - und sich einen wie ihn auch für Deutschland wünschen. 

AfD und Trump rühmten sich beide damit, "dem Volk aufs Maul zu schauen", sagte der Leipziger Politikwissenschaftler und AfD-Kenner Hendrik Träger der Deutschen Welle. Beide "vertreten zudem nationalstaatliche Positionen".

Dr. Werner J. Patzelt Politologe
Bild: picture-alliance/Eventpress Stauffenberg

Eine ähnliche Grundhaltung erkennt auch der Dresdner Politologe und Populismus-Experte Werner J. Patzelt. Weshalb Trump die Hoffnung bei der AfD beflügeln könnte, dass im Weißen Haus "nun endlich ein Politiker ist, so wie er sein soll", sagte Patzelt der Deutschen Welle. Nach dem Motto: Der redet nicht nur, sondern der tut auch etwas. Warum mühsam  Kompromisse aushandeln, wenn man "Executive Orders" unterschreiben kann? Auch strukturell gebe es eine Ähnlichkeit, so Patzelt: "Nämlich eine Repräsentationslücke, wodurch sich ein nennenswerter Teil der Bevölkerung von der politisch-medialen Klasse nicht vertreten fühlt und nun ein Ventil gefunden hat."

"Trump ist eine One-Man-Show, die AfD ist eine heterogene Partei"

Dann hört es mit den Gemeinsamkeiten aber auch schon auf, sagen beide Politologen. Trump ließe sich nicht einfach auf deutsche Verhältnisse übertragen, so Patzelt. Denn in Deutschland gebe es starke Parteien und ein starkes parlamentarisches Regierungssystem. An der Spitze der AfD stehe zudem "kein Multimilliardär, der die Parteiorganisation kapern konnte".

Träger macht auf einen weiteren Unterschied aufmerksam: "Trump ist eine One-Man-Show, die AfD dagegen eine heterogene Partei." Die Partei sei "ein bunter Haufen verschiedener Strömungen, der eigentlich keinen gemeinsamen Nenner findet, dies bisher aber gut unter den Tisch kehren konnte". Ein Trump-Effekt könne sein, dass das Diskussionspotential, der Spaltpilz in der Partei verstärkt werde. Auf manchen, so vermutet Träger, könnten Trumps Eskapaden abschreckend wirken. In der Folge würden sich die Parteiflügel noch stärker voneinander abgrenzen.

Auch Patzelt hält eine abschreckende Wirkung Trumps für wahrscheinlich. Ein erster Rückenwind werde nur so lange wehen, bis offenkundig wird, "dass dieser Kerl sein Land an die Wand fährt". Dann werde es auch bei der AfD heißen: "Rette sich wer kann - und es werde gelten, bloß nicht mit Trump in Verbindung gebracht werden."

"Das kann Höcke auch ohne Trump"

Noch einen anderen Lerneffekt sieht Patzelt kommen. Dass nämlich "eine rücksichtslose nationalstaatliche amerikanische Politik mehr Schaden als Nutzen anrichtet". Und dass dadurch die Einsicht wachsen werde, dass "eine Macht wie Deutschland in seiner komplexen Mittellage am besten durch einen vorsichtigen Multilateralismus gedient ist".

Und was ist mit den Björn Höckes und Co., also dem rechten Krawall-Rand in der AfD? Kurzfristig könnte die Partei sich bestärkt fühlen, die Hemmschwelle für Politisch Inkorrektes noch weiter abzusenken, vermutet Träger. Höcke sei ein "genuin deutsches Gewächs", der auch ohne Trump genauso wäre, meint dagegen Patzelt. "Grobschlächtige Sprüche muss die AfD nicht von Trump lernen, dass haben die auch so drauf."