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Doppeltes Debakel für die SPD

Heinz Dylong 2. Februar 2003

Deutlicher kann eine Ohrfeige nicht ausfallen: Bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und in Hessen sind die Sozialdemokraten geradezu abgestürzt. Heinz Dylong kommentiert.

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Schon die auffälligen Parallelen zwischen den Wahlausgängen in Hessen und Niedersachsen weisen
unzweideutig darauf hin, dass die Wähler sich keineswegs überwiegend an landespolitischen Fragen orientiert haben. Vielmehr blickten sie bei ihrer Entscheidung vor allem
nach Berlin.

Die Sozialdemokraten dort und namentlich Bundeskanzler Gerhard Schröder sollten getroffen - und eben abgestraft werden. Die Enttäuschung der Wähler über das
Agieren des Kanzlers, über das nach der Bundestagswahl im September konfuse Handeln in der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Reformpolitik, machte sich bei den
Landtagswahlen Luft.

Demnach profitierte die CDU in beiden Bundesländern vor allem vom schwachen Start der rot-grünen Bundesregierung und nicht so sehr von der eigenen Stärke in den beiden Bundesländern.

Gleichwohl gehen Christian Wulff - der zukünftige Regierungschef Niedersachsens - und Roland Koch, der alte und klar bestätigte Ministerpräsident Hessens, auch persönlich gestärkt aus den Wahlen hervor.

Besondere Aufmerksamkeit findet das bei Roland Koch. Denn Koch gilt als denkbarer nächster Kanzlerkandidat der Unionsparteien. Und seine Chancen dürften sich durch seinen jetzigen Wahlsieg noch verbessert haben. Dass er mit Gerd
Bökel einen sehr blaßen SPD-Spitzenkandidaten zum Gegner hatte, mag sein gutes Abschneiden erleichtert haben. Aber vor allem hat Koch bewiesen, daß er und seine Politik mehrheitsfähig sind - und zwar in einem Bundesland, in dem
eine CDU-geführte Landesregierung bislang eher als zwischenzeitliches Intermezzo galt.

Die CDU-Chefin Angela Merkel muß sich darauf einstellen, daß ihr beim Ringen um die Kanzlerkandidatur ein ernsthafter Gegner erwächst.

In Niedersachsen wird Christian Wulff im dritten Anlauf Ministerpräsident. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende wird dem liberalen Flügel seiner Partei
zugerechnet. Irgendwelche Gelüste auf die Kanzlerkandidatur der Union werden ihm nicht nachgesagt. Aber als "ewiger Wahlverlierer" kann er nun nicht mehr gelten. Sein Gewicht
in der CDU wird zunehmen, wenngleich er sich als Ministerpräsident erst noch beweisen muß.

Zudem wird die Mehrheit der unionsregierten Länder im Bundesrat durch den Regierungswechsel in Niedersachsen weiter wachsen. Das erhöht ihre Verantwortung, bedeutet
aber keine qualitative Veränderung der Situation. Das schließt allerdings nicht aus, dass sich der Kanzler genötigt fühlen könnte, stärker auf die Union zuzugehen. Das mag das Klima in der rot-grünen Regierungskoalition belasten, sprengen wird es das Bündnis nicht.

Dennoch ist auch der Kanzler und SPD-Bundesvorsitzende Schröder schon um seiner eigenen Position willen gefordert, seiner Partei zu beweisen, dass aus Berlin auch Rückenwind für Wahlkämpfe der SPD kommen kann.