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Dopingsünder im Visier von NADA und WADA

Bernd Gräßler26. Juni 2012

Kurz vor Olympia geht im deutschen Sport die Angst vor Dopingfällen in den eigenen Reihen um. Absolute Sicherheit gebe es nicht, sagt die Chefin der Nationalen Anti-Doping-Agentur, obwohl viel kontrolliert wurde.

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Olympische Ringe und eine Spritze (DW-Grafik: Peter Steinmetz)
Symbolbild Doping bei den Olympischen SpielenBild: DW-Montage/fotolia.com/Kaarsten

Wie sicher ist die Chefin der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA), Andrea Gotzmann,  dass nicht ausgerechnet deutsche Dopingfälle den Olympischen Geist von London trüben? "Sagen wir mal so: Wir haben mit den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, mit einem ganz ausgefeilten Dopingkontrollprogramm, das schon lange vor London begonnen hat, individuell Athleten beobachtet und hoffen auf eine annähernde Sicherheit, dass keine gedopten Sportler nach London gehen", erklärt die Biochemikerin im Gespräch mit der DW.

Die deutschen Dopingfahnder haben im vorolympischen Jahr im Auftrag der Sportverbände erstmals über 1000 Kontrollen bei Wettkämpfen und fast 8000 Trainingsüberprüfungen durchgeführt. Dabei registrierten sie 86 Verstöße und stellten 26 Strafanzeigen gegen Unbekannt, um Ermittlungen gegen Hintermänner zu ermöglichen. Viele Sperren wurden verhängt, manche Verfahren laufen aber noch. Das deutsche Kontrollsystem gilt im internationalen Vergleich als streng.

"Unschöne Ereignisse" vor den Olympischen Spielen

Beim spektakulärsten Fall ist noch strittig, ob es sich um Doping handelt oder nicht: Ein Arzt nahm Spitzensportlern am Olympiastützpunkt Erfurt Blut ab, bestrahlte es mit UV-Licht, um es den Athleten dann wieder zu injizieren. Es sei allein um die Behandlung von Infekten gegangen, erklärte der Sportarzt. Die deutsche NADA und die Welt-Anti-Dopingagentur (WADA) streiten seit Monaten, wie der Fall zu bewerten sei. Von Missverständnissen und Kommunikationspannen ist die Rede, doch am 3. Juli wird der zuletzt verärgerte WADA-Generaldirektor David Howman in Frankfurt am Main mit seinen deutschen Kollegen versuchen, Klarheit in die Sache zu bringen. Die Zeit drängt, weil auch potentielle deutsche Olympiastarter betroffen sind.

Die Vorfreude auf die Spiele in London wird durch einen weiteren Fall getrübt: Ein Honorar-Professor des Olympiastützpunktes Rheinland-Pfalz/Saarbrücken, der Athleten in Ernährungsfragen beraten haben soll, war offenbar auch Kunde eines Doping-Dealers. Derzeit lägen keine Anhaltspunkte für strafrechtliche Verstöße von Athleten vor, hieß es auf der NADA-Pressekonferenz in Berlin. Für Vorstandschefin Gotzmann sind das "natürlich unschöne Ereignisse", aber sie hätten auch eine positive Seite: "Sie sehen, unsere Kontrollsysteme wirken, die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften auch."

Die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann (Foto: dpa)
Andrea Gotzmann, Chefin der Nationalen Anti-Doping-AgenturBild: picture-alliance/dpa

China an deutschen Erfahrungen interessiert 

Der Fall wurde von der Staatsanwaltschaft München aufgedeckt, die gegen illegale Doping-Labore in Deutschland ermittelt. Gotzmann wünscht sich noch mehr Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften für Doping-Delikte, denn nur das Zusammenwirken mit den Strafermittlern ermögliche es, auch an die Hintermänner zu kommen.

Im internationalen Bereich kündigte die NADA-Chefin einen verstärkten Erfahrungsaustausch mit China an. Die Kontakte hätten sich bereits während ihrer Tätigkeit als Biochemikerin an der Sporthochschule in Köln angebahnt. "Diejenigen, die etwas tun wollen in der Anti-Dopingarbeit, soll man unterstützen. Das schützt ja auch unsere Sportler, da sie gegen Konkurrenten antreten, die unter gleichen Bedingungen kontrolliert werden."

Bei den Olympischen Spielen in London erwartet die NADA-Chefin eines der "besten Programme" zur Bekämpfung von Doping, mit einem hochgerüsteten Labor und Wissenschaftlern aus aller Welt. Insgesamt 6000 Urin- und Blutproben sollen untersucht werden.

Deutschen Athleten stünde, sollten sie des Dopings überführt werden, laut Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), auch eine handfeste Geldforderung ins Haus: Sie müssten die Entsendekosten zurückzahlen.